Von der „Welle“ zur „Roten Zora“

Spannendes Programm auf dem 8. Deutschen Kinofestival von Buenos Aires

Von Susanne Franz

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Das Festival wird mit dem Erfolgsfilm „Die Welle“ eröffnet.

Von Donnerstag, den 11., bis Mittwoch, den 17. September, findet im Kinokomplex Village Recoleta (Junín/Vicente López) zum achten Mal das Deutsche Kinofestival statt. Die Organisatoren von German Films bringen in diesem Jahr eine Auswahl von 12 Langspielfilmen nach Buenos Aires, die einen guten Überblick über die jüngste Produktion deutschen Filmschaffens ermöglichen. Wie immer ist auch das Programm „Next Generation“ mit dabei, eine Zusammenstellung von Kurzfilmen der vielversprechendsten jungen Filmemacher-Talente Deutschlands. Etabliert hat sich zudem die Sondervorstellung eines Stummfilmklassikers mit Live-Musik: Vom Goethe-Institut Buenos Aires unterstützt, wird im Rahmen des 8. Deutschen Filmfestivals frisch restauriert und koloriert „Hamlet“ von 1920/21 mit Asta Nielsen als weiblichem Hamlet (Regie: Sven Gade und Heinz Schall) zu sehen sein. Der 111-Minuten-Film wird live vom „Cuarteto Seronoser“ – Eliana Liuni, Demian Luaces, Juan Manuel Costa und Marcelo Katz – begleitet.

Eröffnet wird das Festival mit dem Erfolgsfilm „Die Welle“ (2008) von Regisseur Dennis Gansel, der mit der Schauspielerin Jennifer Ulrich, die im Film die rebellische Karo spielt, nach Buenos Aires reisen wird. Der Streifen basiert auf einem realen Fall an einer kalifornischen Schule 1967, der Romanstoff wurde und bereits mehrfach verfilmt worden ist. Fast eine ganze Schulklasse schließt sich begeistert dem totalitären Experiment von Lehrer Wenger (Jürgen Vogel) an. Dieser kann die Eigendynamik der Bewegung später nicht mehr bremsen; es kommt zur Katastrophe. „Die Welle“ weckte in Deutschland großes Interesse, nach 10 Wochen hatten bereits mehr als 2,3 Millionen Kinobesucher den Film gesehen.

Zu den Highlights des Kinofestivals zählt auch „Auf der anderen Seite“, der neue Film von Regiestar Fatih Akin, der die Geschichte von sechs verschiedenen Menschen zwischen Deutschland und der Türkei erzählt, deren Wege sich kreuzen; „Kirschblüten – Hanami“ von Doris Dörrie, ein zu Herzen gehendes Drama über Leben, Liebe und Tod mit Elmar Wepper und Hannelore Elsner; die Komödie „Stellungswechsel“ von Maggie Peren über fünf Verlierertypen, die einen Begleitservice für Frauen gründen; und „Beautiful Bitch“ von Martin Theo Krieger, ein Großstadtabenteuer für Jugendliche über die gefährliche Freundschaft zwischen der Taschendiebin Bica, genannt Bitch, und der verwöhnten Göre Milka.

Den bekannten deutschen Schauspieler Moritz Bleibtreu kann man im packenden Gangsterfilm „Chiko“ von Özgür Yildirim sehen, der im Hamburger Drogenmilieu spielt; in „Am Ende kommen Touristen“ von Robert Thalheim wird berichtet, was im heutigen Auschwitz vor sich geht. Der spannende Thriller “Trade – Willkommen in Amerika“ von Marco Kreuzpaintner erzählt von moderner Sklaverei, Menschenhandel und Prostitution. Der Film „Nichts als Gespenster“ von Regisseur Martin Gypkens besteht aus fünf Episoden, die in jeweils verschiedenen Ländern spielen. „Rose“ von Alain Gsponer berichtet von einer alleinerziehenden Mutter und den Problemen, die sich ihr stellen, als ihr Ex wieder auftaucht.

Der diesjährige Film für Groß und Klein, der wie immer am Samstag und Sonntag des Festivalwochenendes gezeigt wird, ist ein besonderer Leckerbissen: „Die rote Zora“ von Regisseur Peter Kahane nach dem 1941 erschienenen gleichnamigen Kinderbuch von Kurt Held verspricht spannende Unterhaltung. Der Dokumentarfilm „Am Limit“ von Pepe Danquart zeigt schließlich das adrenalingeladene Leben zweier Alpinisten.

