Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 31/03/2012-07/04/2012

Por Susanne Franz

En el marco de la muestra “Del Texto a la Imagen”, que se inauguró el miércoles en la sede de Paraná 1159 del Centro Cultural de España en Buenos Aires (CCEBA), el Goethe-Institut presenta “Vuelta a la Manzana” de Sol Arrese y Lanfranco Ezpeleta. “Vuelta a la Manzana” es una obra que rinde homenaje a la ciudad de Buenos Aires y al libro como objeto y soporte de un relato visual. El libro narra un recorrido cotidiano en la Ciudad de Buenos Aires. A modo de método topográfico, los artistas recorren el perímetro de la manzana que habitan y fotografían sistemáticamente todas sus casas, dejando que ellas cuenten sus historias y las de sus habitantes. Esta vuelta a la manzana es una puesta en escena que propone una lectura circular, un recorrido que puede plegarse y extenderse, que está en constante movimiento, como un mapa cotidiano de lo colectivo. El libro impreso a color mide 13 x 23 cm en formato plegado y 13 X 930 cm en formato desplegado.

“Del Texto a la Imagen” incluye la instalación “El viaje en trineo” de Fabio Kacero y los videos “En Juego” de Eugenio Ampudia y “T’es pas la seule” de Billy Cowie. La muestra fue organizada en el marco de “Buenos Aires Capital Mundial del Libro” por la Asociación de institutos culturales europeos en Buenos Aires EUNIC, conformada por el CCEBA (Centro Cultural de España en Buenos Aires), la Embajada de Suiza, el Istituto Italiano di Cultura, la Alianza Francesa de Buenos Aires, el British Council y el Goethe-Institut.

Horario de visita: Lun-Vie 10.30-20, Sáb 10.30-14 hs.

Las muestras de la semana:

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Tim Robbins besucht Buenos Aires

Der US-Schauspieler und -Dramaturg zeigt seine Inszenierung von Orwells “1984” im San Martín-Theater und präsentiert im Rahmen einer ihm gewidmeten Filmreihe “Dead Man Walking”

Von Susanne Franz

Im Rahmen seiner internationalen Gastspielreihe hält das San Martín-Theater in diesem Jahr eine besondere Überraschung bereit. Der US-amerikanische Schauspieler, Regisseur und Produzent Tim Robbins präsentiert die von ihm in Szene gesetzte Version von George Orwells düsterem Roman “1984”. Die US-Schauspieltruppe “The Actors’ Gang”, deren künstlerischer Leiter Robbins ist, wird das Stück dreimal im Martín Coronado-Saal des Theaters zeigen, am 12., 13. und 14. April jeweils um 20.30 Uhr. Karten zu 110 bzw. 80 Pesos erhält man im Internet oder an den Theaterkassen.

Der Hollywoodstar, der für den Eastwood-Film “Mystic River” einen Oscar als bester Nebendarsteller erhielt, verbindet seine Tätigkeit als anerkannter Theatermacher und Verfasser von bislang sieben Bühnenwerken mit seinem sozialen Engagement und seinem Einsatz für die Menschenrechte. So wird etwa seine Bühnenadaptation von “Dead Man Walking” – ein leidenschaftlicher Aufruf gegen die Todesstrafe – seit zwei Jahren auf US-amerikanischen Bühnen gezeigt, nachdem sie bereits in die Lehrpläne von 150 US-Universitäten aufgenommen wurde. Tim Robbins kommt persönlich nach Buenos Aires, wo er eine Pressekonferenz gibt und eine Meisterklasse für Schauspieler anbietet.

Im Vorfeld des prominenten Besuchs wird vom 4. bis zum 10.4. im Programmkino Leopoldo Lugones des San Martín-Theaters (Av. Corrientes 1530) der Filmzyklus “Esperando a Tim Robbins” mit den vier wichtigsten Filmen des Schauspielers gezeigt. Am 9. April wird Tim Robbins persönlich eine Einführung in den von ihm geschriebenen und als Regisseur betreuten Film “Dead Man Walking” (hier: Mientras estés conmigo) geben (vor der Vorstellung um 21 Uhr).

Infos hier.

