Emotionale Zeitreise

“Las Multitudes” von Federico León im Centro Cultural San Martín

Von Susanne Franz


Es ist ein Theatererlebnis der besonderen Art. In seinem jüngsten Werk “Las Multitudes”, das momentan im Saal A/B des Centro Cultural San Martín (Sarmiento 1551, Buenos Aires) gezeigt wird, arbeitet der junge argentinische Theater- und Kinoregisseur Federico León mit 120 Schauspielern, mit Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, älteren und alten Menschen. Er schrieb das Werk, nachdem er vor zwei Jahren probeweise an einem Wochenende mit einer Gruppe von 100 Schauspielern zusammengekommen war, damit er sich die Wirkung einer solchen Masse vorstellen konnte.

In “Las Multitudes” bewegen sich die Menschen meistens im Schutz ihrer Altersgruppe, eine Ausnahme bilden die Familien mit Kindern, die aber keine größere Bedeutung im Stück haben. León sagt: “Sie sind nicht direkt in das Drama der Liebe involviert”, wie die anderen, die die “Hauptrollen” spielen: Die beiden Gruppen der jugendlichen Männer und Mädchen, die das Potenzial für die Zukunft, Idealismus, Sehnsucht und die Suche nach Liebe verkörpern, und die beiden Gruppen der alten Männer und Frauen, die Lebenserfahrung, Weisheit und Verzeihen symbolisieren, die aber auch auf eine berührende Weise “Kindsköpfe” sind. Die jungen Erwachsenen sind bereits gespalten: Während die jungen Männer sich noch für die jüngeren Mädchen interessieren, bauen die jungen Frauen mit ihnen schon an der Zukunft, der Familie. Hier herrscht noch eine Sehnsucht zurück in die Unberührtheit, während zugleich Zwänge, die die unerbittliche Zeit vorschreibt, nach vorne drängen.

Das Stück weist sehr sparsame Dialoge auf und verwendet bewusst eine einfache Sprache, die Akteure intonieren verhalten, wie in einem Traum. Mehr als Worte sind in dem Werk die Bewegungsströme der verschiedenen Gruppen von Bedeutung, die Art, wie die Akteure über die dunkle, fast völlig leere, riesige Bühne laufen, gehen, rennen, tanzen oder schreiten. Die sehr sparsame, indirekte Beleuchtung – teils durch Spots, teils durch Taschenlampen, die die Schauspieler tragen -, hebt nur selten Gesichter aus der Masse hervor, eher zeichnet sie geheimnisvolle Muster auf die helle Kleidung der Mitwirkenden oder setzt da Akzente, wo sie gänzlich “ausgeschaltet” wird.

Ein machtvollerer Faktor als das Wort ist auch die Musik (Federico León arbeitete in “Las Multitudes” erstmals mit einem Musiker, Diego Vainer, zusammen). Vom intensiven Raunen einer Gruppe Frauen nach einem Tanz über eine geheimnisvolle Melodie, die die alten Frauen den jungen weitergeben, bis zu einem melancholischen Duo mit Gitarre und Mundharmonika und sogar einem echten Rockkonzert ist die Musik der stärkste emotionale Träger des Werkes.

Zu Beginn ist die Menschenmenge in “Las Multitudes” heterogen, die einzelnen Gruppen sind untereinander zerstritten oder suchen einander, sind aber immer zur falschen Zeit am falschen Ort. Erst im Laufe des Stückes kommen die Menschen zusammen, fechten ihre Zwistigkeiten aus oder lösen sich schon mal aus ihrer Gruppe, um einem anderen Einzelnen allein zu begegnen.

Parallel dazu wird das Publikum, das als anonyme Masse der Schauspielergruppe gegenübersteht, zusehends in das Geschehen hineingezogen und schließlich zu einem Teil der Geschichte. Diese magische Kommunikation wird mit den scheinbar einfachsten Mitteln erreicht – kein Pathos trennt den “vortragenden” Schauspieler vom Zuschauer, der Humor ist nie manipulativ, sondern eher Situationskomik, mit der sich jeder identifizieren kann. Die Zuschauer können sich in dem Werk, das für jedes Alter geeignet ist, selbst wiederfinden, z.B. in einer der Altersgruppen, oder sie können sich zurückerinnern, oder sich die Zukunft vorstellen, oder alles gleichzeitig. Jeder fügt im Stillen seine eigene Geschichte, sein eigenes Potenzial, dem Werk hinzu.