In diesem Jahr kostet die Eintrittskarte pro Einzelfilm 17 Pesos, mittwochs 15 Pesos. Ein Abo über fünf Filme kann man für 75 Pesos erwerben; eines für 10 Filme (nur im Vorverkauf) für 140 Pesos. Die Sondervorstellung „Hamlet“ kostet 20 Pesos.

Es sind noch zwei weitere Gäste aus Deutschland zugegen: Martin Gypkens stellt seinen Film „Nichts als Gespenster“ persönlich vor; und Lothar Herzog präsentiert seinen Kurzfilm „Yuppi Cars“ im Rahmen des Programms „Next Generation“.

Eine Neuheit gibt es bei diesem 8. Deutschen Filmfestival auch: Das Publikum ist zum ersten Mal aufgerufen, seinen Lieblingsfilm zu küren. Unter den teilnehmenden Kinogästen werden zahlreiche Preise verlost.

Infos zum Programm und alle Einzelheiten sind in Kürze auf der Webseite des Festivals zu finden.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 30.08.08.

Positive Bilanz des BAFICI

10. Internationales Festival des Unabhängigen Films endete mit Rekordzahlen

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Der Hauptpreis im Argentinischen Wettbewerb ging an “Unidad 25” von Alejo Hoijman.

Mit einer beeindruckenden Schlussbilanz und zufriedenen Gesichtern der Organisatoren endete am Sonntag, dem 20. April, das 10. Internationale Festival des Unabhängigen Films BAFICI. Das Kulturministerium der Stadt freute sich als Hauptorganisator über 170.000 verkaufte Eintrittskarten und 200.000 begeisterte Kinofans, die an den 12 Festivaltagen die insgesamt 1011 Vorstellungen von über 400 Filmen besuchten, womit die Zahlen des Vorjahres um 63 % übertroffen wurden.

Die offizielle Preisverleihung des BAFICI fand am vorigen Samstag im Atlas Santa Fe statt. Der Film “Intimidades de Shakespeare y Víctor Hugo” der mexikanischen Regisseurin Yulene Olaizola wurde als Bester Film im Internationalen Wettbewerb ausgezeichnet. Die Trophäe für den Besten Film im Argentinischen Wettbewerb ging an “Unidad 25” von Alejo Hoijman.

Im Internationalen Wettbewerb wurde Diao Yinan für “Night Train” der Ehrenpreis der Jury zuerkannt. Lance Hammer erhielt für “Ballast” den Preis als Bester Regisseur, während Liu Dan für ihre Arbeit in “Night Train” als Beste Schauspielerin und Lee Kang Sheng für seine Rolle in “Help Me Eros” als Bester Schauspieler geehrt wurden.

Im Argentinischen Wettbewerb erhielt “Historias extraordinarias” von Mariano Llinás den Ehrenpreis der Jury, eine Spezialerwähnung ging an Gastón Solnickis Kagel-Dokumentation “süden”. Als Bester Regisseur wurde Gonzalo Castro für “Resfriada” ausgezeichnet.

Die FIPRESCI- und SIGNIS-Preise gingen beide an “Ballast”; SIGNIS sprach darüber hinaus zwei Erwähnungen aus: für “Correction” von Thanos Anastopoulos und für “Cochochi” von Israel Cárdenas und Laura Amelia Guzmán.

Die Auszeichnung “Premio Revista Ñ” ging an “Historias extraordinarias”. Auch die Zuschauer votierten für diesen Film. Der Menschenrechts-Preis “Ex Aequo” hatte zwei Gewinner: “Mi vida dentro” von Lucía Gajá und “Profit Motive And The Whispering Wind” von John Gianvito.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 26.04.08.

34. Internationale Buchmesse von Buenos Aires

Das kulturelle Großereignis wird am Donnerstag eröffnet – Besuch von Ilija Trojanow

Ilija21.jpgAm Donnerstag, dem 24. April, wird die 34. Internationale Buchmesse von Buenos Aires offiziell eröffnet. Das von der Fundación El Libro veranstaltete kulturelle Großereignis beginnt mit branchenbezogenen Aktivitäten bereits am 21.4. und setzt sich bis zum 12.5. fort. Die Buchmesse belegt die gesamten 45.500 m2 des Messezentrums La Rural.

