Außenseiter aus Leidenschaft

Retrospektive des deutschen Filmemachers Werner Schroeter in Buenos Aires

Von Carlo-Johannes Schmid


Er ist der große Außenseiter des deutschen Films und der Opern- und Theaterbühnen, einer, der konsequent die Schönheit, die Sinnlichkeit, das Schillernde und das Zerbrechliche gegen die Wirklichkeit verteidigte. Einer, der sich von den Kinorealisten heraushob wie kein Zweiter. Seine Filme waren weder kommerzielle Erfolge, noch wurden sie unter Kritikern frenetisch gefeiert. Er war dem breiten Publikum nie so bekannt wie seine Zeitgenossen Werner Herzog oder Rainer Werner Fassbinder, dennoch ist die Bedeutung Werner Schroeters für den “Neuen Deutschen Film” enorm.

Werner Schroeter ist im Jahr 2010 im Alter von 65 Jahren gestorben. In Buenos Aires bekommt man nun in einer umfangreichen Veranstaltungsreihe die Gelegenheit, diesen Künstler besser kennenzulernen. Ab dem heutigen Samstag (und bis zum 1. September) werden 19 seiner Filme im Rahmen der vom Goethe-Institut Buenos Aires organisierten Werkschau “Die unerträgliche Wirklichkeit überwinden” im Lugones-Saal des Teatro San Martín (Av. Corrientes 1530) gezeigt.

In die Veranstaltungsreihe führte am gestrigen Freitag Schroeters Weggefährte, der Produzent Frieder Schlaich, ein, der in der Universidad del Cine den Vortrag “Produktion und Verleih innovativer Filme am Beispiel Werner Schroeter” hielt. Ergänzt wird die Retrospektive auch von der Buchpräsentation “Schroeter, una autobiografía” (Verlag Mardulce), die am Dienstag, den 20. August, um 19.30 Uhr, bei freiem Eintritt im Lugones-Saal stattfinden wird.

Schroeter selbst war mehrmals in Argentinien. 1983 folgte er einer Einladung des Goethe-Instituts, die auf Initiative von Marielouise Alemann ausgesprochen wurde. Er hielt ein Seminar über Experimentalfilme und fing an, einen Film in den Elendsvierteln der Stadt zu drehen. Dabei interviewte er auch Vertreter von Menschenrechtsorganisationen. Zwischenzeitlich musste Schroeter das Projekt jedoch aufgrund von Drohungen rechtsextremer Gruppen abbrechen. Zwei Jahre später kam er zurück und drehte den Film “De L’Argentine” (1983-1985) mit Hilfe von Freunden und Schülern zu Ende. Im Rahmen der nun stattfindenden Werkschau wird der Film erstmals in Argentinien gezeigt; das argentinische Filmteam, das Werner Schroeter damals begleitete, wird bei der Vorführung anwesend sein.

Hört man seine Weggefährten und Kollegen über Werner Schroeter reden, bekommt man eine Ahnung von seiner kreativen Persönlichkeit und seinem bewegten Leben. So sagte Rainer Werner Fassbinder: “Werner Schroeter hat als einer der wenigen Menschen auf dieser Erde die Gabe des Künstlerblicks und, wer weiß, auch das seltene Privileg, in die Mysterien des Universums einzudringen.” Elfriede Jelinek nannte ihn gar einen Gott: “Ein Gott langweilt sich nie, denn auch sein Nichtstun ist Arbeit. So war Werner.”

Doch letztendlich machte auch vor ihm der Tod nicht halt. Als er 2010 nach langer Krebskrankheit starb, veröffentlichte der “Spiegel” einen emotionalen Abschiedsbrief seines ehemaligen Geliebten Rosa von Praunheim, der einen sehr persönlichen Einblick in Schroeters Leben gibt. Darin beschreibt Praunheim Schroeter als einen “perversen Poeten, ein Zauberer des Lichts und der Schönheit”, als einen “rastlosen Wanderer, der mit seinem schwarzen Anzug und großem Hut und einer kleinen Tüte um die Welt reiste”. Die Beiden hatten sich in den 60er Jahren auf dem Experimentalfilmfest im belgischen Knokke kennengelernt, einem Treffpunkt internationaler Undergroundfilmer – für Schroeter eine Initialzündung. Er verstand sich fortan endgültig als Filmemacher.