Die Ausgewogenheit von Form und Inhalt

Rafael Spregelburds “Apátrida” am Teatro El Extranjero

Von Mirka Borchardt


“Hört, ihr Sterblichen! Den geheiligten Ruf: Freiheit, Freiheit, Freiheit!” Die Melodie der argentinischen Nationalhymne zerreißt die erwartungsvolle Stille im Theatersaal. Feierlich, dramatisch, fast pathetisch. Doch plötzlich schreddert die Schallplatte vorne auf der Bühne, wird langsamer, die Melodie verzerrt sich. Ein unsichtbarer DJ versucht sich offensichtlich an einer neuen Hymnenversion, oder er ist von profaner Zerstörungswut getrieben. So programmatisch wie der erste Satz eines Romans ist der Beginn dieses Theaterstücks.

“Apátrida. Doscientos años y unos meses” spielt im Jahr 1891: In der Straße Florida findet eine Ausstellung statt, die – nach den Worten Eduardo Schiaffinos – zeigt, “dass auch Argentinien schon einige hervorragende Maler besitzt”. Schiaffino, der spätere Gründer des “Museo Nacional de Bellas Artes”, selbst mit eigenen Bildern in der Ausstellung vertreten, ist einer der größten Befürworter der Begründung einer “nationalen Kunst”. Der spanische Kunstkritiker Maximiliano Eugenio Auzón findet diese Idee schlicht lächerlich. “Argentinische Kunst wird es in 200 Jahren und ein paar Monaten geben!”, konstatiert er sarkastisch.

In einem Briefwechsel zwischen Künstler und Kritiker erhitzen sich die Gemüter. Ein immer polemischer werdender Streit entwickelt sich – nicht nur um die Frage nach der Rolle der nationalen Identität in der Kunst, sondern auch um die Frage nach staatlicher Unterstützung, die Schaffung eines Kunstmarktes, die Rolle von Kunstsammlern. “Die Kunst hat kein Vaterland!”, ruft Auzón voller Pathos. “Das ist eine leere Aussage”, erwidert Schiaffino trocken.

Auzón und Schiaffino, beide gespielt von Rafael Spregelburd – nebenbei auch Autor und Regisseur des Stückes, das gefördert wird vom Goethe-Institut, der Stiftung Pro Helvetia und der Schweizer Botschaft – liefern sich ein verbales Gefecht, das am Ende in einem bewaffneten endet. Begleitet von den experimentellen Tönen des Klangkünstlers Federico Zypce, duellieren sie sich am Weihnachtsmorgen 1891. Der eine wird später als Vater der argentinischen Nationalkunst bekannt sein, den anderen wird kein Mensch mehr kennen. “Kein Vaterland feiert seine Staatenlosen”, prophezeit Auzón.

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Auf den Spuren des Täters – 60 Jahre danach

Gisela Heidenreich recherchierte für ihr neues Buch auch in Argentinien

Von Sebastian Loschert

Wer war Horst Wagner? Hoher SS-Offizier im “Dritten Reich”, ab 1943 Leiter der für “Judenangelegenheiten” zuständigen Gruppe “Inland II” im Auswärtigen Amt, persönlicher Verbindungsmann zwischen Ribbentrop und Himmler, zwischen Auswärtigem Amt und SS. Lange Zeit eine kaum beachtete Schlüsselfigur in der Organisation des Holocaust. Dann aber auch: Der Mann, dem die Mutter von Gisela Heidenreich Nacht für Nacht am Münchner Esstisch lange Liebesbriefe nach Südamerika schrieb. Für den die Mutter in den mageren Nachkriegsjahren das Geld auf die Seite legte und am Essen für die Tochter sparte. Der Mann außerdem, dessen Name auf der geschenkten Schulmappe stand, die die Autorin bis zum Abitur benutzte.

Wie in ihren vorherigen Büchern steht in “Geliebter Täter” die persönliche Betroffenheit von Gisela Heidenreich am Ausgangspunkt ihrer Nachforschungen. Zum dritten Mal spielt ihre Mutter Emmi eine Hauptrolle, zum dritten Mal wagt Heidenreich den Spagat zwischen persönlicher und politischer Aufarbeitung. Wie in “Sieben Jahre Ewigkeit” dienen hunderte Briefe als Zeugnisse der geheim gehaltenen Liebe ihrer Mutter. Diesmal aber will die Tochter den “geliebten Täter” Horst Wagner genauer unter die Lupe nehmen. Wie sah seine Stellung im Auswärtigen Amt aus? Wie konnte er flüchten und trotz Haftbefehl in Südamerika untertauchen? Wieso wurde er nach seiner Rückkehr nie verurteilt?