Fürs Publikum ist die Messe ab 24.4. von 14-22 Uhr (So-Do) bzw. 14-23 Uhr (Fr und Sa) geöffnet. Am 30.4., vor dem Feiertag des 1. Mai, ist die Messe von 14-02 Uhr geöffnet. Ab 21 Uhr ist in dieser “Nacht für die Stadt” der Eintritt frei. Sonst kostet der Eintritt an Wochentagen 8, am Wochenende und an Feiertagen 10 Pesos und ist für unter 12-jährige, von einem Erwachsenen begleitete Kinder sowie Mo-Fr für Rentner, Studenten und Dozenten gratis (außer 1.5.). Über die zahlreichen Angebote kann man sich auf der Webseite der Buchmesse informieren.

Der in Deutschland lebende Schriftsteller Ilija Trojanow stellt im Rahmen der Buchmesse seinen neuen Roman “Der Weltensammler” (Tusquets, 2008) vor. Die Buchpräsentation wird gemeinschaftlich vom Goethe-Institut Buenos Aires, dem Verlag Tusquets, der Frankfurter Buchmesse sowie der Deutschen Botschaft organisiert.

Am Sonntag, dem 27. April, um 18 Uhr, liest Ilija Trojanow im Victoria Ocampo-Saal des Ausstellungsgeländes Fragmente aus “Der Weltensammler” und diskutiert anschließend mit Gabriela Massuh und Alejandro Tantanián. Die Veranstaltung findet auf Deutsch und Spanisch statt. Der Eintritt zum Saal ist frei, aber es muss der Eintritt beim Betreten des Messegeländes bezahlt werden.

Am Mittwoch, dem 30. April, um 18 Uhr. findet im José Hernández-Saal des Ausstellungsgeländes im Rahmen des “Tags der Länder” die Veranstaltung “Les passeurs de frontières/Grenzenüberschreiter” statt, bei der sich Autoren, die in der Sprache ihres Adoptionslandes schreiben, präsentieren. Hier wird Ilija Trojanow in einen Dialog mit Vassilis Alexakis (Frankreich) treten. Das Gespräch findet mit der Unterstützung der Deutschen Botschaft und der Buchmesse Frankfurt statt. Der Eintritt zum Saal ist frei, aber es muss der Eintritt beim Betreten des Messegeländes bezahlt werden.

Am Freitag, dem 2. Mai, um 19.30 Uhr, wird dann zum Abschluss des Besuchs im Goethe-Institut, Av. Corrientes 319, der Dokumentarfilm “Vorwärts und nie vergessen. Ballade über bulgarische Helden” (2007, 45 Min.) von Ilija Trojanow vorgeführt. Im Anschluss wird es ein öffentliches Interview mit Trojanow und dem Journalisten Hinde Pomeraniec geben (mit Übersetzung).

Ilija Trojanow zählt derzeit zu den interessantesten deutschen Schriftstellern der mittleren Generation.

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Startschuss fürs Kinofestival

10. Internationales Festival des Unabhängigen Films (BAFICI) eröffnet

Von Susanne Franz

Mit starker deutscher und österreichischer Beteiligung ist in Buenos Aires am Dienstag das 10. Internationale Festival des Unabhängigen Films (BAFICI) eröffnet worden. Die Kinogänger erwarten bis zum 20. April 900 Vorführungen von insgesamt 427 Filmen.

Auch wegen der relativ günstigen Eintrittspreise von 6 bzw. 4 Pesos rechnet man in diesem Jahr mit einem neuen Besucherrekord: Seit Beginn des Vorverkaufs am 1. April und bis zum Start des Festivals am Dienstag wurden bereits knapp 50.000 Karten verkauft.

Für einige Filme wie “Brother” von Aleksej Balabanov (Russland) oder “I‘m A Cyborg But That‘s Ok” von Park Chan-wook (Südkorea) gibt es bereits keine Karten mehr.

Im Jahr 2006 nahmen 260.000 Menschen am BAFICI teil, 223.000 Filmfans (Gäste eingeschlossen) füllten die Säle, 175.000 Eintrittskarten wurden verkauft.

Beim diesjährigen Festival sind erneut zahlreiche deutsche und österreichische Filme sowie deutsch-internationale Koproduktionen zu sehen. Unter anderem ist dem Regisseur Romuald Karmakar eine ausführliche Retrospektive gewidmet. 21 Werke des renommierten Filmemachers werden präsentiert, darunter “Hamburger Lektionen”, “Manila” und “Der Totmacher”.

Das Festival begann mit einem Festakt im neu eröffneten Theater 25 de Mayo in Villa Urquiza.