Geboren am 7. April 1945 im thüringischen Georgenthal, wusste er jedoch schon früher, wohin ihn seine Reise führen sollte. Mit fünf Jahren äußerte er bereits den Wunsch, Filmregisseur zu werden.

Werner Schroeter wuchs in Bielefeld und Heidelberg auf. Dort hatte er mit 13 Jahren am Küchentisch seiner Familie ein richtungweisendes Erlebnis: Er hörte die Radioübertragung einer Opernarie von Maria Callas. Das brachte ihn nicht nur zum ersten Mal mit dem Thema Oper in Berührung, fortan war die Sängerin das einzige Idol seines Lebens. In Interviews bezeichnete er sie als Botin zwischen Gott und den Menschen. Auch einige seiner ersten Filme widmete er der Operndiva.

Schroeter zog es dann schnell von zu Hause weg, er war ein Ausreißer, der mit 14 Jahren alleine in Italien zur Schule ging, es später nur ein paar Wochen an der Münchner Filmhochschule aushielt und daraufhin nach Berlin zog, um Filme zu machen. Das Handwerk brachte er sich selbst bei.


Angefangen mit einer 16-Millimeter-Kamera, die ihm seine Mutter schenkte, drehte er Ende der 60er Jahre immer wieder Low- und No-Budget Filme. Einen ersten Erfolg konnte er mit seinem zweistündigen Experimentalfilm “Eika Katappa” verbuchen, er wurde von der Internationalen Filmwoche Mannheim 1969 mit dem Josef-von-Sternberg-Preis ausgezeichnet.

Neben dem Film arbeitete Schroeter ab 1972 regelmäßig an Theater- und Operninszenierungen in verschiedenen Städten der ganzen Welt mit. Dass ihn das Erlebnis in der Küche seiner Eltern nachhaltig geprägt hatte, merkte man nicht nur an seinem Schaffen auf der Bühne, auch viele seiner Filme sind von der Liebe zur Oper geprägt.

Einen seiner größten Erfolge feierte Schroeter jedoch mit seinem ersten realistischen Film. Für das Drama “Palermo oder Wolfsburg” gewann er 1980 den Goldenen Bären bei den Berliner Filmfestspielen. An derselben Stelle, in Berlin, holte er sich auch seinen letzten Preis persönlich ab: Der Regisseur, der stets offen mit seiner Homosexualität umgegangen war, wurde 2010 für seinen Verdienst als “radikaler Experimentierer und großer Außenseiter des Neuen Deutschen Films” mit dem schwul-lesbischen Teddy Award geehrt.

So verträumt, schillernd und phantasievoll seine Werke sind und sein Leben war, so überraschend nüchtern ging er mit seiner Krankheit und dem Tod um: “Sie gehört zum Leben dazu. Der Tod gehört zum Leben dazu.” Er hinterlässt ein großes Werk, welches es für viele Menschen erst noch zu entdecken gilt. Von Praunheim drückte es so aus: “Ich bin aber sicher, es wird bald wieder eine Generation geben, die dein Werk, lieber Werner, wiederentdecken wird und sich absetzt von dem kommerziellen Scheiß, der bei uns im Moment das Sagen hat. Und man wird zurückblicken auf dein poetisches Werk, mit dem du uns verzaubert hast.”

Infos und Programm hier.

Fotos von oben nach unten:
Werner Schroeter.
(© Filmmuseum München)

Werner Schroeter, “Isabelle Huppert, Goldregen”, Frankfurt, 2009.
(© Werner Schroeter/Christian Holzfuss Fine Arts & Galerie VU)

“Nuit de chien”, Filmszene.
(© Filmmuseum München)

Emotionale Zeitreise

“Las Multitudes” von Federico León ist vom 16. August bis 14. September wieder im Centro Cultural San Martín zu sehen

Von Susanne Franz


Es ist ein Theatererlebnis der besonderen Art. In seinem Werk “Las Multitudes”, das ab morgen – und bis zum 14. September – im Saal AB des Centro Cultural San Martín gezeigt wird, arbeitet der junge argentinische Theater- und Kinoregisseur Federico León mit 120 Schauspielern, mit Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, älteren und alten Menschen. Er schrieb das Werk, nachdem er probeweise an einem Wochenende mit einer Gruppe von 100 Schauspielern zusammengekommen war, damit er sich die Wirkung einer solchen Masse vorstellen konnte.

