Einzigartig und unverwechselbar

Gemälde von Rómulo Macciò im Centro Cultural Recoleta

Von Susanne Franz

maccioDer große alte Mann der argentinischen Malerei, ganz jung: Im Cronopios-Saal des Centro Cultural Recoleta (Junín 1930, Buenos Aires) wurde am 29. April die Ausstellung “Repertorio” von Rómulo Macciò (geb. 1931) eröffnet. In der Stille und Weite des Saales entwickeln die großformatigen Werke des Meisters ihren Zauber: Jedes der Bilder ist einzigartig und verrät doch die unverwechselbare Handschrift Macciòs.

Leidenschaft und Mut sind seine Antriebskräfte – doch auch Kämpfe scheint er in diesen jüngsten Werken von 2013 und 2014 auszufechten. Ist es ein Kampf Mensch gegen Maschine, der analogen gegen die digitale Welt? Bäumt sicht die Natur gegen die Umweltzerstörung auf, trotz die Liebe der Einsamkeit? Viele der Werke besitzen zwei Ebenen, die miteinander kontrastieren und Einklang zu suchen scheinen – etwa eine schwarze Fläche, vielleicht ein Bildschirm, und ein Kopf, aus dem Ideen und Kreativität züngeln – oder es erscheinen etwa Köpfe oder Silhouetten hinter einer oder als eine Art Strichcode.

Ob Anklage, philosophisches Gedankenspiel oder lebens- und farbenfrohes Fest: Mit jedem Bild kann der Zuschauer in einen Dialog treten. Die von Renato Rita kuratierte Schau ist sehr empfehlensswert. “Repertorio” ist bis zum 30. Mai zu sehen (Di-Fr 13-20, Sa, So und feiertags 11-20 Uhr. Eintritt frei).

Foto:
Rómulo Macciò, “Jaula”, Mischtechnik, 195 x 140 cm, 2013.

“Erzählung und Wahn”

Die deutsche Autorin Nina Jäckle auf der 40. Internationalen Buchmesse von Buenos Aires

ninaDie Veranstaltung heißt “Erzählung und Wahn”: Am Samstag, dem 10. Mai, wird die deutsche Autorin Nina Jäckle auf der 40. Internationalen Buchmesse von Buenos Aires ihren ersten auf Spanisch erschienenen Roman “Zielinski” vorstellen. Eingeladen wurde die junge Autorin, die bereits mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde und die ein beachtliches literarisches Werk vorweisen kann, vom Goethe-Institut Buenos Aires und der Frankfurter Buchmesse.

Die Veranstaltung findet um 18.30 Uhr im Adolfo Bioy Casares-Saal im Weißen Pavillon des Messegeländes La Rural (Av. Sarmiento 2704) statt; der Eintritt ist frei. Der Eintritt zur Buchmesse muss allerdings bezahlt werden (an den Wochenenden 40 Pesos; Infos auf der Webseite der Messe).

Der Roman wird in einem Dialog mit dem argentinischen Autor Ariel Magnus vorgestellt. Die Veranstaltung ist auf Deutsch und wird simultan übersetzt. Auch Nina Jäckles Übersetzerin Carolina Previderé und die Lektorin Carolina Lieber werden erwartet.

Mit ihrem Buch “Zielinski” (Verlag Serapis, 2013) geht die Autorin der Spur nach, wie es ist, ein System, eine Fremdherrschaft gewähren zu lassen. Dabei geht es um das Vermögen des Menschen, sich an alles zu gewöhnen, bis die Empörung über etwas Ungeheuerliches der Gewohnheitsmäßigkeit weicht.

Der Gedanke daran ist ein Albtraum: langsam wahnsinnig zu werden und sich selbst dabei zu beobachten; zu bemerken, wie sich pathologische Ticks einschleichen, die bis dahin als wunderliche Angewohnheiten durchgingen, die sich in den Gehirngängen einnisten, zu Obsessionen und Zwangshandlungen werden. Es ist Zielinski, der da aus dem Nichts heraus Einzug in die Wohnung von Schoch, einem allein lebenden Mann, hält.