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Schmutzige Wäsche waschen

“Sucio” ist zurück im Theater El Cubo

Von Christina Liebl

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“Sucio” – ein überaus unterhaltsamer Waschgang.

Immer Freitag- und Samstagnacht um halb zwölf kann man im El Cubo drei Männern bei einer ganz alltäglichen Tätigkeit zuschauen. Doch während die drei in der Anonymität des Waschsalons einen Korb Wäsche waschen, geben sie einen tiefen Einblick in ihr Innenleben.

Gemeinsam haben die Charaktere des mit dem Clarín-Preis ausgezeichneten Stücks eines: Sie sind einsam und haben niemanden zum Reden. Auf unterschiedliche Art versuchen sie den beiden Anderen zu vermitteln, was in ihrem Leben schiefgelaufen ist. Der Eine wurde in seiner Kindheit von seinen Nachbarinnen dazu gezwungen, einen Pornofilm zu drehen. Und obwohl er auf der Bühne als liebenswürdiger Mensch erscheint, ist er vorbestraft und scheinbar beziehungsunfähig.

Der Zweite hat nach dem Tod seiner Mutter der eigenen Frau erfolgreich zugeredet, mit seinem trauernden Vater zu schlafen, um diesem über den Schmerz hinwegzuhelfen. Nun versucht er, die zerbrochenen familiären Beziehung zu Vater und Ehefrau zu kitten. Während er sich den beiden Anderen im Waschsalon gegenüber gesprächig zeigt, scheitert die als Telefonat auf der Bühne gezeigte Kommunikation mit dem Vater, da keiner dem anderen zuhört, während die Ehefrau erst gar nicht den Telefonhörer abnimmt.

Der Dritte schließlich findet nur im Gesang eine Möglichkeit, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, und erzählt singend von seiner Suche nach einer Frau. Lösungen für die individuellen Probleme werden in “Sucio” nicht gefunden, aber jeder Charakter in seiner Männlichkeit und Einzigartigkeit akzeptiert.

Die minutiöse Beschreibung des Innenlebens der Protagonisten, welche auf immer neue, tragisch-komische Wendungen setzt, sorgt für den wohl unterhaltsamsten Waschgang seit Langem. Die Schauspieler Carlos Casella, Juan Minujín und Guillermo Arengo liefern eine geschlossen überzeugende Darbietung, und der Inszenierung gelingt es, die traurigen Themen des männlichen Lebens durch den Mix aus Musik, Tanz, Literatur und Theater ohne Sentimentalität in Szene zu setzen.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 29.03.08.

Infos (auf Spanisch) hier.

“Ein Kino für alle”

Am 8. April wird das 10. Festival des Unabhängigen Films BAFICI eröffnet

Von Ulrike Langheineken und Susanne Franz

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Werner Herzogs Dokumentarfilm über die Antarktis, “Encounters at the End of the World”, ist im BAFICI-Programm.

Das Kulturministerium der Stadt Buenos Aires lädt vom 8.-20. April 2008 zum 10. Internationalen Festival des Unabhängigen Films (BAFICI, Buenos Aires Festival Internacional de Cine Independiente) ein. Das Festival, verkündete der Kulturminister der Stadt Hernán Lombardi bei der Presse-Vorstellung am Dienstag im Centro Cultural Recoleta stolz, sei “eines der größten und bedeutendsten Festivals für Unabhängiges Kino”. Mit 3 Millionen Pesos sei das Budget des Projekts im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Der Eintrittspreis mit 6, ermäßigt 4 Pesos sei daher im Vergleich zum letzten Jahr gleich geblieben. Dies gewährleiste, so Lombardi, dass weiterhin vor allem ein junges Publikum angesprochen werde.

Den Auftakt macht am 8.4. um 20 Uhr der brasilianische Film “Jogo de Cena” im zu diesem Anlass wiedereröffneten Teatro 25 de Mayo in Villa Urquiza. Weitere Aufführungsorte sind die Säle des Hoyts-Kinokomplexes im Abasto, das Centro Cultural Recoleta, Atlas Santa Fe, Alianza Francesa, Malba, Centro Cultural Rojas, Cosmos und der Leopoldo-Lugones-Saal des San Martín-Theaters. Zusätzlich kündigte Lombardi Filmaufführungen unter freiem Himmel an (Pasaje Carlos Gardel, neben dem Abasto).