In “Las Multitudes” bewegen sich die Menschen meistens im Schutz ihrer Altersgruppe, eine Ausnahme bilden die Familien mit Kindern, die aber keine größere Bedeutung im Stück haben. León sagt: “Sie sind nicht direkt in das Drama der Liebe involviert”, wie die anderen, die die “Hauptrollen” spielen: Die beiden Gruppen der jugendlichen Männer und Mädchen, die das Potenzial für die Zukunft, Idealismus, Sehnsucht und die Suche nach Liebe verkörpern, und die beiden Gruppen der alten Männer und Frauen, die Lebenserfahrung, Weisheit und Verzeihen symbolisieren, die aber auch auf eine berührende Weise “Kindsköpfe” sind.

Die jungen Erwachsenen sind bereits gespalten: Während die jungen Männer sich noch für die jüngeren Mädchen interessieren, bauen die jungen Frauen mit ihnen schon an der Zukunft, der Familie. Hier herrscht noch eine Sehnsucht zurück in die Unberührtheit, während zugleich Zwänge, die die unerbittliche Zeit vorschreibt, nach vorne drängen.

Das Stück weist nur wenige Dialoge auf und verwendet bewusst eine einfache Sprache, die Akteure intonieren verhalten, wie in einem Traum. Mehr als Worte sind in dem Werk die Bewegungsströme der verschiedenen Gruppen von Bedeutung, die Art, wie die Akteure über die dunkle, fast völlig leere, riesige Bühne laufen, gehen, rennen, tanzen oder schreiten.

Die sehr sparsame, indirekte Beleuchtung – teils durch Spots, teils durch Taschenlampen, die die Schauspieler tragen -, hebt nur selten Gesichter aus der Masse hervor, eher zeichnet sie geheimnisvolle Muster auf die helle Kleidung der Mitwirkenden oder setzt da Akzente, wo sie gänzlich “ausgeschaltet” wird.

Ein machtvollerer Faktor als das Wort ist auch die Musik (Federico León arbeitete in “Las Multitudes” erstmals mit einem Musiker, Diego Vainer, zusammen). Vom intensiven Raunen einer Gruppe Frauen nach einem Tanz über eine geheimnisvolle Melodie, die die alten Frauen den jungen weitergeben, bis zu einem melancholischen Duo mit Gitarre und Mundharmonika und sogar einem echten Rockkonzert ist die Musik der stärkste emotionale Träger des Werkes.

Zu Beginn ist die Menschenmenge in “Las Multitudes” heterogen, die einzelnen Gruppen sind untereinander zerstritten oder suchen einander, sind aber immer zur falschen Zeit am falschen Ort. Erst im Laufe des Stückes kommen die Menschen zusammen, fechten ihre Zwistigkeiten aus oder lösen sich schon mal aus ihrer Gruppe, um einem anderen Einzelnen allein zu begegnen.

Parallel dazu wird das Publikum, das als anonyme Masse der Schauspielergruppe gegenübersteht, zusehends in das Geschehen hineingezogen und schließlich zu einem Teil der Geschichte. Diese magische Kommunikation wird mit den scheinbar einfachsten Mitteln erreicht – kein Pathos trennt den “vortragenden” Schauspieler vom Zuschauer, der Humor ist nie manipulativ, sondern eher Situationskomik, mit der sich jeder identifizieren kann. Die Zuschauer können sich in dem Werk, das für jedes Alter geeignet ist, selbst wiederfinden, z.B. in einer der Altersgruppen, oder sie können sich zurückerinnern, oder sich die Zukunft vorstellen, oder alles gleichzeitig. Jeder fügt im Stillen seine eigene Geschichte, sein eigenes Potenzial, dem Werk hinzu.

“Las Multitudes” ist in gewisser Weise eine Zeitreise: Ein Trip durch ein (oder in ein) Raum-Zeit-Kontinuum, in dem die Zeit stehenzubleiben scheint, weil alle Zeiten gleichzeitig nebeneinander existieren, und in dem die Bewegungen der vielen Menschen im Raum auch deshalb eine so starke Wirkung haben, weil hier eigentlich gar keine Bewegung stattfinden dürfte.