Zielinski, der gepflegte, höfliche Fremde, lebt fortan in einer mit blauem Samt ausgeschlagenen Holzkiste, im größten Zimmer des erzählenden Protagonisten. Es riecht nach Holz. Riecht es wirklich nach Holz? Zielinskis Stimme ist schön. Spricht Zielinski wirklich? Dieser Roman stellt auf eine raffinierte, absurd witzige und mitreißende Weise dar, wie Phantasien und Systeme greifen, wie es funktioniert, sich selbst voll und ganz in eine verheerende Idee zu verstricken, sich sogar in sie zu verlieben.

Nina Jäckle wurde 1966 in Schwenningen geboren, wuchs in Stuttgart auf, besuchte Sprachschulen in der französischen Schweiz und in Paris, wollte eigentlich Übersetzerin werden, beschloss aber mit 25 Jahren, lieber selbst zu schreiben, erst Hörspiele, dann Erzählungen, dann Romane. Ihre ersten Bücher erschienen im Berlin Verlag: “Es gibt solche”, “Noll”, “Gleich nebenan” und “Sevilla”.

Bei Klöpfer & Meyer erschienen 2010 mit großem Erfolg ihre Erzählung “Nai oder was wie so ist” sowie im Jahr 2011 ihr Roman “Zielinski” und 2014 “Der lange Atem”. Sie erhielt zahlreiche literarische Auszeichnungen, z.B. den Karlsruher Hörspielpreis, das große Stipendium des Landes Baden-Württemberg sowie das Heinrich-Heine-Stipendium und das Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds. Nina Jäckle ist Mitglied im VS Baden-Württemberg und im deutschen P.E.N.

Ariel Magnus wurde 1975 in Buenos Aires geboren. Er studierte Philosophie und Philologie an der Humboldt-Universität in Berlin. Zu seinen Werken zählen “Sandra” (2005), “La abuela” (2006), “Un chino en bicicleta” (2007), “Cartas a mi vecina de arriba” (2009), “Ganar es de perdedores” (2010), “Doble Crimen” (2010), “El hombre sentado” (2010) sowie “A Luján” (2013). Er arbeitet auch als Journalist und literarischer Übersetzer.

Weitere Informationen findet man auf der Webseite des Goethe-Instituts Buenos Aires.

Foto:
Die deutsche Autorin Nina Jäckle.

Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 03/05/2014-10/05/2014

Von Susanne Franz

topoAm Donnerstag, dem 8. Mai, ab 19 Uhr, findet die erste diesjährige Ausgabe des Galerienrundgangs “Gallery Nights Palermo” statt. Die teilnehmenden Galerien in dem schönen Buenos Aires-Stadtteil sind an dem Abend bis 22 Uhr geöffnet und stellen ihre jüngsten Ausstellungen und/oder Werke aus ihrem Fundus vor. Eine gute Gelegenheit, mit Freunden oder Familie in einer angenehmen, lockeren Atmosphäre in die Welt der Kunst einzutauchen. Der Event ist gratis. “Gallery Nights Palermo” erstreckt sich von den Straßen Santa Fe bis Av. Estado de Israel und von Arévalo bis Gascón. Zwischen den Galerien pendelt ein Gratis-Shuttle-Service (siehe Plan der Haltestellen).

Unter den teilnehmenden Galerien befindet sich die Galería Mar Dulce (Uriarte 1490, Buenos Aires), wo man ein besonderes Projekt auf der Schnittstelle von Literatur und Kunst bewundern kann. Das Projekt “El Topo Ilustrado” (Der illustrierte Maulwurf) besteht aus Texten von Tobías Schleider und Zeichnungen von Cristian Turdera. Turdera und Schleider lernten sich 2012 auf Twitter kennen und entschieden, auf dieser virtuellen Plattform zusammenzuarbeiten. Im März 2013 begannen sie, von Montag bis Freitag auf @ElTopoIlustrado täglich jeweils einen illustrierten Eintrag zu veröffentlichen, bis sie 120 zweisprachige (Englisch-Spanisch) Einträge geschaffen hatten. In kurzer Zeit hatten sie bereits über 25.000 Follower.

Die Ausstellungen der Woche:

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Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 03/05/2014-10/05/2014

Por Susanne Franz

topoEl jueves 8 de mayo, a partir de las 19 horas, se llevará a cabo la primera noche de Gallery Nights Palermo 2014. Los espacios abrirán sus puertas hasta las 22 horas para presentar sus artistas y mostrar tanto sus últimas creaciones como los clásicos de siempre; para que el público podrá conectarse con el arte en un ámbito social, divertido y acompañado de familia y amigos en un evento único y gratuito.