“Las Multitudes” ist in gewisser Weise eine Zeitreise: Ein Trip durch ein (oder in ein) Raum-Zeit-Kontinuum, in dem die Zeit stehenzubleiben scheint, weil alle Zeiten gleichzeitig nebeneinander existieren, und in dem die Bewegungen der vielen Menschen im Raum auch deshalb eine so starke Wirkung haben, weil hier eigentlich gar keine Bewegung stattfinden dürfte.

In diesem paradoxen Universum gibt es so etwas wie einen Fixstern: Einen besonderen Schauspieler, der sowohl die Menge auf der Bühne als auch das Publikum steuert: Julián (gespielt von dem hervorragenden Schauspieler Julián Zucker) ist ein Kind auf der Schwelle zum Jugendlichenalter, der einzige, der als “isoliertes” Individuum auftritt. Die Figur Julián wurde von dem Werk selbst geboren, Federico León hatte sie zunächst nicht vorgesehen. “Julián ist derjenige, der das alles träumt, der, der die Fäden zieht”, sagt León über diesen kleinen Magier, der die “Multitudes” erklingen lässt wie ein Dirigent, der ein Orchester leitet.

Das sehr empfehlenswerte Werk kann man noch am heutigen Samstag, 8.12., am Sonntag, dem 9.12., am Donnerstag, dem 13.12., am Freitag, dem 14.12., und am Samstag, dem 15.12., jeweils um 21 Uhr sehen. Der Eintritt kostet 50 Pesos, donnerstags ermäßigt 30 Pesos. Für gebrechliche oder anderweitig behinderte Menschen ist extra vorne eine Reihe Stühle aufgestellt.

Foto:
Miteinander oder gegeneinander? Eine Szene aus “Las Multitudes”.
(Foto: Sebastián Arpesella)

Das Stück:
Federico Leóns jüngstes Theaterwerk “Las Multitudes” feierte Ende Juli 2012 im experimentellen Werkstatt-Theater TACEC in La Plata, Hauptstadt der Provinz Buenos Aires, seine Weltpremiere. Ende September wurde das Werk im Rahmen des internationalen Theaterfestivals “Foreign Affairs” in Berlin gefeiert; neben einigen Argentiniern aus dem Stamm-Ensemble machten dabei auch zahlreiche deutsche Schauspieler mit.

8. Geburtstag / Cumplimos 8

“Kunst in Argentinien” feiert heute seinen 8. Geburtstag und bedankt sich herzlich bei allen, die zum Gelingen beigetragen haben und beitragen:

Hoy, cumple 8 años “Kunst in Argentinien”, agradeciendo enormemente a todos que lo hicieron y lo hacen posible:

Susanne Franz (Herausgeberin/Editora)

Jenny Stern bei “Kunst in Argentinien”

Kunst und Argentinien: eine Kombination zweier Leidenschaften

Nachdem ich “Lateinamerika-Studien” in Deutschland studiert habe, bin ich nun wieder in Buenos Aires gelandet – mittlerweile zum dritten Mal. Die Stadt, ihre Menschen und besonders die unabhängige Kunst- und Kulturszene lassen mich schon lange nicht mehr los. Besonders interessiere ich mich für Fotografie und Film, Theater, Musik und Literatur. Deshalb habe ich vor Ort den Spanischunterricht kurzfristig durch einen Fotokurs ersetzt und konnte dabei nicht nur meine Sprachkompetenz erweitern, sondern mich voll und ganz meiner Liebe zur Fotografie widmen.

Meine Erfahrungen und Eindrücke, die ich in den kommenden Monaten in den Ausstellungen, Kinos, Theatern, Konzertsälen und Museen der argentinischen Hauptstadt sammeln werde, möchte ich mit den Lesern dieser Seite teilen.