Im Programm des Festivals stehen u.a. die jüngsten Filme bekannter Regisseure wie “Go go Tales” von Abel Ferrara, der Dokumentarfilm “Encounters at the End of the World” über die Antarktis von Werner Herzog und “Funny Games” des ebenfalls in München geborenen österreichischen Filmemachers Michael Haneke. Freuen kann man sich auch auf Martin Scorseses Dokumentarfilm “Shine a Light” über die Rolling Stones, mit dem im Februar die Berlinale eröffnet worden war. Gespannt sein darf man unter vielem anderem auf “I’m Not There”, Todd Haynes’ Dokumentarfilm über Bob Dylan, “Redacted” von Brian de Palma, “Paranoid Park” von Gus van Sant und “Dr. Plonk” des Australiers Rolf de Heer.

Aus Deutschland kommen dieses Jahr u.a. zwei Filme von Rosa von Praunheim, darunter seine bewegende Autobiographie “Two Mothers – The Search Began in Riga”, Volker Koepps “Holunderblüte” und “Auf der anderen Seite” des Deutschtürken Fatih Akin mit Hanna Schygulla. Ein Leckerbissen ist auch “Staub” von Hartmut Bitomsky. Dem deutschen Regisseur Romuald Karmakar, der im Jahr 2004 auf dem BAFICI seinen Film “Nightsongs” vorstellte, ist in diesem Jahr eine Werkschau mit 21 Filmen gewidmet, darunter “Der Totmacher” mit Götz George.

Eine österreichisch-deutsche Koproduktion wird mit “Loos ornamental” von Heinz Emigholz – ebenfalls ein bekanntes Gesicht auf dem Festival – vorgeführt. Der österreichischen Filmemacherin Astrid Ofner ist eine Retrospektive mit vier Filmen gewidmet. Sehr zu empfehlen ist auch “Import/Export” des Österreichers Ulrich Seidl. Auf dem Programm steht zudem “About Water (People and Yellow Cans)” von Udo Maurer.

Die Schweiz ist mit “Le Printemps de Sant Ponç” vertreten.

Das Festival erfüllt in der Präsentation ausländischer unabhängiger Filme eine wichtige Funktion, da das Angebot an internationalen Filmen in den letzten Jahren in Buenos Aires gesunken ist. Die Organisatoren der Filmfestspiele freuen sich u.a. über die Unterstützung der französischen, österreichischen u.a. Botschaften. Besonders wichtig ist das Festival auch für junge argentinische und andere lateinamerikanische Filmproduzenten, die oftmals die Ausstrahlung ihrer ersten Filme auf dem Festival feiern.

Der in diesem Jahr zum ersten Mal amtierende künstlerische Leiter des Festivals, Sergio Wolf, sprach bei der Pressekonferenz seine Freude darüber aus, dass das Festival, welches er “eines der großzügigsten der Welt” nannte, in diesem Jahr doch noch stattfinden konnte. Nach dem Regierungswechsel der Stadt Buenos Aires im vergangenen Dezember hatte man seine Abschaffung befürchtet. Wolf nannte das BAFICI “ein Kino für alle” und betonte, dass es wichtig sei, die Kontinuität in der Programmgestaltung beizubehalten.

Das 9. Festival im vergangenen Jahr, welches rund 240.000 Besucher zählte, sei u.a. wegen der unübersichtlichen Menge an Filmvorführungen kritisiert worden. Daher würden in diesem Jahr mit immerhin 427 Filmen insgesamt 40 Filme weniger als im vergangenen Jahr gezeigt, so Wolf. Das Festival, das in seiner Größe nur mit den Festspielen in Toronto und Rotterdam zu vergleichen sei, setze seinen Akzent auf den lateinamerikanischen unabhängigen Film. Außerdem habe es eine Erweiterung in der Kategorie “Cine Maldito” gegeben, bei dem Lateinamerika (hauptsächlich Kolumbien und Mexiko) und Spanien vertreten seien. Dagegen gäbe es keine Extrasektion “Ausländischer Film” wie bei vergleichbaren Festivals üblich.

Die Universidad de Cine von Buenos Aires veranstaltet in Kooperation mit der Berlinale im Rahmen der Festspiele vom 10.-13.4. zum dritten Mal den Talent Campus, für den 40 von über 300 Bewerbern ausgewählt wurden. Im Rahmen des Talent Campus werden verschiedene Workshops und Seminare stattfinden.

Informationen auf der Webseite des Festivals oder beim Internetportal Otros Cines.