El recorrido de Gallery Nights Palermo se extiende desde Santa Fe hasta Av. Estado de Israel y desde Arévalo hasta Gascón. Para facilitar el acceso de los visitantes, se implementará un servicio gratuito de transporte con paradas fijas (mapa de paradas).

Entre las galerías participantes figura la Galería Mar Dulce (Uriarte 1490, Buenos Aires) dónde se puede ver el proyecto literario-artístico “El Topo Ilustrado” con textos de Tobías Schleider y dibujos de Cristian Turdera. Turdera y Schleider se conocieron en Twitter en 2012 y decidieron trabajar juntos en ese medio virtual. Desde marzo de 2013, de lunes a viernes, publicaron en @ElTopoIlustrado una frase ilustrada, hasta completar 120 viñetas bilingües (castellano-inglés). En poco tiempo, llegaron a tener más de 25.000 seguidores.

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Mit Solarenergie in den Lüften

Flugpionier Bertrand Piccard als Ehrengast bei “ECO Suiza”

Von Marcus Christoph

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“Bertrand Piccard ist ein Pionier, der Träume realisiert, die für alle von Nutzen sind.” Der Schweizer Botschafter Johannes Matyassy war voller Freude, den weltbekannten Fieger, Abenteurer und Wissenschaftler aus Lausanne als Ehrengast des Projekts “ECO Suiza” in Buenos Aires begrüßen zu können. Dieses widmete sich in diesem Jahr mit mehreren Veranstaltungen dem Thema “Erneuerbare Energien”. Piccard (56) stellte in diesem Zusammenhang sein Vorhaben vor, mit dem Flugzeug “Solar Impulse 2” im kommenden Jahr die Erde umfliegen zu wollen.

Der Flugpionier, der bereits 1999 zusammen mit dem Briten Brian Jones als erster Mensch die Erde in einem Ballon umkreiste, stellte in der hiesigen Schweizer Residenz die Vorzüge des mit Solarenergie betriebenen Luftfahrzeuges dar: Es komme gänzlich ohne Treibstoff aus und könne theoretisch unbegrenzt lange fliegen – Tag und Nacht. Auf diese Weise könne die Luftfahrt zukünftig sehr viel umweltverträglicher sein, als sie es heute ist.

Piccard plant, seine Weltumrundung in der nördlichen Hemisphäre zwischen März und Juli 2015 zu starten und nach 25 Tagen am Ziel zu sein. Der Schweizer hatte bereits im Vorjahr mit seiner ersten Öko-Maschine 5000 Kilometer von San Francisco bis New York in mehreren Tagesetappen zurückgelegt. Der neue Prototyp “Solar Impulse 2” verfügt im Vergleich zum Vorgängermodell über eine größere Kabine, was den Piloten das Zurücklegen längerer Strecken ermöglichen soll.

Bei der geplanten Weltumrundung sind jeweils knapp einwöchige Etappen vorgesehen. In den Ländern, in denen das Flugzeug landet, sollen Infoveranstaltungen stattfinden. 2016 will Piccard dann auch die Südhalbkugel mit seinem Öko-Flugzeug besuchen und bei den Olympischen Spielen in Rio Station machen.

Piccard führte aus, dass erneuerbare Energien immer wichtiger würden. Sowohl mit Blick auf die Umwelt, aber auch für die Wirtschaft. Umwelttechnik generiere schließlich auch Arbeitsplätze. Wenn man es schaffe, wirtschaftliches Wachstum umweltverträglich zu gestalten, ergebe sich eine “Win-Win-Situation”, von der alle profitierten.

Voraussetzung, um die Welt entsprechend zu ändern, seien politischer Mut und Pioniergeist in der Forschung, so Piccard. Tugenden, die offenbar nicht überall vorhanden sind: So befinden sich unter den Sponsoren des “Solar-Impulse”-Projektes keine traditionellen Luftfahrtunternehmen. “Die Experten haben gesagt, dass es unmöglich sei, mit einem Flugzeug, das die Größe eines Jumbos und das Gewicht eines Kleinwagens habe, Tag und Nacht ohne Treibstoff zu fliegen”, berichtet der Schweizer. Doch die Geisteshaltung, das Ungewisse abzulehnen und im Alten zu verharren, führe zu Stagnation.