In diesem paradoxen Universum gibt es so etwas wie einen Fixstern: Einen besonderen Schauspieler, der sowohl die Menge auf der Bühne als auch das Publikum steuert: Julián (gespielt von dem hervorragenden Schauspieler Julián Zuker) ist ein Kind auf der Schwelle zum Jugendlichenalter, der einzige, der als “isoliertes” Individuum auftritt. Die Figur Julián wurde von dem Werk selbst geboren, Federico León hatte sie zunächst nicht vorgesehen. “Julián ist derjenige, der das alles träumt, der, der die Fäden zieht”, sagt León über diesen kleinen Magier, der die “Multitudes” erklingen lässt wie ein Dirigent, der ein Orchester leitet.

Das sehr empfehlenswerte Werk wird ab Donnerstag, 16. August, im Saal AB des Centro Cultural San Martín (Sarmiento 1551, Buenos Aires) wieder aufgeführt, und ist bis zum 14. September donnerstags, freitags und samstags um 21 Uhr zu sehen. Der Eintritt kostet 60 Pesos (donnerstags 40); Karten gibt es an der Kasse des Centro Cultural San Martín oder bei www.tuentrada.com. Für gebrechliche oder anderweitig behinderte Menschen ist extra vorne eine Reihe Stühle aufgestellt.

Im Oktober ist das Stück Teil des Programms des IX. Internationalen Theaterfestivals von Buenos Aires.

Das Stück:
Federico Leóns Theaterwerk “Las Multitudes” feierte Ende Juli 2012 im experimentellen Werkstatt-Theater TACEC in La Plata, Hauptstadt der Provinz Buenos Aires, seine Weltpremiere. Ende September wurde das Werk im Rahmen des internationalen Theaterfestivals “Foreign Affairs” in Berlin gefeiert; neben einigen Argentiniern aus dem Stamm-Ensemble machten dabei auch zahlreiche deutsche Schauspieler mit. Im November und Dezember 2012 wurde “Las Multitudes” mit großem Erfolg im Centro Cultural San Martín in Buenos Aires gezeigt.

Nach der Spielzeit 2013 vom 16. August bis 14. September im Centro Cultural San Martín wird “Las Multitudes” nach Österreich reisen, wo es am 10., 11. und 12. Oktober im Rahmen des Festivals Steirischer Herbst aufgeführt wird. Zwei Wochen vor Beginn der Vorstellungen wird Federico León das Werk vor Ort mit 13 argentinischen Ensemble-Mitgliedern und 107 österreichischen Schauspielern einstudieren.

Foto:
Miteinander oder gegeneinander? Eine Szene aus “Las Multitudes”.
(Foto: Sebastián Arpesella)

Die Leichtigkeit des Lebens genießen

Tangofestival und -WM von Buenos Aires startet morgen

Von Maren van Treel


“Ich liebe den Tanz, denn er befreit den Menschen von der Schwere aller Dinge”, sagte einst Augustinus von Hippo. Die Leichtigkeit des Lebens zu genießen, dazu lädt das Tangofestival von Buenos Aires vom 14. bis zum 27. August ein. Parallel findet die Tangoweltmeisterschaft in der Hauptstadt statt.

Eröffnet wird das Festival vom Ensemble “Sexteto Mayor”, das auch sein 40-jähriges Bestehen feiert. Während der zwei Wochen haben die Besucher die Möglichkeit zum Zuschauen, aber auch, selbst zu tanzen. So gibt es Konzerte, Milongas, Tanzshows, einen internationalen Tangowettbewerb, aber auch Tangostunden.

Eine besondere Ehrung gilt dieses Jahr dem Komponisten Gerardo Gandini, der im März verstarb. Sein Werk “Tangos y Postangos para Big Band” wird ebenfalls zu sehen sein. Das Festival verteilt sich über mehrere Teile der Stadt und alle Veranstaltungen sind kostenlos.

Herwig Mitteregger bezeichnete das Tanzen als “Träumen mit den Beinen”. In diesem Sinne lädt Buenos Aires in diesen Wochen zu einer traumhaften Zeit. Weitere Informationen auf der Webseite des Festivals.