Mozart, mit anderen Augen gesehen

Filmzyklus “New Crowned Hope: Mozart visto por otros ojos” im Leopoldo Lugones-Saal

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Das Programmkino Leopoldo Lugones (Av. Corrientes 1530) veranstaltet vom 25.-31. März in Zusammenarbeit mit der Austrian Film Commission und der Österreichischen Botschaft in Buenos Aires den Filmzyklus “New Crowned Hope: Mozart visto por otros ojos”. Mit der Leitung des im Mozartjahr 2006 begründeten “New Crowned Hope”-Festivals betraute die Stadt Wien den Film- und Theaterregisseur Peter Sellars, welcher Künstler, Architekten, Theater- und Filmemacher dazu aufrief, völlig neuartige Werke zu schaffen, die von Mozarts Werk inspiriert sein und seine Musik als Ausgangspunkt nehmen sollten, die Herausforderungen des neuen Jahrtausends widerzuspiegeln. Sieben Filmemacher, die nicht aus dem westlichen Kulturkreis stammen, bat er speziell um Beiträge – und diese bemerkenswerten Filme aus Indonesien, Taiwan, Thailand, dem Tschad etc, sind nun zu sehen. Informationen und Programm hier.

“Die letzte gedruckte Zeitung”

Neue Tageszeitung “Crítica”

Von Susanne Franz

Critica.jpgDie Startauflage von 80.000 Exemplaren war schnell vergriffen und gibt dem Team um Direktor/Chefredakteur Jorge Lanata berechtigte Hoffnung auf Erfolg: Am vergangenen Sonntag erschien erstmals die neue argentinische Tageszeitung “Crítica de la Argentina”. Insgesamt gibt es damit jetzt 12 Tageszeitungen in Buenos Aires. Der Journalist Lanata, Gründer von “Página/12” und dem Magazin “Veintitres”, glaubt nicht an den Tod der Printmedien, der “von den Yankees” propagiert worden sei. “Mir gefällt der Gedanke, dass hier im Süden jetzt ein paar Verrückte die letzte gedruckte Zeitung machen”, setzt er dagegen. Das neue Projekt des 47-Jährigen erscheint zwar gemeinsam mit einem Online-Portal, das Original könne dieses jedoch nicht ersetzen.

Lanata will reinen Journalismus machen, es gehe bei “Crítica” nicht darum, für oder gegen die Regierung zu sein. Im Vordergrund steht bei dem Blatt, das ohne Beilagen erscheint, der Nachrichtengehalt. Der Name “Crítica” spielt auf die gleichnamige Zeitung an, die 1913 von Natalio Botana gegründet wurde und bis zum Jahr 1962 erschien. Von 1920 bis 1930 war “Crítica” die meistverkaufte Zeitung des Kontinents. Geschäftsführender Herausgeber der neuen “Crítica” ist der Schriftsteller Martín Caparrós. Einen interessanten Dokumentarfilm (auf Spanisch) über den Countdown bis zur ersten Ausgabe findet man bei TV On Line, Suchbegriff: “El último diario de papel”.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 08.03.08.

Ein Stück Geschichte wird wiederbelebt

Replik von Plüschows Silberkondor in der Bucht von Ushuaia

Von Anette Koch

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Der 8-jährige Martín Lorenz und seine Schulkameraden saßen im Unterricht in der Schule von Ushuaia, als sie am 3. Dezember des Jahres 1928 auf einmal ein lautes Brummen störte. Sie rannten zur Bucht, wo die übrigen Bewohner Ushuaias bereits versammelt waren. Auch die 6-jährige Tata Fique ist dabei. Sie erinnert sich heute, dass ihre Mutter ihr einen Blumenstrauß in die Hand gedrückt hat, den sie Gunther Plüschow, dem Helden der Luftfahrt, demjenigen, der als erster mit einem Flugzeug Ushuaia erreicht, geben soll. Und, dass sie ihren Augen kaum trauen, als ein silbernes Flugzeug am Himmel erscheint. Das Doppeldeckerflugzeug umrundet die Bucht in einer großen Schleife und landet schließlich, während die Kameras der anwesenden Fotografen das Ereignis festhalten, nur wenige Meter vom Sitz des heutigen Aeroclubs Ushuaia entfernt.