Piccard erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass man sich zu Zeiten von Flugpionieren wie den Gebrüdern Wright auch nicht habe vorstellen können, dass es einmal möglich sein könnte, mit Flugzeugen zu reisen, die Platz für mehrere Hundert Passagiere böten. Ob die Solarflugzeuge tatsächlich einmal die Luftfahrt revolutionieren werden, will Piccard allerdings nicht versprechen: “Es ist wie mit Samen. Wenn man welche sät, weiß man vorher auch nicht genau, wohin man kommt. Manche werden groß, andere nicht.”

Es komme aber darauf an, sich auf das Ungewisse einzulassen. Etwas, was Piccard seit seiner Kindheit fasziniert und in seiner Familie Tradition hat. Sein Großvater Auguste Piccard fuhr 1932 mit einem Ballon bis auf 16.940 Meter in die Stratosphäre, sein Vater Jacques Piccard brach mit dem Tiefsee-U-Boot “Trieste” im Marianengraben mit 10.916 Metern den Weltrekord im Tiefseetauchen.

Piccard nahm während seines Aufenthaltes in Argentinien an Podiumsgesprächen in der Katholischen Universität von Buenos Aires sowie in den Universitäten von La Plata und San Juan teil, bei denen es im Rahmen von „ECO Suiza“ um erneuerbare Energien ging. Seit 2011 organisiert die eidgenössische Auslandsvertretung in Argentinien jedes Jahr Veranstaltungen, die die Nachhaltigkeit fördern sollen. Zum Auftakt ging es um Tunnelbau. In den vergangenen Jahren standen die Themen “Architektur” und “Wasser” im Mittelpunkt. Insgesamt ist “ECO Suiza” auf zehn Jahre angelegt.

Foto:
Bertrand Piccard (l.) mit dem Schweizer Botschafter Johannes Matyassy.
(Foto: Marcus Christoph)

Reichtum und Staat

Reichtum steht zusehends am öffentlichen Pranger

Von Friedbert W. Böhm

reichtumStatement des Wirtschaftsministers eines als Demokratie verkleideten, südamerikanischen autoritären Regimes: Die Wirtschaft ist wie ein Luftballon. Sie steigt immer nach oben. Die Regierung muss nur aufpassen, die Strippe nicht aus der Hand zu geben.

Dieser Minister marxistischen Ursprungs steht der wirtschaftlichen Wirklichkeit natürlich ferner als der Polarstern. Er agiert zudem in einem durch Jahrzehnte des Populismus geprägten, katholischen Umfeld mit feudalistischen Reminiszenzen und sozialistischen Utopien. Aber auch in Gesellschaften mit langer marktwirtschaftlicher Tradition steht der Reichtum zusehends am öffentlichen Pranger, seit die überbordenden globalen Geldmengen vorwiegend Konzerne und Topmanager begünstigen. In Deutschland etwa streiten sich Politiker und Medien über wenig mehr als über eine höhere Besteuerung des Reichtums.

Dabei wird häufig ersichtlich, dass der Begriff Reichtum recht verschieden definiert wird und sowohl über seine moralische Berechtigung wie über seine gesellschaftlichen Auswirkungen überaus divergierende Ansichten bestehen. Ein Versuch zur Vereinheitlichung:

Die einschlägigen Statistiken sind kompliziert, unübersichtlich und von Land zu Land nur äußerst schwer vergleichbar. In Äthiopien würde ein schwedischer unterer Mittelständler als reich gelten, in Abu Dhabi kommen sich manche Millionäre arm vor. Reichtum ist relativ. Vermögen und Einkommen sind ziemlich verschiedene Dinge. In Argentinien existiert das Sprichwort vom reichen Estanciero, der nicht genug Geld hat, um das Taxi zu bezahlen. Es gibt, im Kontrast zum Estanciero, Einkommensmillionäre (im Show-Buissness, im Sport, Spekulanten), die es nie zu einem angemessenen Vermögen gebracht haben. Im Allgemeinen kann jedoch schon davon ausgegangen werden, dass große Vermögen und große Einkommen sich gegenseitig befördern.