Arte y Argentina: una combinación de dos pasiones

Después de recibirme en “Estudios Latinoamericanos” (que son los estudios de la política, historia y cultura de Latinoamérica) en Alemania llegué a Buenos Aires una vez más – ya por tercera vez. La ciudad, su gente y sobre todo la movida artística y cultural independiente ya no me sueltan más. En especial me interesan la fotografía y las películas, el teatro, la música y la literatura. Por eso cambié de un día para el otro las clases de castellano por un curso de fotografía, donde no solo podía ampliar mi conocimiento por el idioma, sino también dedicarme a pleno a mi pasión por la fotografía.

Mis experiencias y mis impresiones, que voy a vivir dentro de los próximos meses en las exposiciones, los cines, las salas de concierto y los museos de la capital argentina, quiero compartirlas con los visitantes de esta página.

Multitasking im 17. Jahrhundert

Große Rubens-Schau im Wuppertaler Von der Heydt-Museum

Von Nicole Büsing und Heiko Klaas


Während er ausnahmsweise einmal nicht auf Reisen war und in seinem Antwerpener Atelier voller Inbrunst und Hingabe an einem Gemälde arbeitete, ließ sich Peter Paul Rubens von einem Assistenten aus Tacitus vorlesen. Einem anderen Assistenten diktierte er gleichzeitig einen Brief, und ganz nebenbei hatte er auch noch die Zeit und Muße, einem Besucher Rede und Antwort zu stehen. Von dieser ganz erstaunlichen Mehrfachbegabung berichtet jedenfalls ein zeitgenössischer dänischer Arzt, der das Glück hatte, das wohl wichtigste Malergenie des 17. Jahrhunderts höchstpersönlich erleben zu dürfen, in seinen Briefen.

Dass der 1577 im südwestfälischen Siegen geborene Peter Paul Rubens weit mehr war als der Maler üppiger, barocker Frauengestalten und verklärender Heiligendarstellungen, stellt jetzt eine opulent ausgestattete Ausstellung im Wuppertaler Von der Heydt-Museum unter Beweis. Anhand von rund 40 eigenhändigen Rubens-Werken, die um zahlreiche Arbeiten aus der Werkstatt und dem künstlerischen Umfeld des Antwerpener Meisters ergänzt werden, wagt die Schau die These, dass Rubens, wäre er nicht durch seine Malerei berühmt geworden, auch als Diplomat im Dienste verschiedener europäischer Herrscherhäuser zu Ruhm und Ehre gekommen wäre. Neben vielen großformatigen Gemälden sind in der von Gerhard Finckh und Nicole Hartje-Grave kuratierten Schau auch Arbeiten auf Papier, Tapisserien, Bücher und Briefe zu sehen.

Sein Vater, ein angesehener Antwerpener Jurist, hatte seine Heimatstadt einst unter dramatischen Umständen verlassen müssen. Ihm wurde vorgeworfen, Calvinist zu sein. Ein Verdacht, der nie ganz aufgeklärt werden konnte. Peter Paul Rubens selbst, der nach dem Tod des Vaters im Alter von 22 Jahren gemeinsam mit seiner Mutter und den Geschwistern aus dem deutschen Exil nach Antwerpen zurückgekehrt war, entwickelte sich dort geradezu zu einem Propagandisten der bildgewaltigen katholischen Gegenreformation. In den großen europäischen Königsfamilien, im katholischen Klerus, aber auch in den Patriziern, Zünften, Gilden und Ratsherren seiner Heimatstadt Antwerpen fand er finanzkräftige Abnehmer, die es ihm ermöglichten, einen florierenden Atelierbetrieb mit bis zu 100 Mitarbeitern zu unterhalten.