Diese Fragen sind ihr Reisen nach Frankreich, Italien und Argentinien wert. Wenn sich vor einem italienischen Landgut wieder eine Spur verliert, schreibt sie trotzig: “Ich werde noch einige Türen öffnen, Herr Wagner.”

Und Heidenreich öffnet viele Haustüren, Ordnerdeckel und Aktenschränke, um Horst Wagner kennenzulernen. Ausgiebig wird seine steile Karriere im diplomatischen Dienst in Berlin erforscht. Die gelingt ihm trotz fehlender diplomatischen Ausbildung dank SS- und Parteimitgliedschaften. Detailreich wird die Arbeit Wagners in der Behörde nachgezeichnet: Von der Organisation antijüdischer Propagandaaktionen bis zur Empfehlung an Ribbentrop, die “unverzügliche Ausmerzung aller Juden in den von uns besetzten Gebieten” sei unumgänglich.

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Kammermusik, Klezmer und Tango

12. AMIA-Kammermusik-Zyklus startet am 27. März

Von Sebastian Loschert

Eine große Befriedigung ist es für Prof. Moshé Korin, dem Leiter der Kulturabteilung der AMIA, dass der Kammermusik-Zyklus des jüdischen Zentrums in diesem Jahr bereits zum 12. Mal stattfinden kann – und inzwischen einen festen Platz im Kulturkalender der Stadt Buenos Aires einnimmt. Bis Ende November wird an zwölf Dienstagen wieder Musik auf höchstem Niveau zum Nulltarif angeboten. Entgegen dem Veranstaltungstitel nicht nur klassische Musik: Auch Klezmer, sephardische Musik und Tango finden sich im Programm.

Der Musikzyklus wurde 2001 aus der Taufe gehoben, inmitten und trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage, um dem Kulturzentrum nach dem Terrorangriff 1994 neben dem physischen Wiederaufbau auch seinen kulturellen Geist wiederzugeben. Korin betont das vereinigende Potenzial der “allgemeinen Sprache Musik”, die “für die argentinische Gesellschaft, die jüdische Gemeinschaft und für jedes Individuum wichtig” sei. Auch Mario Benzecry, der seit 2001 die künstlerische Leitung des Musikzyklus innehat, sagt: “Die beste Antwort auf Hass und Terrorismus ist Kultur.” Das Konzept, Musik auf höchstem Niveau komplett kostenlos anzubieten, soll auch dem “groben Fehler” entgegenwirken, zu meinen, dass klassische Musik nur etwas für Eliten sei.

Die vier Ausnahme-Musiker des “Cuarteto Petrus” um Violinist Pablo Saraví eröffnen am 27. März mit Kammermusik den Zyklus. Sie präsentieren sowohl frühe klassische wie aktuelle Stücke. Am 3. April lädt dann das Duo Griselda Giannini (Klarinette) und Daniela Salinas (Klavier) zu Kammermusik. Am 29. Mai bietet das Ensemble “Occursus” spanisch-mittelalterliche, genauer gesagt sephardische Musik. Auch Kleidung, Instrumente und Choreographie sollen der Epoche entsprechen. Am 12. Juni spielt und interpretiert die unter anderem in Freiburg ausgebildete argentinische Pianistin Augustina Herrera Kammermusik. Am 26. Juni präsentiert das Trio Estela Telerman (Klavier), Amalia del Giudice (Klarinette) und Silvina Martino (Sopran) Werke jüdischer Komponisten.

Das wohl bekannteste Klezmer-Duo Argentiniens, Lerner & Moguilevsky, rufen am 31. Juli die fröhlich-tragische Musik der osteuropäischen Schtetl in Erinnerung. Am 14. August tritt mit dem vielstimmigen argentinischen Blindenchor ein weltweit einzigartiges Projekt auf die Bühne, bevor am 28. August der preisgekrönte Bariton Victor Torres solo auftritt. Der 11. September ist für den Gewinner eines Wettbewerbs der Fundación Hebraica reserviert. Wie fast jedes Jahr ist auch der Nationale Kinderchor wieder dabei, dieses Jahr am 16. Oktober. Am 13. November tritt der renommierte Geiger Rafael Gintoli auf, am 27. November beschließt das 13-köpfige Tango-Orchester des universitären Kunstinstituts IUNA das Jahresprogramm.