Das Zustandekommen von Reichtum moralisch beurteilen zu wollen, gleicht dem Versuch, das Geschlecht der Engel zu ermitteln. Natürlich gibt es Extremfälle. Räuber und Korrupte sind zu verurteilen. Wer seine eigene Erfindung in jahrelanger Arbeit zu einem Weltprodukt entwickelte, verdient uneingeschränktes Lob. Aber die glücklichen Erben? Die Lottogewinner? Die erfolgreichen Sportler, Sänger, Künstler, Anwälte, die für einen Sieg, einen Auftritt, ein Werk, einen gewonnenen Prozess sechsstellige Summen kassieren? Die Topmanager, deren Meriten womöglich darin bestehen, in Davos, auf dem Poloplatz, im Jockeyklub, auf der Hannover Messe oder in Bayreuth ein Milliardengeschäft angebandelt zu haben? Es ist müßig, deren Leistung und deren Privilegien in Bezug zu setzen zu denen eines fähigen Technikers, Kaufmanns oder Beamten. Glück und Pech, Verwandt- und Freundschaften spielen halt auch in unseren hoch zivilisierten und reglementierten Gesellschaften ihre traditionelle Rolle und können durch die besten Gesetze nur eingedämmt, nicht ausgemerzt werden.

So ist es wohl erheblich zielführender, den Status des Reichtums nach dem Maß zu definieren, in welchem er der Allgemeinheit zugute kommt. In aller Regel besteht Wohlstand nur zum geringsten Teil aus Geldvermögen. Seinen Kern pflegen Firmenbeteiligungen, Grundstücke, Marken- und andere Rechte zu bilden. Das sind Aktiva, die initiativ und behutsam verwaltet werden wollen. Alle Erfahrung zeigt, dass private Besitzer dies erfolgreicher bewerkstelligen können als Staatsbeamte. Sie verdienen Geld damit, fördern aber auch das Gemeinwohl, indem sie Arbeitsplätze schaffen, Steuern zahlen, häufig Wohltätigkeit betreiben. Der Staat tut gut daran, ihnen unternehmerische Freiheit zu gewähren, jedoch darauf zu achten, dass die Steuern angemessen sind zu den Vorteilen, die er dem Unternehmer gewährt wie Rechtssicherheit, gut ausgebildete Arbeitnehmer mit ausreichender Gesundheits- und Altersversorgung, sozialen Frieden also, eine intakte Infrastruktur, Geldstabilität sowie die Verfolgung ausreichend günstiger auch internationaler Rahmenbedingungen. Außerdem hat der Staat darauf zu achten, dass Monopole und andere sittenwidrige Strategien unterbunden werden.

Aber auch Geldvermögen können der Gemeinschaft dienen, wenn sie vernünftig angelegt sind. Bankguthaben verwandeln sich schließlich im Finanzsystem in Kredite. Wenn diese vernünftigen Zwecken dienen, etwa der Erhöhung unternehmerischer Wettbewerbsfähigkeit, der besseren Energieversorgung oder der Wohnraumbeschaffung, kann der Profit für die Gesellschaft größer sein als der Zinsertrag für den Anleger. Es liegt auf der Hand, dass bei der Zweckbestimmung der Kredite die Verantwortung bei den Banken liegt (deren Vernunft seit einiger Zeit in Zweifel geraten ist). Natürlich kann ein einigermaßen erfahrener Geldinhaber den Zweck seiner Anlagen (in gewissen Grenzen) auch selbst bestimmen, indem er Aktien oder Investmentzertifikate kauft. Wenn er vernünftig sein will, sollte er dabei allerdings nicht unbedingt Waffenexporteure finanzieren oder die Errichtung von noch mehr Wolkenkratzern in Ölscheichtümern.

Was die Reichen mit ihren Einkünften nach Steuern machen, hat den verfassungsgemäß handelnden Staat nicht zu interessieren.