Trotz aller künstlerischen und wirtschaftlichen Erfolge: Peter Paul Rubens lebte in bewegten und kriegerischen Zeiten. Sein Privileg, als europaweit anerkannter Künstler zwischen den verfeindeten Herrscherhäusern verkehren zu können, betrachtete er als Verpflichtung, sich für den Frieden in Europa einzusetzen. Dass seine Malerei dabei nicht als bloß illustrierendes sondern als selbstbewusst argumentierendes Medium nonverbaler Kommunikation diente, unterstreicht die Wuppertaler Schau anhand zahlreicher Beispiele. Antike und alttestamentarisch unterfütterte Allegorien auf Krieg und Frieden lieferten den Betrachtern seiner Zeit Anschauungsmaterial und Argumentionshilfen – auch zum Verständnis und zur Auflösung aktuell bestehender Konflikte. So zum Beispiel das aus dem Budapester Szépmüvészeti Múzeum stammende Gemälde “Mucius Scaevola vor Porsenna” von 1626-28. Vor der Erzählfolie einer Episode aus der römischen Geschichte zeigt Rubens, zu welchem menschlichen Unrecht irregeleiteter Zorn führen kann. Dieses und sieben weitere Gemälde im Gepäck, gelang es Rubens, den spanischen König Philipp IV. davon zu überzeugen, für ihn Friedensverhandlungen mit seinem englischen Widerpart, König Karl I., führen zu dürfen.

Die Wuppertaler Ausstellung, die ihre Materialfülle nicht zuletzt der derzeitigen Renovierung und mehrjährigen Schließung des Antwerpener Museums voor Schone Kunsten verdankt, beschränkt sich jedoch nicht nur auf Rubens’ bisher unterschätzte diplomatische Qualitäten. In insgesamt acht biografisch untermauerten Themenkreisen wird unter anderem untersucht, wie Rubens den Bilderhunger seiner ganz unterschiedlichen Auftraggeber, nämlich Kirche, Hochadel und vermögendes Bürgertum, einerseits bediente, andererseits aber stets darauf achtete, seine eigene humanistische Weltanschauung nicht zu verleugnen – und sei es in Form kleinster Nebenerzählungen, die nur wenige zeitgenössische Insider überhaupt dechiffrieren konnten.

Der Tatsache, dass Rubens’ barocke Meisterwerke von heutigen Zeitgenossen nur noch bis zu einem gewissen Grade gelesen und verstanden werden können, trägt die Wuppertaler Schau Rechnung, indem sie sowohl in den erläuternden Saaltexten als auch im wissenschaftlich hervorragend erarbeiteten Katalog das historische und geistesgeschichtliche Umfeld seiner Malerei ausführlich erläutert. Rubens selbst war es leider nicht vergönnt, den von ihm so herbeigesehnten europäischen Frieden noch zu erleben. Acht Jahre vor dem Westfälischen Friedensschluss 1648 in Münster stirbt er, von Gicht gelähmt und nur 62 Jahre alt, 1640 in seinem Haus in Antwerpen.

Fotos von oben nach unten:

Peter Paul Rubens, “Wildschweinjagd”, um 1615/16. Foto: Marseilles, Musée des Beaux-Arts.

Peter Paul Rubens, “Der hl. Franziskus empfängt das Jesukind aus den Händen der Madonna”, Öl auf Leinwand, 234 x 184 cm. Lille, Palais des Beaux-Arts.

Peter Paul Rubens, “Venus und Amor”, um 1615. Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza.

Auf Geistersuche

Fotoausstellung “Gualicho” von Mariana Bersten in San Telmo

Von Jenny Stern


Eine verlassene Lagune, ein ausgestorbenes Dorf und einsturzgefährdete Ruinen. In dieser gespenstischen Atmosphäre inszeniert Mariana Bersten ihre Fotografien, die bis zum 12. Dezember 2012 in der Ausstellung “Gualicho” im El Mirador Espacio (Brasil 301) im Buenos Aires-Stadtteil San Telmo zu bestaunen sind. Bis die Fotografin den Ort mit dieser einzigartigen Stimmung gefunden hatte, verging einige Zeit. Die Lagune Melincué, die sich im Süden der Provinz Santa Fe befindet, und ein verfallenes Hotel, das einst die Oberschicht Argentiniens frequentierte, schienen der perfekte Schauplatz für ihre Aufnahmen zu sein.