Foto:
Tanghetto.

13. Deutsches Kinofestival von Buenos Aires

Vom 12. bis 18. September wird das Neueste und Beste des deutschen Filmschaffens gezeigt

Von Susanne Franz


“Wir haben wieder ein tolles Programm mit vielen schönen Filmen!”, freut sich Gustav Wilhelmi. Der Chef der deutschen Verleihers “German Films” in Argentinien ist mittendrin in den letzten Vorbereitungen für das 13. Deutsche Kinofestival von Buenos Aires, das vom 12. bis 18. September im Kinokomplex Village Recoleta über die Bühne geht. Auch in diesem Jahr setzt Wilhelmi wieder stark auf die sozialen Netzwerke wie Facebook, um “sein” Festival zu promoten.

Unterstützt von der deutschen Botschaft und dem Goethe-Institut Buenos Aires, wird dem kinobegeisterten Publikum der argentinischen Hauptstadt das Neueste und Feinste des deutschen Filmschaffens geboten. Auf dem Programm stehen 11 Langspielfilme, 13 Kurzfilme (zusammengefasst in einem Kurzfilmprogramm) mit Werken junger, aufstrebender Regisseure und ein Stummfilm mit Live-Musik des beliebten Orchesters “Mudos por el Celuloide” von Marcelo Katz als Abschlussfilm.

Die Premiere von “Hannah Arendt” der berühmten Regisseurin Margarethe von Trotta wird eines der Highlights des diesjährigen Festivals sein. Aber man kann sich auch auf den “Lynchesken” Film “Finsterworld” von Frauke Finsterwalder freuen, der soeben auf dem Filmfest München seine Uraufführung hatte, oder die Komödie “Schlussmacher” von und mit Matthias Schweighöfer, das DDR-Drama “Wir wollten aufs Meer” von Toke Constantin Hebbeln und den Jugendfilm “Die Vampirschwestern” von Wolfgang Groos.

Mit großer Spannung kann man auch den Dokumentarfilm “Speed” von Florian Opitz erwarten, in dem der Regisseur der Frage nachgeht, warum die Menschen heute immer weniger Zeit haben.

Details erfährt man in Kürze auf der Webseite des Festivals. Die Eintrittskarten kosten 50 Pesos für die Einzelkarte (mit Ausnahme des Stummfilms, 62 Pesos), für Filmfreaks gibt es auch die Varianten 6×5 und 10×8 (sechs Karten für den Preis von fünf bzw. zehn für den Preis von acht).

Foto:
Sandra Hüller in “Finsterworld”.

Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 10/08/2013-17/08/2013

Von Susanne Franz

Noch etwas mehr als drei Wochen hat man Zeit, die erste Einzelausstellung des US-amerikanischen Videokünstlers Bill Viola in Buenos Aires zu sehen. Die Schau “Punto de Partida – Point of Departure” wurde speziell für den PAyS-Saal des Parque de la Memoria – Monumento a las Víctimas del Terrorismo de Estado entwickelt.

Die von Marcello Dantas kuratierte Ausstellung umfasst sieben Videoinstallationen und kreist um das Thema des Abschiednehmens, den schmerzlichen Moment der Trennung, die einen Bruch darstellt zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Leben und Tod, Gesellschaft und Individuum.

Bis Sonntag, den 2. September, kann man “Punto de Partida – Point of Departure” montags bis freitags von 10 bis 17 und an den Wochenenden und Feiertagen von 12 bis 18 Uhr besuchen. An den Donnerstagen im August ist der PAyS-Saal bis 19 Uhr geöffnet.

Am Donnerstag, dem 15. August, findet im Espacio Fundación Telefónica (Arenales 1540, Buenos Aires) ein Rundtischgespräch mit Marcello Dantas, Jorge La Ferla und Bill Viola statt, in dessen Rahmen auch das Video “Bill Viola, Territorio do Invisivel (Site of the Unseen)” von Carlos Nader und Marcello Dantas gezeigt wird.