Mitnichten ist dies jedoch gesellschaftlich irrelevant. Hier kommen Vernunft und Anstand der Betreffenden ins Spiel. Niemand wird es einem Erfolgreichen verwehren wollen, in einem sehr schönen Haus mit großem Garten zu wohnen, Oberklassenautos zu fahren oder sich darin fahren zu lassen und, statt zu kegeln oder Briefmarken zu sammeln, Golf zu spielen oder mit einer Yacht auf dem Mittelmeer zu segeln. Wer jedoch die Priorität darauf setzt, im internationalen Jet Set zu reüssieren, wer nicht ein Feriendomizil oder eine Yacht besitzt, sondern solche im Tessin, in Katar, in London oder New York oder in der Ostsee, im Mittelmeer und in der Karibik, neben Jagdrevieren im Sachsenwald, in Rumänien und Patagonien, wer die teuersten Spezialisten bezahlt, um die letzte Steuersparlücke der Welt zu entdecken oder, um einer geringen Rentabilitätsverbesserung willen, langjährige Mitarbeiter auf die Straße setzt, der schafft gesellschaftlichen Sprengstoff. Er fördert mit seinem Geld nicht nur unverhältnismäßig teure, gesellschaftlich unnütze, Investitionen im Luxussektor, er löst auch Neid aus, bei Kollegen Gier, es ihm gleichzutun, und in manchen politischen Kreisen eine nicht unberechtigte Hoffnung, die Marktwirtschaft zu knebeln oder ganz abzuschaffen.

Und dagegen kann sich der Rechtsstaat nicht wehren.

Foto:
Das Zustandekommen von Reichtum moralisch beurteilen zu wollen, gleicht dem Versuch, das Geschlecht der Engel zu ermitteln.

125. Geburtstag des Argentinischen Tageblatts

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Fidel in allen Lebenslagen

Foto-Ausstellung über den kubanischen Revolutionsführer eröffnet

Von Marcus Christoph

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“Es ist eine Hommage an den Mann, der mit seinem Beispiel unser Leben verändert hat”. Große Worte wählte Juan Carlos Junio, der Vorsitzende des Centro Cultural de la Cooperación “Floreal Gorini”, zur Eröffnung der Fotoschau “Fidel – 83 Motivos”, die seit Dienstag für einen Monat in den Räumlichkeiten der erwähnten Kultureinrichtung in der Avenida Corrientes 1543 in Buenos Aires zu sehen ist.

Im Mittelpunkt steht der legendäre kubanische Revolutionsführer. Aufnahmen von fünf Fotografen – Osvaldo Salas, Liborio Noval, Roberto Salas, Pablo Caballero und Fidel-Sohn Alex Castro – zeigen den bärtigen Politiker in verschiedenen historischen Situationen von Ende der 50er Jahre bis zur Gegenwart. Die Bandbreite ist groß: Fidel mit Che Guevara kurz nach dem Sieg der Revolution, Fidel als Redner, Fidel als Baseballspieler, Fidel mit Ernest Hemingway, Fidel mit anderen historischen Größen wie Nelson Mandela, Salvador Allende, Papst Johannes Paul II. oder Hugo Chávez. Aber auch aktuelle Bilder wie das Treffen mit Cristina Fernández de Kirchner Anfang dieses Jahres sind bei der Ausstellung, die auf drei Säle verteilt ist, zu sehen.

Juan Carlos Junio erklärte bei dem Podiumsgespräch zur Vernissage, dass die emanzipatorischen Bewegungen in Lateinamerika letztlich alle mit Fidel begonnen hätten. Er habe lateinamerikanische Solidarität vorgelebt und gezeigt, dass es Sinn mache, zu kämpfen, um die Geschichte zu verändern. Und Kurator Juan Pablo Pérez fügte hinzu, dass Fidel nicht nur wichtig für Kuba, sondern für Revolutionen im Allgemeinen sei.

Jorge Lamadrid Mascaró, der kubanische Botschafter in Buenos Aires, hob die engen Bindungen zwischen Fidel und Argentinien hervor. Viermal habe der kubanische Revolutionsführer das Land am Río de la Plata besucht. So beispielsweise 2003 zur Einführung von Néstor Kirchner ins Präsidentenamt, als Fidel eine vielbeachtete Rede vor der Juristischen Fakultät hielt, oder 2006 beim Mercosur-Gipfel in Córdoba, am Rande dessen er mit Hugo Chávez das Che-Guevara-Museum in Alta Gracia besuchte. Die aktuelle Ausstellung bezeichnete der Botschafter vor diesem Hintergrund als “ausgezeichnete Initiative”.

foto 2Ursprünglich konzipiert wurde die Ausstellung 2009 zu Fidels 83. Geburtstag. Sie war zunächst in Mexiko und dann in Südafrika zu sehen. Die Federführung hatte die Kuratorin Marila Sarduy Salati inne. Diese war ebenso wie ihr Ehemann, der Fotograf und Fidel-Sohn Alex Castro, bei der Eröffnungsveranstaltung in Buenos Aires anwesend.

