Das 6. Deutsche Kino-Festival wird am kommenden Donnerstag mit “Sommer vorm Balkon” von Andreas Dresen eingeläutet
Von Susen Hermann
Katrin (Inka Friedrich) und Nike (Nadja Uhl) verzweifeln in Andreas Dresens Komödie “Sommer vorm Balkon” an der Männerwelt.
“Ick werd’ Nike jenannt”, stellt sich die schlanke Blondine der pflegebedürftigen Helene vor, bevor sie ihren Abwasch macht und das Essen zubereitet. Nach Helene fährt Nike mit ihrem klapprigen Rad zu Oskar. Auch der Kriegsveteran wird von ihr gepflegt und schwärmt über ihren guten Kaffee. “Dit is Tee, Oskar”, korrigiert sie ihn mit liebevoller Berliner Schnauze.
Nike lebt in einem Mietshaus in Berlin. Katrin auch. Nike arbeitet in der Altenpflege, Katrin ist arbeitslos. Nike lebt in ihrem Chaos, Katrin zusammen mit ihrem Sohn. Doch ein Problem teilen sich die sympathischen Frauen: die Männerwelt. Allabendlich treffen sich die beiden weintrinkend auf Nikes Balkon, um all die kleinen und großen Probleme miteinander zu teilen. Doch dann tritt Ronald in ihr Leben.
Ronald ist Lastkraftwagenfahrer. Ronald kennt die deutsche Autobahn und er kennt seinen Truck. Den Schriftsteller Stendhal kennt Ronald nicht. Und auch nicht die Basis einer funktionierenden Beziehung. Er ist ein Macho, er hat keinen Verstand und nun hat er auch noch Nike. Die musste sich ausgerechnet in den dreifachen Vater verlieben. Jetzt hat sie nicht nur die Probleme mit ihrer Chefin und Helenes Tochter, sondern auch noch Ronald am Hals. Dieser zieht Hals über Kopf bei ihr ein und zerstört die gemütlichen Abende mit Katrin.
Andreas Dresens Komödie “Sommer vorm Balkon” ist anders. Sie hat keinen Anfang und eigentlich auch kein Ende. Sie beginnt mitten in einem Vorstellungsgespräch in Berlin und endet mitten im Leben zweier Frauen, die es dem Zuschauer erlaubten, einen Blick in ihr Leben zu werfen. Mit ihnen zu arbeiten, mit ihnen den richtigen Mann zu finden und mit ihnen den Rotwein auf dem Balkon zu genießen.
“Verano en Berlín”, so der spanische Titel, zeigt Berlin von seiner typischen Seite: seine Straßen, U-Bahnstationen, seine Jugend und seine Alten, die allein in ihren mit Blümchentapete tapezierten Wohnungen auf den Tod warten. Es ist eine Aneinanderreihung von verschiedensten Szenen aus dem Großstadtleben. Trauer, Mitgefühl, aber auch eine gesunde Portion Witz nehmen den Zuschauer mit auf eine Reise ins Berliner Leben.
Auch die Schauspieler gehen in ihren Rollen auf. Inka Friedrich überzeugt als alkoholabhängige Katrin, die darauf besteht, nicht 40, sondern 39 1/2 zu sein. Nadja Uhl als Nike, die in Stretchjeans und knallengen T-Shirts frischen Wind in die Altenpflege bringt, und natürlich Andreas Schmidt. Dieser spielt die Rolle des dummen und machomäßigen Lastkraftwagenfahrers so überzeugend, dass man am liebsten selbst einschreiten möchte, um der verliebten Nike die Augen zu öffnen.
“Genau so ist Berlin”, schwärmt die Berlinerin Jule Fischer, die sich zur Zeit in Buenos Aires aufhält und in Dresens Film ein Stück Heimat wiederentdeckt hat.
Mit “Verano en Berlín” wird am Donnerstag das “VI. Festival de Cine Alemán” für geladene Gäste eröffnet. Die Komödie wird am Samstag, den 30. September, um 22.40 Uhr; am Dienstag, 03. Oktober, um 17.40 Uhr sowie am Mittwoch, 04. Oktober, um 15 Uhr im Rahmen des Festivals wiederholt.
Noch neun weitere Langspielfilme aus Deutschland stehen auf dem Programm. Die Filme werden in deutscher Sprache und mit spanischer oder englischer Untertitelung ausgestrahlt. Das Festival beginnt am Donnerstag, den 28. September, und endet am Mittwoch, den 04. Oktober.
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