Die Konzerte finden jeweils um 20 Uhr im Auditorium der AMIA, Pasteur 633, statt.

Foto:
Das renommierte Cuarteto Petrus eröffnet den Musikzyklus.

Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 24/03/2012-31/03/2012

Von Susanne Franz


Malba/Fundación Costantini eröffnet seinen Ausstellungsreigen für das Jahr 2012 mit der Schau “Bye Bye American Pie”, eine Auswahl von 110 Werken der herausragenden US-amerikanischen Künstler Jean-Michel Basquiat, Larry Clark, Nan Goldin, Jenny Holzer, Barbara Kruger und Paul McCarthy. Eigenwillig kuratiert von Philip Larratt-Smith, wird “Bye Bye American Pie” vom 30. März bis 4. Juni zu sehen sein. Freuen kann man sich auch auf die gleichzeitig laufende Einzelausstellung des argentinischen Kult-Künstlers León Ferrari (Buenos Aires, 1920). Ausgewählt von Florencia Battiti, werden 70 Werke aus den Serien “Brailles” und “Relecturas de la Biblia” gezeigt, an denen Ferrari seit drei Jahrzehnten arbeitet und die der Öffentlichkeit bislang nur zu einem kleinen Teil bekannt sind.

Die Ausstellungen der Woche:

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Agenda de Muestras 24/03/2012-31/03/2012

Por Susanne Franz


Malba/Fundación Costantini inaugura su calendario de exposiciones 2012 con la exposición “Bye Bye American Pie”, una selección de más de 110 obras de seis destacados artistas estadounidenses: Jean-Michel Basquiat, Larry Clark, Nan Goldin, Jenny Holzer, Barbara Kruger y Paul McCarthy, que por primera vez se exhiben en forma conjunta en Buenos Aires. Curada por Philip Larratt-Smith, “Bye Bye American Pie” se podrá visitar del 30 de marzo al 4 de junio. Además se presentará una exposición individual del artista argentino León Ferrari (Buenos Aires, 1920), curada por Florencia Battiti, con una selección de 70 obras que integran sus “Brailles” y “Relecturas de la Biblia”, dos series realizadas por Ferrari a lo largo de tres décadas y hasta ahora sólo parcialmente conocidas.

Las muestras de la semana:

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Knapp daneben ist auch vorbei

“El hombre rebobinado” von Margarita Bali

Von Karlotta Bahnsen


Von außen sieht man der Sala Loft seine Theateraktivität nicht unbedingt an. Bin ich hier richtig? Ich klingle. 1°7 und mir wird geöffnet. Fahrstuhl in den ersten Stock. Alles ist sehr intim, es gibt Wein in Plastikbechern und Knabberzeug, von dem mir nichts angeboten wird. Das öffentliche Ereignis Theater in einen privaten Wohnraum zu verlegen, lässt plötzlich alle mit dem Ereignis verbundenen Codes obsolet werden. Eine Grenze verschiebt sich mit leisem Knirschen. Es entsteht Spannung. Was gehört zum Stück, was nicht? Und irgendwie hat es seinen Reiz, dass Teile des Wohnraums erkennbar bleiben und der Raum an sich nicht “nüchtern” ist. Man weist uns Plätze in der ersten der zwei Stuhlreihen zu. Alles passt so gerade eben in die Wohnküche von etwa 30 Quadratmetern. Auf den weißen Teppich vor unseren Füßen werden gerade wabernde blaue Quallen projiziert. Als einzige Bühnenelemente gibt es ein weißes Sofa und eine Art schrägen Tisch.

