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Gratis-Filmzyklus vom 28. Mai bis 1. Juni im Goethe-Institut anlässlich des 25. Todestags von Rainer Werner Fassbinder
“Vielleicht stimmt es, dass alle seine Filme schlecht sind, aber er ist und bleibt der größte Filmemacher Deutschlands. Er war da, als Deutschland den Film brauchte, um sich selbst zu finden”, sagte Jean Luc Godard. In der Welt des Films lässt sich Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) wohl am ehesten mit der Figur des Dracula vergleichen: einer, der niemals stirbt und der denen, die nach ihm kommen, wie ein Vampir auflauert. Er hat weder legitime Erben noch eindeutige Usurpatoren hinterlassen, sondern eher Spuren, die sich auf höchst unerwartete Weise zeigen und äußern.
Bis zu dem Grad, dass die deutsche Kritik sogar schon vom “Mythos Fassbinder” spricht, wie von etwas, das sich enthüllen, demontieren und zerstören soll. Es waren seine unermüdliche Schaffenskraft, seine Vorreiterrolle in Bezug auf den Neuen Deutschen Film und sein extrem provozierender Charakter, die zu seiner Mystifizierung beitrugen und zu einer weltweit bekannten Berühmtheit machten.
Fassbinder war ein Multitalent: Er war Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent, arbeitete gleichzeitig für das Kino, das Theater, das Fernsehen und das Radio, und realisierte nicht nur Literaturverfilmungen, Gangster-Filme, schwarze Komödien und Chroniken, sondern auch Theaterstücke und Filme, bei denen Homosexuelle und Lesben im Mittelpunkt standen. Seine große Bewunderung für Douglas Sirk veranlasste ihn sogar dazu, das Melodram mit Filmen wie “Angst essen Seele auf”, “Martha” oder “Die Sehnsucht der Veronika Voss” neu zu erfinden.
All das setzte ihn ab von dem Weg anderer europäischer Autoren und verortete ihn eher in die Nähe der typischen Künstlerfigur aus Hollywood, die er eigentlich auch immer sein wollte. Dennoch hat er seine Wurzeln in der avantgardistischen Subkultur nie aufgegeben oder verraten.
Als Filmemacher, der in den 70er Jahren lebte und arbeitete, ein Jahrzehnt, in dem es vor allem darum ging, Brücken zwischen der Realität und der Utopie zu finden, bemühte sich Fassbinder stets, eine große Bandbreite von sozio-kulturellen und historischen Themen, die politisch von Bedeutung waren, in seinen Filmen abzudecken. “Es gefiel ihm, die deutsche Geschichte zu ergründen, in ihr nachzubohren, und er hat eine Chronik hinterlassen, die mit dem Niedergang des Preußentums in “Effi Briest” beginnt und fortgesetzt wird mit den Chaos-Jahren der Weimarer Republik (“Berlin, Alexanderplatz”), dem Aufkommen des Nationalsozialismus (“Despair- Reise ins Licht”), dem Hitler-Krieg (“Lili Marleen”), der direkten Nachkriegszeit (“Die Ehe der Maria Braun”), dem Ende der 50er- und dem Beginn der 60er-Jahre (“Der Händler der vier Jahreszeiten”), der Epoche der Gastarbeiter, dem heißen Herbst von 1977 (“Deutschland im Herbst”) und dem Ende der RAF (“Die dritte Generation”): “Er verfilmte keine Chroniken in dem Stile wie “Heimat” von Edgar Reitz, sondern zeigte die Momente der Krise und der Veränderung, geschildert anhand der bescheidenen Lebensentwürfe von Kleinbürgern, Mitläufern, Antihelden, Nebenfiguren und Asozialen”, schreibt Thomas Elsässer, Fassbinder-Spezialist und Ehrengast während der Fassbinder-Reihe im Goethe-Institut.
Rainer Werner Fassbinder hinterließ mehr als 40 Filme, aber warum wirft sein filmisches Vermächtnis so viele Schwierigkeiten auf? Auf der einen Seite schlug der deutsche Film der 80er- und 90er-Jahre einen Weg ein, der sich stark von dem unterschied, den Fassbinder gewählt hatte, aber auf der anderen Seite lässt sich der Einfluss Fassbinders auf das Werk vieler international hoch angesehener Regisseure beobachten, so bei dem Spanier Pedro Almodóvar, dem Franzosen François Ozon und auch bei den deutschen Filmemachern Oskar Roehler und Chris Kraus.
Die Filmreihe, welche anlässlich des 25. Todestages des Regisseurs veranstaltet wird, sieht die tägliche Vorstellung eines Fassbinder-Films vor, mit der anschließenden Vorführung eines Films der vier erwähnten anderen Filmemacher. Verknüpft werden die jeweiligen Filme durch eine kurze Erörterung über die Ähnlichkeiten und Nuancen beider Werke. An den Gesprächen nehmen sowohl anerkannte argentinische Spezialisten und Regisseure als auch der Fassbinder-Spezialist Dr. Thomas Elsässer von der Universität Amsterdam teil.
Die Filmreihe beginnt am Montag, dem 28. Mai, und geht bis Freitag, den 1. Juni; die Vorstellungen beginnen jeweils um 18 und 20 Uhr im Auditorium des Goethe-Instituts, Av. Corrientes 319, bei freiem Eintritt und mit simultan übersetztem Vortrag und Diskussionen zwischen den Filmen. Am Dienstag, dem 29. Mai, findet um 20 Uhr das Rundtischgespräch “Fassbinder und die Politik des Opfers” mit lokalen Spezialisten und Filmemachern und Thomas Elsässer statt.
Programm
- Montag, 28.5., 18 Uhr: “Martha”, in Dialog mit “Scherbentanz” (20 Uhr)
- Dienstag, 29.5., 18 Uhr : “Satansbraten”. Danach Runder Tisch: “Fassbinder und die Politik des Opfers” mit Thomas Elsässer (20 Uhr).
- Mittwoch, 30.5., 18 Uhr: “Die bitteren Tränen der Petra von Kant” in Dialog mit “Gouttes d’eau sur pierres brûlantes”/Tropfen auf heißen Steinen (20 Uhr).
- Donnerstag, 31.5., 18 Uhr: “Die Sehnsucht der Veronika Voss” in Dialog mit “Die Unberührbare” (20 Uhr).
- Freitag, 1.6., 18 Uhr: “Die Ehe der Maria Braun” in Dialog mit “Carne Trémula”/Live Flesh (20 Uhr).
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