Die Ausstellungen der Woche:

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Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 10/08/2013-17/08/2013

Por Susanne Franz

Continúa en exposición “Punto de Partida – Point of Departure”, la primera muestra individual del videoartista estadounidense Bill Viola en Buenos Aires, concebida especialmente para la Sala PAyS del Parque de la Memoria – Monumento a las Víctimas del Terrorismo de Estado.

La exhibición, compuesta por siete videoinstalaciones y curada por Marcello Dantas, está atravesada por un claro eje temático: la idea de la partida, el doloroso momento de la separación y la ruptura que distingue el aquí del allá (el pasado del presente, la vida de la muerte, el Estado del individuo).

Podrá visitarse hasta el domingo 2 de septiembre de lunes a viernes de 10 a 17 y los fines de semana y feriados de 12 a 18 hs. Los jueves de agosto la Sala PAyS permanecerá abierta hasta las 19 hs.

El jueves 15 de agosto, en el Espacio Fundación Telefónica (Arenales 1540, Buenos Aires), se realizará la conferencia “Punto de Partida: Bill Viola en Buenos Aires”, a cargo de Marcello Dantas, Jorge La Ferla y Bill Viola. La misma incluirá la proyección del video “Bill Viola, Territorio do Invisivel (Site of the Unseen)” de Carlos Nader y Marcello Dantas.

Las muestras de la semana:

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Von der großen in die kleine Welt

Neues Programm des “Ballet Contemporáneo del Teatro San Martín”

Von Maren van Treel


Mit Einbruch der Dunkelheit erwachen die Straßen von Buenos Aires zum Leben. Am Obelisken strömen Sinneseindrücke auf den kleinen Passanten, die denen des New Yorker Times Square gleichkommen: ein Meer von Autos, Lichtern, Menschen.
Nicht unweit des Obelisken befindet sich der nächste Superlativ, das Teatro San Martín. Mit dem Öffnen der Tür tritt man jedoch von der großen Welt vor der Tür in die kleine Welt für sich.

Am Freitagabend vergangener Woche fand hier die Aufführung dreier verschiedener Werke statt, getanzt vom “Ballet Contemporáneo” unter der Leitung Mauricio Wainrots. Uraufgeführt wurden das Werk “Galaxia” mit Choreographie und Videoinstallationen von Margarita Bali und “Oscuras golondrinas” unter der Leitung Daniel Goldins, wieder aufgenommen wurde das bekannte Werk “La consagración de la primavera” mit einer Choreographie von Mauricio Wainrot.

Auch hier wurde der Zuschauer von der großen in die kleine Welt geführt, denn begonnen wurde mit dem Stück “Galaxias”, inszeniert von Margarita Bali zur Musik von Gabriel Gendín. Mit dem Erscheinen des Universums auf der Leinwand an der Rückwand der Bühne wurde der Zuschauer mitgenommen in eine Welt, die unbegreiflich größer ist als die große Stadt vor der Tür des Theaters.

Die Videoinstallationen und die Miniaturtänzer auf der Leinwand wurden von ihren menschlichen Vorbildern begleitet, die jeweils mit einer weißen Kugel in der Hand auf die Bühne eilten.

Was dann folgte, waren tanzende Galaxien, jeder der Tänzer ein Stern oder ein Planet. Die Zuschauer sahen die unterschiedlichsten Phänomene des Universums. Im Mittelpunkt stand dabei die immerwährende Bewegung des Kosmos. So wie die Planeten sich um ihre eigene Achse drehen, drehten sich auch die Tänzer in Pirouetten um sich selbst. Unterbrochen wurden die einzelnen Sequenzen von einem Mann im schwarzen Frack, der einen Astronomen darstellte und die Ereignisse sorgfältig studierte.

Das zweite Stück trug den Namen “Oscuras golondrinas” und wurde unter der Leitung Daniel Goldins zu der Musik von Dimitri Schostakowitsch aufgeführt. Vom Universum zurück zum Planeten Erde, der Schauplatz: die Stadt. Straßenlaternen, beschmierte graue Wände, eine Bushaltestelle, ein Haus. Die Handlung sponn sich um das Leben der Menschen in der Metropole. Oft tanzten die Tänzer parallel zueinander, liefen aneinander vorbei, hektisch und schnell. Selten schenkten sie sich innige Gesten. Parallel zueinander und dem Publikum zugewandt, fassten sie sich allesamt wie verzweifelt an den Kopf oder bewegten die Lippen wie im Gespräch zu einem unsichtbaren Gegenüber – dem Publikum, oder gar sich selbst? Das Ganze hatte fast etwas Zombiehaftes. Leben in der großen Stadt: Anonymität, ein Nebeneinander, selten ein Miteinander, und ein ewiges Überschneiden der Lebenswege an den immer gleichen Orten des Alltags. Ihren Ausdruck fand diese Melancholie auch darin, dass alle Tänzer zum Schluss schwarze Mäntel trugen. Einsamkeit und Isolation mitten in der Menschenmasse.