Margarita Bali konzipierte ihr Tanz-Theaterstück mit Videoprojektionen, die mit Hilfe von nicht weniger als acht Projektoren die Wände, Boden und Bühnen-Elemente zum Leben erwecken sollen. Mit den Projektionen entsteht die Möglichkeit, nicht-linear die Geschichte eines Mannes (Sandro Nunziata) zu erzählen, der eine spezielle Vorliebe für Bilderrahmen besitzt und anscheinend einen für sein Alter recht unkonventionellen Lebensstil pflegt, nicht so richtig weiß, was er eigentlich will und sich deshalb mit seinen Frauen in die Haare kriegt. Sandro Nunziata ist dabei als einziger Darsteller auch real auf der Bühne präsent.

Die Idee, mit heterogenem Videomaterial nicht-chronologisch eine Geschichte zu erzählen und Erinnerungsräume sowie Gefühlszustände oder potenzielle Wirklichkeiten des Protagonisten in Form von Video Teil des unmittelbaren Bühnengeschehens zu machen, ist zwar nicht mehr neu, aber trotzdem toll. Den Tanz als Ausdrucksform für die Gefühlswelt der Darsteller zu wählen, macht auch Sinn. Was will man aber genau erzählen? Warum braucht man ein weißes Sofa auf der Bühne. um darauf dasselbe Sofa zu projizieren? Das Sofa ist das Zentrum der Bühne und zieht besondere Aufmerksamkeit auf sich. Hier sitzen, rein virtuell, der Mann und seine Frau und streiten sich darum, wo man die Bilderrahmen aufhängen könnte. Der Mann soll seine Füße gefälligst von der Couch nehmen und endlich mal einen Job suchen, der Geld ins Haus bringt, meint die Frau zwischen Geschichten über die Kinder und ihren eigenen stressigen Alltag. Thematisch sowie sprachlich ist das so banal und klischeehaft, dass man nach dem dritten Dialog eigentlich nicht mehr zuhören will, das Sofa-Zentrum dafür aber zu präsent ist.

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Geschichte(n) aus dem Koffer

Gabriel Groszman präsentiert sein neuestes Buch in der Pestalozzi-Schule

Von Mirka Borchardt

Das Auditorium der Pestalozzi-Schule im Buenos Aires-Stadtteil Belgrano ist fast voll. Keine Selbstverständlichkeit bei diesem Thema – um eine steile These zu wagen: In Deutschland wäre der Saal nicht einmal zur Hälfte besetzt. Doch hier in Argentinien ist das Thema von anderer Brisanz: Die Verfolgung von Juden in Deutschland unter der Nazi-Herrschaft, die Flucht ins Exil, das Schicksal der Daheimgebliebenen, darum soll es heute Abend gehen. Viele der Anwesenden, die der Einladung der Asociación Filantrópica Israelita, der Kulturabteilung der Pestalozzi-Schule und des Goethe-Instituts gefolgt sind, könnten eigene Erinnerungen beisteuern, könnten von der eigenen Erfahrung im argentinischen Exil oder der Verfolgung ihrer Eltern im von den Nazis besetzten Europa berichten.

Entsprechend bewegt ist die Atmosphäre im Saal, als aus dem Buch gelesen wird. “Ein Koffer auf dem Dachboden” erzählt von der Geschichte der jüdischen Familie Uffenheimer aus Breisach in Baden. Der Fund eines Koffers voller alter Dokumente auf dem Dachboden eines verstorbenen Familienmitglieds in Argentinien war Anlass für Gabriel Groszman, sich in eine detaillierte Recherche zu stürzen, kaum dass sein erstes Buch “Als Junge in Ungarn überlebt” (2009) erschienen war. Ausführlich berichtet der ältere Herr vorne auf der Bühne vom Entstehungsprozess des Buches, und man kann nur staunen angesichts der Energie und Geistesgegenwart, die er sich trotz der Schicksalsschläge im eigenen Leben offensichtlich bewahrt hat.

In dem Koffer fand Groszman unter anderem den vollständigen Briefwechsel Semi Uffenheimers mit seiner Schwester Flora, die zusammen mit den Eltern in Deutschland geblieben war. Regelmäßig informierte sie Semi über die schrittweise Verschlechterung der Lebenssituation der Familie. Es ist totenstill im Auditorium, als Rudolf Barth, ehemaliger Direktor des Goethe-Instituts Buenos Aires und Übersetzer des ersten Buchs von Groszman, aus diesen Briefen liest. Flora erzählt darin, wie es den Eltern Tag für Tag schlechter geht im Gefangenenlager in Südfrankreich, dass sie kaum zu Essen haben, dass sie jeden Tag ums Überleben kämpfen. Bis eines Tages keine Briefe mehr kommen. Flora ist nach Auschwitz abtransportiert worden, und sie wird nicht mehr zurückkommen.