Die argentinische Künstlerin, die Fotografie und Kunst in New York studierte, möchte mit ihren Bildern eine Geschichte erzählen: Nach einer alten Legende ruhen in dem alten Hotel die Geister der ehemaligen Gäste. Heute wollen sie ein Fest feiern. Einige Fotos sind in Kleinformat zu sehen, andere wurden auf große Leinwände projiziert. Sie sind ernst und intensiv, zeigen die Silhouette des Hotels im Sonnenuntergang, festlich gekleidete Frauen, die sich im weichen Sonnenlicht auf dem kalten Stein räkeln, und melancholische Männer in vornehmen Anzügen, die Flöte spielen oder sich mit Hilfe von weißen Luftballons in die Luft erheben.

Dreimal musste die Künstlerin mit ihrem Team an den Schauplatz reisen. Mit der gesamten Vor- und Nachbereitung, den Kostümen und der Schminke für die Models, habe das Projekt mehr einer Film- als einer Fotoproduktion geglichen, so Bersten.

Informationen auf der Webseite von El Mirador Espacio.

Im Spaghetti-Western-Rausch

Filmzyklus “Leone vuelve” im Leopoldo Lugones-Saal in Buenos Aires

Von Susanne Franz


Im Februar lief der Filmzyklus schon einmal und war ein riesiger Publikumserfolg: Nun wird die Filmreihe “Leone vuelve” (Leone kommt zurück) erneut im Leopoldo Lugones-Saal des San Martín Theaters in Buenos Aires (Av. Corrientes 1530) gezeigt. Fünf restaurierte Klassiker des legendären Meisters des Spaghetti-Westerns Sergio Leone (1929-1989) kommen vom 1.12. bis zum 9.12. zur Aufführung.

Programm:

  • 1.12. und 2.12., 14.30 und 19.30 Uhr: “Érase una vez en América” (Once Upon a Time in America) – USA/Italien 1984. 229 Min. Regie: Sergio Leone. Mit Robert De Niro, James Woods, Jennifer Connelly.
  • 3.12., 14.30, 17 und 22 Uhr: “Por un puñado de dólares” (Per un pugno di dollari) – Italien/Spanien/Deutschland 1964. 99 Min. Regie: Sergio Leone. Mit Clint Eastwood, Marianne Koch, Gian Maria Volonté.
  • 4.12., 14.30, 18 und 21 Uhr: “Por unos dólares más” (Per qualche dollaro in più) – Italien/Spanien/Deutschland 1965). 132 Min. Regie: Sergio Leone. Mit Clint Eastwood, Lee Van Cleef, Gian Maria Volonté.
  • 5.12. und 6.12., 14.30 und 19.30 Uhr: “El bueno, el malo y el feo” (Il buono, il brutto, il cattivo) – Italien/Spanien/Deutschland 1966. 179 Min. Regie: Sergio Leone. Mit Clint Eastwood, Eli Wallach, Lee Van Cleef.
  • 7.12. und 9.12., 14.30, 18 und 21 Uhr: “Érase una vez en el Oeste” (C’era una volta il West) – Italien/USA 1968. 165 Min. Regie: Sergio Leone. Mit Henry Fonda, Charles Bronson, Claudia Cardinale, Jason Robards, Woody Strode.
  • 8.12.: keine Vorstellung.

Eintritt 20, ermäßigt 10 Pesos.

Infos hier.

Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 01/12/2012-08/12/2012

Von Susanne Franz


Bis März 2013 kann man im Malba die Ausstellung “Adquisiciones, donaciones y comodatos 2012” besuchen, eine Schau, die die im Jahr 2012 erworbenen oder als Schenkungen bzw. in Form von Leihgaben zur Sammlung hinzugekommenen Werke vorstellt.

Die 21 Zeichnungen, Gemälde, Fotos, Objekte und Installationen wurden von den Künstlern Leo Battistelli, Fernando Brizuela, Manuel Esnoz, Mirtha Dermisache, Claudia Fontes, Víctor Grippo, Alfredo Hlito, Fabio Kacero, Nicolás Mastracchio, Cristina Schiavi (u.a.) von den 70er Jahren bis heute geschaffen.

Im 1. Stock des Museums kann man weiterhin die von Philip Larratt-Smith kuratierte Ausstellung “How It Feels” mit Videos der britischen Künstlerin Tracey Emin besuchen.