Der Aeroclub leitet nun, knapp 80 Jahre später, ein Projekt, das dem ersten Menschen, der Feuerland und Patagonien überflog und filmte, ein Denkmal setzen soll. Bei dem gemeinsam mit dem Plüschowexperten und -biographen Roberto Litvachkes geplanten Vorhaben handelt es sich um die 1:1-Konstruktion einer Replik des Doppeldeckerflugzeugs der Heinkel HD24, genannt Silbervogel. Die Replik wird von Experten der Cátedra Aeronautica der staatlichen Universität von La Plata angefertigt. Die Glasfaserkonstruktion soll am 3.12.2008, zum 80. Jahrestag der Ankunft, eingeweiht und als Meilenstein der argentinischen Geschichte in der Bucht von Ushuaia aufgestellt werden.

Plüschows Ankunft war nämlich nicht nur ein Ereignis, weil viele der Bewohner Ushuaias 1928 zum ersten Mal ein Flugzeug zu Gesicht bekamen, sondern sie initiierte auch den Anschluss Ushuaias an den Kontinent. Die Versorgung mit Medikamenten und Nahrungsmitteln des Fin del Mundo wird seither vor allem durch Flugzeuge gewährleistet.

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Ein Flug im Jahr 1928 war mit den technologischen Voraussetzungen in Anbetracht der klimatischen Begebenheiten ein waghalsiges Unternehmen. Auch wenn Plüschow bereits als Pionier in der deutschen Kolonie Tsingtau während des Ersten Weltkriegs und als Pilot für die Firma Luftpost – die heutige Lufthansa – reichlich Flugerfahrung gesammelt hatte und die Firma Heinkel nach jahrelangen Verhandlungen nebem dem Flugzeug auch gleich ihren Mechaniker Ernst Dreblow zur Verfügung gestellt hatte: Die damaligen technischen Kenntnisse und Möglichkeiten bleiben aus heutiger Sicht sehr begrenzt. Umso erstaunlicher sind die Expeditionen Plüschows, deren Bildmaterial die Basis für heutige Kenntnisse über Patagonien liefern.

Allein der Transport des Flugzeugs von Deutschland nach Feuerland war ein Abenteuer. Der Maschinist Seppl Schmitt, dessen Memoiren kürzlich in Chile veröffentlicht wurden, berichtet, dass Plüschow die Heinkel ursprünglich auf seinem Expeditionsschiff, dem Segelkutter Feuerland, von Büsum nach Argentinien verschiffen wollte. Glücklicherweise konnten ihn seine Begleiter davon abbringen. Die Feuerland wäre mit einer derartigen Last beim ersten Seegang gesunken, und mit ihr der Traum, das Ende der Welt zu erschließen. Das Unternehmen wäre wie auch so viele andere Patagonienexpeditionen zuvor gescheitert.

Plüschow verhandelte schließlich mit Hamburg Süd. Er widmete der Spedition die letzte Seite seines aktuellen Buches, und Hamburg Süd stellte ihm das Frachtschiff Planet zur Verfügung. So erreichte der Silbervogel 1927 in 13 Kisten verpackt Punta Arenas, wo er von den Autoritäten der Stadt in Empfang genommen wurde. Einen Monat später war der Doppeldecker wieder aufgebaut und startklar für den ersten berühmten Flug, dem in Ushuaia heute gedacht wird.

Weitere Informationen (auf Spanisch) im Blog von Roberto Litvachkes.

Präsentation des Projekts in Ushuaia

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Am Montag, dem 17.12.07, wurde in Ushuaia das Projekt der Konstruktion der Replik des Flugzeugs von Gunther Plüschow präsentiert. Zugegen waren Daniel Leguizamón, der neue Tourismussekretär der Gemeinde von Ushuaia, und Marcelo Murphy, der Beauftragte für Kultur von Ushuaia. Darüber hinaus wohnten Mitglieder des Aeroclubs, der Marine und Bewohner Ushuaias der Veranstaltung bei.

Rafael Fank, lokaler Unternehmer und Präsident des Aeroclubs, welcher selbst Sohn deutscher Pioniere ist, stellte das Projekt, welches unter anderem dank der Unterstützung von Aerolíneas Argentinas, Wintershall und London Supply realisiert werden kann, vor. Der begeisterte Plüschow-Anhänger enthüllte gemeinsam mit dem Hauptkoordinator des Projekts, Roberto Litvachkes, unter dem Applaus des Publikums ein Modell der nach einem Foto rekonstruierten Ankunftsszene Plüschows in der Bucht von Ushuaia. Das Modellflugzeug und die Figuren sollten den Anwesenden einen Eindruck von der Szenerie vermitteln, die in Originalgröße nachgebaut werden soll. Einige der Anwesenden, Zeitzeugen und Kinder der Zeitzeugen, zeigten sich gerührt als sie die Figuren ihrer Zeitgenossen und Eltern sahen.