Befreiender wirken da die Passagen, die die Verlegerin Graciela Komerovsky vorliest. Auch im Schrecken gab es noch einen Alltag, zeigen diese: Er solle doch endlich heiraten, rät Flora ihrem Bruder, und anscheinend nimmt er sich den Auftrag zu Herzen: In einer Kontaktanzeige im Argentinischen Tageblatt sucht ein “Junggeselle, jüdisch, mittelgroß, selbständig”, die “Bekanntschaft eines patenten netten Mädchens bis 32 Jahre, zwecks späterer Heirat”. Gefruchtet haben sie leider nicht.

Tomás Abraham, selbst Kind rumänisch-jüdischer Flüchtlinge, Literat und Philosoph, übernimmt schließlich den theoretischen Part des Abends. Über die Erfahrung der Exilierten in Argentinien redet er, über den Prozess der Identitätsbildung und über den Begriff “Überlebender”, den er ablehnt. Nicht um diesen Begriff zu verstärken, nicht um die Immigranten als Opfer zu stilisieren, müssen ihre Geschichten immer wieder erzählt werden, sagt er, sondern um zu verhindern, dass sich die Geschichte wiederholt. Vielleicht können Veranstaltungen wie diese dabei helfen.

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Der Autor weiß, wovon er schreibt: Auch er kam als jüdischer Flüchtling nach Argentinien.

Freche argentinische Komödie

Vom Internet ins Kino: “El vagoneta en el mundo del cine”

Von Mirka Borchardt

“El vagoneta” entstand ursprünglich als Internetserie, die die Abenteuer von Matías, Walter, Rama und Ponce zeigt: Die Freunde aus dem Buenos Aires-Stadtteil Saavedra entschließen sich, eine Werbeanzeigetafel auf der Terrasse aufzustellen, um selbst nicht mehr arbeiten zu müssen. Die Serie gewann so viele Anhänger, dass sie mittlerweile Kultstatus hat. Mit “El vagoneta en el mundo del cine” erobern die vier Freunde nun die Welt der roten Teppiche: Sie schleichen sich ins Internationale Kinofestival von Mar del Plata ein, um ihren Traum von einem bequemen Leben endlich in die Realität umzusetzen. Unter Stars und Produzenten suchen sie jemanden, der bereit ist, sie zu sponsern.

Mit derselben unverfrorenen Frische, mit dem sie das Internetpublikum erobert haben, verführen sie nun auch das Kinopublikum – und wer weiß, vielleicht müssen sie sich demnächst nicht mehr heimlich auf den roten Teppich schleichen.

  • “El vagoneta en el mundo del cine” – Argentinien 2011. 95 Min. Komödie ohne Altersbeschränkung. Buch und Regie: Maximiliano Gutiérrez. Mit Nicolás Abeles, Silvina Luna und Gastón Pauls.

Ein Muss für alle Tanz- und Performance-Fans

“The Divine Comedy” von Luis Garay

Von Karlotta Bahnsen

Der Rockstar des zeitgenössischen Tanzes Luis Garay tobte sich einst (2008) an Dantes Göttlicher Komödie aus. Was dabei herauskam, spielt seit der Welle der Wiederaufnahmen nach der Sommerpause jetzt auf der Avenida Corrientes. Das Stück beschäftigt sich szenisch mit den zeitlichen Strukturen des Chaos und macht sich auf die Suche nach neuen Ausdrucksformen. Der Sound ist dabei essentieller Bestandteil sowie Experimentiergebiet und vermisst die Möglichkeiten des Klangs von Beatbox über Gitarrenrock bis zum bloßen und rohen Schrei. Dabei kommt die Situationskomik nicht zu kurz, bleibt aber unprätentiös im Hintergrund. Alles, was wirklich gesagt werden muss, entsteht durch die Körper im Raum. Für alle Performance-Begeisterten und Fans des zeitgenössischen Tanzes der Megacity ein absolutes Muss zum Einläuten der Saison.