Am kommenden Montag wird im Rahmen der 40. Internationalen Buchmesse (Av. Sarmiento 2704, Buenos Aires) das Buch zur Ausstellung “Fidel – una historia, cinco miradas” vorgestellt. Beginn ist um 20.30 Uhr im Victoria-Ocampo-Saal im Weißen Pavillon. Auch für diese Veranstaltung haben sich der kubanische Botschafter Lamadrid Mascaró und Alex Castro angesagt.

Die Ausstellung ist während der Öffnungszeiten des Centro Cultural de la Cooperación “Floreal Gorini” (Av. Corrientes 1543, Buenos Aires) Montag bis Freitag 11 bis 22 Uhr, Sonnabend 14 bis 23 Uhr und Sonntag 14 bis 21 Uhr zu besichtigen, bis zum 25. Mai.

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Fotos von oben nach unten:

Impressionen aus der Foto-Ausstellung.

Fotograf und Fidel-Sohn Alex Castro.

(v.l.n.r.): Politologe Atilio Borón, Kuratorin Marila Sarduy Salati, Fotograf Alex Castro, CCC-Vorsitzender Juan Carlos Junio und Kuba-Botschafter Jorge Lamadrid Mascaró.
(Fotos: Marcus Christoph)

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Ausstellungskalender 26/04/2014-03/05/2014

Von Susanne Franz

culturaAm Abend des heutigen Samstags, 26. April, wird im Rahmen der 40. Internationalen Buchmesse von Buenos Aires, die am Donnerstag eröffnet wurde, der traditionelle “Día de la Ciudad” (Tag der Stadt Buenos Aires) begangen. Das bedeutet, dass ab 21 Uhr der Eintritt frei ist und auf der Messe, die bis 1 Uhr morgens geöffnet sein wird, ganz besondere kulturelle Leckerbissen angeboten werden – unter vielen anderen eine Hommage an die Klassiker der argentinischen Literatur.

Die Ausstellungen der Woche:

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Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 26/04/2014-03/05/2014

Por Susanne Franz

culturaHoy, sábado, 26 de abril, se desarrollará el “Día de la Ciudad” en la 40ª Feria Internacional del Libro de Buenos Aires, que se inauguró el jueves. A partir de las 21.00 horas, hay entrada libre. Se ofrecerán variadas actividades – entre muchas otras, un homenaje a los clásicos de la literatura argentina. La Feria estará abierta hasta la 01.00.

Las muestras de la semana:

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Multidimensionales Werk

Das komplexe Universum des Joseph Beuys in der Fundación Proa

Von Philipp Boos

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Nach Mueck kommt Beuys! Die Fundación Proa in Buenos Aires hat ein Näschen für große Künstler. Mit Beuys eröffnete die erste Ausstellung dieses Jahres, nachdem mit dem australischen Künstler Mueck und seinen hyperrealistischen Figuren erfolgreich die Jahreswende begangen wurde. Wer das Haus am Caminito schon mal besucht hat, weiß, die Museums-Crew ist immer gut informiert. Doch den Kunstinteressierten an Beuys heranzuführen, birgt einige Schwierigkeiten.

Wo Mueck für den jungfräulichen Betrachter erst einmal rein visuell funktionierte, ist bei Beuys Geduld, Einfühlungsvermögen und vor allem eine gehörige Portion Hintergrundwissen notwendig. Der Besucher sei also gut beraten, sich etwas zu belesen, so Pressechef Juan Pablo Correa. Der Aufenthalt in der Fundación unweit vom Caminito sei dann umso lohnenswerter.