Die Ausstellungen der Woche:

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Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 01/12/2012-08/12/2012

Por Susanne Franz


Hasta marzo de 2013, se podrá visitar en el Malba, “Adquisiciones, donaciones y comodatos 2012”, una exposición que reúne las últimas compras realizadas en el marco del Programa de Adquisiciones. También se exhiben las donaciones y los comodatos confiados al Museo a lo largo de 2012.

La muestra presenta una selección de 21 obras, entre dibujos, pinturas, fotografías, objetos e instalaciones, de los artistas Leo Battistelli, Fernando Brizuela, Manuel Esnoz, Mirtha Dermisache, Claudia Fontes, Víctor Grippo, Alfredo Hlito, Fabio Kacero, Nicolás Mastracchio, Cristina Schiavi (entre otros), realizados desde los años 70 hasta hoy.

En el primer piso del Museo, sigue la muestra “How It Feels”, con videos de la artista inglesa Tracey Emin, curada por Philip Larratt-Smith.

Las muestras de la semana:

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Vorsicht, frisch gestrichen!

In der “Biblioteca Nacional”

Von Uwe Schoor

CTBA-Spielzeit “a la Gruyère”

2013 im Complejo Teatral de Buenos Aires: volles Programm und Umbauarbeiten

Von Susanne Franz


“Unsere kommende Theaterspielzeit wird ein wenig wie ein Gruyère-Käse sein”, sagte Alberto Ligaluppi, der Direktor des Complejo Teatral de Buenos Aires, am Dienstagmittag bei der Pressekonferenz zur Ankündigung der Saison 2013 im CTBA, zu dem neben den Sälen des Teatro San Martín und dem Teatro Alvear auf der Theatermeile Corrientes auch das Teatro Regio in Palermo, das Teatro de la Ribera in La Boca und das Teatro Sarmiento neben dem Zoo von Buenos Aires gehören. Im letzteren fand die Veranstaltung statt, in deren Rahmen auch die Minister der Stadtregierung Hernán Lombardi (Kultur und Tourismus) und Daniel Chain (Öffentliche Bauten und Stadtentwicklung) sowie die Vorsitzende der Freunde und Förderer des Teatro San Martín, Eva Soldati, zu Wort kamen.

Ligaluppi bezog sich mit seiner Käsemetapher auf die umfangreichen Umbauarbeiten, die im Jahr 2013 im San Martín-Theater vorgenommen werden. Um die Genüsse herum müsse man in der kommenden Saison wohl manchem Schlagloch ausweichen. Der Theaterbetrieb werde aber nicht unterbrochen, betonte Ligaluppi. Mitte 2014 sollen die Renovierungsarbeiten beendet sein, “und dann wird gefeiert!”, sagte Daniel Chain, der mit seinem Team schon für die Erneuerung des Teatro Colón und der “Usina de las Artes” verantwortlich zeichnete.

Auch Eva Soldati kündigte zwei wichtige Projekte für das kommende Jahr an. Der Verein der Freunde und Förderer werde den Kostümfundus des Theaters in neuem Glanz erstrahlen lassen und ihn digitalisieren, so dass die Verantwortlichen künftiger Produktionen sich mit einem Mausklick einen Überblick darüber verschaffen können, was im Haus zur Verfügung steht. Auch andere Theater der Stadt könnten davon profitieren, so Soldati.

Geplant ist auch die Einrichtung einer Schule, an der Handwerksberufe im Theaterbereich erlernt werden können. An dieser “Escuela de Artes y Oficios Teatrales” sollen laut Soldati die im Verschwinden begriffenen Berufe und Künste erhalten und an kommende Generationen weitergegeben werden.

Alle dankten Banco Ciudad, dem Hauptsponsor des Theaterkomplexes, ohne den es unmöglich sei, neue Projekte anzugehen, und ohne den die laufende Spielzeit 2012 kein so großer Erfolg hätte werden können, sagte Ligaluppi. “Wir hatten in diesem Jahr eine Auslastung von 70 Prozent”, so der Direktor, “und wir haben die Anzahl der jungen Zuschauer verdoppelt.” Das war eines der Ziele gewesen, die Ligaluppi für 2012 anvisiert hatte. 2013 soll in dieser Hinsicht noch mehr getan werden: “Wir richten eine Art Last-Minute-Verkauf für junge Leute ein”, sagte Ligaluppi. Die übriggebliebenen Karten sollen kurz vor Vorstellungsbeginn für einen geringen Betrag erworben werden können. Die Eintrittspreise sollen 2013 im Übrigen auch nicht mehr als um 10% verteuert werden, so dass der CTBA bei gleichbleibend hoher Qualität des Angebots weiter günstig sein wird.