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Der Nachbau der Heinkel HD 24 wird von der Universität La Plata angefertigt und auf einer Plattform in der Bucht von Ushuaia an dem Ort schwimmen, wo Plüschow vor knapp 80 Jahren gelandet ist. Der Tourismussekretär verprach nicht nur seine volle Unterstützung, sondern äußerte den Wunsch, das Projekt in den geplanten “Paseo de Pioneros de Ushuaia” zu integrieren. Am 3.12.2008 wird die Replik dann zum 80. Jahrestag von Plüschows Ankunft eingeweiht.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 05.01.08.

Kultur-Notizen

Dritte Woche “Cuando ella saltó”

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Der argentinische Independent-Streifen “Cuando ella saltó” von Sabrina Farji läuft schon seit drei Wochen in den Kinos und hat nun neben dem Kinosaal Gaumont den Sprung ins Monumental (Lavalle 780) geschafft. Am Donnerstag, dem 22.11., um 19 Uhr, findet dort ein Gespräch mit der Regisseurin und dem Hauptdarsteller Ivan de Pineda statt, in dem die beiden über Entstehung und Dreh des Films erzählen. Der Eintritt ist frei.

Dokumentarfilm im Goethe-Institut

Am Dienstag, dem 20.11., um 20 Uhr, wird im Auditorium des Goethe-Instituts. Av. Corrientes 319, bei freiem Eintritt der Dokumentarfilm “Agujeros en el techo” von Malena Bystrowicz gezeigt. Die Regisseurin hat vier Jahre lang in der Villa 20 in Lugones das Leben einer Familie begleitet, die aus Frauen besteht. Der Film beinhaltet auch einige fiktionale Kurzfilme, die von den Protagonistinnen des Dokus gedreht wurden. “Agujeros en el techo” wurde auf dem vor kurzem zu Ende gegangenen 9. Dokumentarfilmfestival 2007 mit dem Preis als “Mejor documental social” (Bester sozialkritischer Dokumentarfilm) ausgezeichnet.

Drei Festival-Wochen – Ein Resümee

Das VI. Internationale Theaterfestival von Buenos Aires war rundum gelungen

Von Christina Liebl

Drei Wochen voll Kunst, Musik, Theater und Tanz gingen am Sonntag zu Ende. Vom 4. bis zum 23. September hatte das VI. Internationale Festival von Buenos Aires mit hochrangigen internationalen Künstlern aufgewartet, das Beste an nationalem Schauspiel und Kunst präsentiert, Autorenlesungen veranstaltet und nebenher mit Karaoke- und Kostümpartys oder Milongas und Filmvorführungen für Unterhaltung rund um die Uhr gesorgt. Dieses Jahr war auch ein Treffpunkt und eine Videothek im Centro de Exposiciones eingerichtet worden. Das Festival stand jedem offen und bot neben den recht teuren internationalen Stücken auch eine Vielzahl an kostenlosen, argentinischen Beiträgen.

Insgesamt fanden 155 Vorstellungen statt, die von mehr als 100.000 Besuchern gesehen wurden. Großen Anklang fanden vor allem die internationalen Ensembles, welche beinahe ein Drittel der Zuschauer für sich beanspruchen konnten und die mit wenigen Ausnahmen auch viel Beifall fanden. Elf Länder zeigten Stücke in den Theatersälen der Stadt. Für das Gelingen der elf internationalen Beiträge sorgten 226 Künstler, während 294 Schauspieler, Tänzer und Musiker Argentinien repräsentierten. Abgesehen von ein paar Pannen, beispielsweise der Ausfall der Auftaktveranstaltung, die aufgrund von technischen Schwierigkeiten verschoben werden musste, oder Stromausfall im Theater Sarmiento, verlief das Festival dank eines 169-köpfigen Teams ohne Störungen.

Zum Ausklang fand am vergangenen Sonntag dann im Centro de Exposiciones die Abschluss-Party statt. Mit maskierten Künstlern und Tänzern auf der Bühne wurde für Stimmung gesorgt und im Publikum ließen sich auch Mitglieder der internationalen Theatergruppen sehen. Zu elektronischer Musik wurde getanzt und in gelöster Atmosphäre das insgesamt sehr gelungene Festival gefeiert.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 29.09.07.