Joseph Beuys (1921-1986), der in Krefeld das Licht der Welt erblickte, hatte sich schon zu Lebzeiten international einen Namen gemacht. Mit seiner theoretischen Kunstkonzeption betrat er Neuland, was ihm auch einen rasanten Aufstieg als Dozent in der Düsseldorfer Kunstakademie bescherte. Laut Beuys, sind die Persönlichkeit des Künstlers, sowie seine Handlungen, wichtiger als das “greifbare” Kunstwerk an sich.

Sein Werk kann in vier Bereiche eingeteilt werden: Materielle Arbeiten im traditionellen künstlerischen Sinne (Malerei und Zeichnungen, Objekte und Installationen), die Aktionen, die Kunsttheorie mit Lehrtätigkeit, sowie seine sozial-politischen Aktivitäten. Die Fundación Proa sucht in seiner Beuys-Ausstellung vor allem die Auseinandersetzung mit dessen künstlerischen Aktionen, die ihre Aussagen durch ihre Einmaligkeit begründeten. Eine nicht ganz einfache Aufgabe.

schlittenIn der Proa werden u.a. von seiner 1969 entstandenen Installation “Das Rudel (The Pack)” Original-Schlitten ausgestellt, die so losgelöst von ihrem Kontext beim Besucher unweigerlich zu Fragen führen. Das Gesamtwerk besteht aus einem VW-Bus und 24 Schlitten. Die aus der DDR importierten Schlitten lässt Beuys in Dreierreihe und entgegengesetzter Fahrtrichtung aus dem Fahrzeug “herausströmen”. Auf den einzelnen Schlitten befinden sich jeweils eine kleine Menge Fett, eine eingerollte Filzdecke und eine darauf liegende Stablampe. Mit Hilfe eines Arterienabbindegurtes wird das jeweilige Kit an die Schlitten fixiert.

Beuys selbst erklärte einmal, dass das auf den Schlitten montierte Gepäck Orientierung, Ernährung und Wärmehaltung bereitstellen würde, demnach als eine Art “Survival Kit” zu interpretieren sei. Eine weitere Lesart ist die von zwei unterschiedlichen Lebensformen: die der vorindustriellen Gesellschaften und die der westlichen, technologisierten Welt.

Auf der anderen Seite suggerieren die Schlitten ein Bedrohungsszenarium, eine mögliche Katastrophe deutet sich an, was die entgegengesetzte Ausrichtung der Schlitten erklärt. Eine andere Interpretation ist die des Rudels als Aggressor. Ende der 60er Jahre entstanden, repäsentieren die Schlitten somit die US-amerikanische Invasion in Vietnam, gewaltbereite Polizisten in den Studentenrevolten, etc.

Zusammen mit dem argentinischen Künstler Nicolás García Uriburu (geb. 1937) machte Jospeh Beuys u.a. auf der siebten Documenta (1982) in Kassel auf sich aufmerksam. Auf die Aktion der beiden wird auch in der Proa näher eingegangen. Beide Künstler engagierten sich damals aktiv im Umweltschutz. Uriburu machte sich 1968 erstmals einen Namen, als er im Rahmen der Biennale die Wasserkanäle von Venedig grün färbte. Eine Aktion, die er mit Beuys am Rhein, aber auch in seiner Heimat wiederholen sollte. Neben urbanen und von Asphalt und Beton dominierten Orten pflanzten sie in Kassel 7000 Eichen, womit sie auch dem Ausspruch von Beuys Gestalt verliehen, dass Worten immer Aktionen folgen sollten, um Veränderungen herbeizuführen.

1979 widmete das New Yorker Guggenheim-Museum Joseph Beuys als erstem deutschem Künstler eine groß angelegte Retrospektive. Als innovativer Künstler und Charakterkopf und uniformiert mit brauner Weste und Filzhut, ist er als einer der einflussreichsten zeitgenössischen Künstler des 20. Jahrhunderts in Erinnerung geblieben.

Die Ausstellung besteht aus 150 Werken und betont somit die Multidimensionalität seines Schaffens. Gezeigt werden Objekte, Skulpturen, Malerei, Installationen, Zeichnungen und Videos, die zwischen 1955 und 1985 entstanden sind.

  • Fundación Proa, Av. Pedro de Mendoza 1929, Buenos Aires.
  • Di-So 11-19 Uhr.
  • Eintritt 20 Pesos, Rentner 10, Studenten 5; dienstags gratis für Studenten.
  • Bis Juni.
  • Webseite (englisch).