“Buenos Aires ist eine Stadt der Theaterbesessenen”, hatte Kulturminister Lombardi gleich zu Beginn der Pressekonferenz gesagt. “Man kann also eigentlich gar nichts Besseres tun, als ins Theater zu investieren!” Er selbst freue sich schon sehr auf die Spielzeit 2013, die bereits im Januar startet – ebenfalls eine Neuerung, die all diejenigen Porteños glücklich machen wird, die im Sommer zu Hause bleiben, und auch die vielen Touristen aus dem Landesinneren Argentiniens, aus Lateinamerika und der Welt, für die Buenos Aires ein attraktives Reiseziel ist.

Das CTBA-Programm 2013 umfasst Theater, Tanz, Musik, Kino, Fotografie, Puppenspiel, Kursangebote, Workshops und Vortragsreihen sowie das Crossover-Programm “Rituales de Pasaje”. Zu den Leckerbissen aus dem deutschsprachigen Raum gehört eine umfassende Retrospektive des deutschen Filmemachers Werner Schroeter (1945-2010), die mit der Unterstützung des Goethe-Instituts Buenos Aires im Lugones-Saal des San Martín-Theaters gezeigt werden wird. Im August wird Heiner Goebbels‘ Musiktheater “Black on White” durch das Frankfurter “Ensemble Modern” aufgeführt, für das der 1952 geborene deutsche Komponist und Theaterregisseur das Werk geschrieben hat.

Im November 2013 kann man im Rahmen des von Martín Bauer koordinierten 13. Zyklus Zeitgenössischer Musik Konzerte des KNM – Kammerensemble Neue Musik aus Berlin und der Münchner Violinistin Caroline Widmann erleben; in “Quaderno di Strada” wirkt der österreichische Bass-Bariton Otto Katzameier mit, und bei der Oper “Prometeo” hat der Schweizer Baldur Brönnimann die musikalische Leitung inne.

Infos und Programm auf der Webseite des CTBA.

Foto:
(v.l.) Eva Soldati, Hernán Lombardi, Daniel Chain, Alberto Ligaluppi.
(Foto: Alicia Rojo)

Künstler und Kultfigur: Zum 10. Todestag von Federico Klemm

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Mit Federico Klemm hat Argentiniens Kulturszene eine Persönlichkeit verloren

Von Susanne Franz

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Buenos Aires ist ärmer geworden. Die schillerndste Persönlichkeit der Kunstszene ist am 27. November 2002 gestorben – Federico Klemm. Er war eine lebende Legende, ein Mythos, eine glitzernde Randfigur, exzentrisch und schrill, so dass viele ihn als Witzfigur abstempelten, wenn sie ihn nicht schon wegen seiner Homosexualität verachteten. Das Bild von sich selbst, das er nach außen projizierte, hatte mit dem wirklichen Federico Klemm nicht viel zu tun, wohl diente es dazu, seine Verletzlichkeit zu überdecken. Der Tod hat ihn besiegt, aber zu seinen Lebzeiten war er ein Kämpfer in eigener Sache und hat die Gerüchte und Bösartigkeiten, die oft über ihn verbreitet wurden, eher noch genährt. Ein gefährliches Spiel, das die öffentliche Person Klemm, der sicher auch aus Eitelkeit das Licht der Kameras suchte, und die private Person Klemm miteinander spielten.

Die (Klatsch)Presse, deren liebstes Kind er einst gewesen ist, hat verhalten auf Federico Klemms Tod reagiert. Vielleicht ist klar geworden, dass man wenig von ihm wusste hinter der auffällig gekleideten, kunstvoll frisierten, geschminkten Oberfläche, die er zu gerne bot. Federico Klemm wurde 60 Jahre alt. Er hat alles daran gesetzt, jünger zu wirken. Seine Schönheit, die langsam verging, verewigte er in Porträts, Selbstbildnissen und Skulpturen. Junge und schöne Körper, hauptsächlich von Männern, dienten als Modelle für seine mystisch-theatralischen Gemälde. Man könnte meinen, dass Frauen für ihn in die Kategorien Göttinnen oder Heilige (u.a. in den Porträts seiner Mutter) oder Huren (wie die Verräterin Dalila in seinem letzten Zyklus, “Samson und Dalila”) fielen, jedoch wenn man ihn kannte, wusste man, dass er einen zwanglosen, sehr freundschaftlichen Umgang mit Frauen hatte und sie sehr schätzte.

Was Federico Klemm am meisten auszeichnete, waren seine Liebe zur Kunst, sein sensibles Gespür und sein universelles Wissen. Einen Teil des Vermögens, das er von seinem Vater geerbt hatte, investierte er in eine Sammlung zeitgenössischer Kunst, zu der Werke von Roy Lichtenstein, Andy Warhol, Jeff Koons, Robert Rauschenberg und Sol LeWitt ebenso zählten wie Werke von de Chirico, Picasso oder Dalí, Magritte und Chagall, Max Ernst und Joseph Beuys. Auch Argentinier waren natürlich in Klemms Sammlung vertreten, darunter Xul Solar, Libero Badii, Roberto Aizenberg, Raquel Forner, Ernesto Deira, Lucio Fontana, Edgardo Giménez, Guillermo Kuitca, Raúl Lozza, Rómulo Macció und Enio Iommi.

Durch die von ihm gegründete Stiftung “Fundación Federico Jorge Klemm”, die er als Präsident leitete, förderte Klemm junge Talente. Er stellte unbekannte Künstler zusammen mit renommierten Meistern aus und eröffnete später einen zusätzlichen Raum, “Espacio Cinco”, der allein neuen Tendenzen gewidmet war und den er dem Kurator López Anaya anvertraute, der in Buenos Aires zu den einflussreichsten Streitern für die moderne Kunst zählte.

Sein Fernsehprogramm “El Banquete Telemático”, mit dem er Kunst einem Massenpublikum vermitteln wollte, nahm in den letzten Jahren viel seiner Energie in Anspruch. Er investierte weniger Zeit in sein eigenes künstlerisches Schaffen, leider, stellte aber dennoch ungefähr im Jahresrhythmus neue Arbeiten vor. Die letzte Ausstellung im April 2002 im Centro Cultural Recoleta war dem biblischen Mythos “Samson und Dalila” gewidmet, mit dem Klemm sich auseinandersetzte. Ein Teil dieser Arbeiten ist in seiner “Fundación” zu sehen, für deren Weiterbestehen er vor seinem Tod noch gesorgt hat: Er hinterließ der Akademie der Schönen Künste (Asociación Nacional de Bellas Artes, ANBA) genügend Geld, um die Verwaltung der Stiftung übernehmen zu können.

Klemm, der einen deutschen Pass hatte und fließend Deutsch sprach – obwohl dieses nach dem Tod seiner geliebten Mutter Rosa im Jahr 2000 etwas eingerostet war -, fühlte sich Zeit seines Lebens den europäischen Traditionen und Gedankengut verbunden. Als Sechsjähriger kam er nach Argentinien und war so mit dem hiesigen Kulturleben verwachsen, dass ihn niemand als Deutschen ansah. “Es ist mir immer peinlich, wenn sie mich hier fragen, was ich eigentlich gewählt habe”, gestand er einmal bei einem Gespräch bei einer Ausstellungseröffnung in der “Fundación” – zu dem er sich wie immer an einen Tisch setzen musste, denn “im Stehen kann ich kein Deutsch reden!”.

Warum in diesen letzten Tagen der Tod Federico Klemms so wenig Schlagzeilen gemacht hat, ist eigentlich kaum nachvollziehbar. Vielleicht müssen sich die argentinischen Medien erst von dem Schock erholen, eine Einordnung des Phänomens Klemm beginnen und dann Abschied von ihm nehmen.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 07.12.2002.