Das dritte und letzte Stück des Abends war das bekannte Ballett “La consagración de la primavera”. Das Stück wurde neu inszeniert von Mauricio Wainrot, dem Leiter des “Ballet Contemporáneo”. Es spielt im heidnischen Russland und handelt von einer Frühlingsopferung zur Beschwichtigung des Frühlingsgottes.

In Pastelltönen gekleidet, boten die Tänzer dem Publikum ein Spektakel der Gruppendynamik. Besonders eindrucksvoll war der rivalisierende Tanz der Geschlechter, bei dem die Männer auf dem rechten und die Frauen zeitgleich auf dem linken Teil der Bühne tanzten. Im Laufe des Stücks wurde die Jungfrau bestimmt, die geopfert werden sollte. Vergeblich flehte sie um Gnade, fügte sich dann jedoch in ihr Schicksal. Gekrönt wurde das Ganze mit einem spektakulären Schlussbild.

Mit dieser letzten Szene schloss sich der Vorhang, es gab “Bravo”-Rufe, und das Publikum strömte aus dem Saal. Hinaus aus der kleinen Welt, zurück in die große.

Die Aufführung der drei Werke ist noch bis zum 25. August donnerstags um 14.30 Uhr, freitags und samstags jeweils um 20.30 Uhr und sonntags um 19 Uhr im Teatro San Martín (Av. Corrientes 1530) zu sehen. Sie dauert insgesamt 130 Minuten und beinhaltet zwei Pausen von je einer halben Stunde. Der Eintritt kostet 70 Pesos für Sitzplätze im Pullman und 90 Pesos für Sitzplätze im Parterre. Donnerstags kann man sich die drei Stücke für nur 30 Pesos ansehen.

Foto:
Tanzende Galaxien: Choreographie von Margarita Bali.
(Carlos Flynn)

Yayoi Kusama @ Malba

Yayoi Kusama @ Malba

Kunst in Argentinien – Yayoi Kusama from Paula Bonnet on Vimeo.

Produktion: Paula Bonnet
Video: Santiago Shinsato/Noviembre Films

Buenos Aires punktet

Werke der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama zum ersten Mal in Lateinamerika

Von Carlo-Johannes Schmid


Nur ein Punkt unter vielen – so fühlt man sich, wenn man dieser Tage in der langen Schlange steht, die seit dem 29. Juni fast täglich vor dem Malba – Museum für Lateinamerikanische Kunst in Buenos Aires zu sehen ist. Am Abend der Eröffnung reichte die Menschenkette gar um den kompletten Block, und das Museum musste wegen des großen Andrangs seine Öffnungszeit bis 1 Uhr morgens verlängern.

Der Grund des Ansturms kündigt sich schon rund um das Museum an. Entlang der Avenida Figueroa Alcorta sind einige Bäume und Bushaltestellen in ein rotes Gewand mit weißen Flecken gehüllt. Die Punkte oder “Polka Dots” sind das Markenzeichen der bedeutendsten zeitgenössischen Künstlerin Japans: Yayoi Kusama, die mit “Yayoi Kusama. Obsesión infinita” ihre erste Retrospektive in Lateinamerika präsentiert. Noch bis zum 16. September kann man die Werke der Künstlerin im Malba sehen.

“Yayoi Kusama. Obsesión infinita” wurde in Zusammenarbeit mit dem Studio der Künstlerin und dem Malba realisiert und nimmt die Besucher mit auf einen umfassenden Rundgang ihrer Werke zwischen 1950 und 2013. Die Ausstellung beinhaltet die wichtigsten Objekte ihres fast sechs Jahrzehnte andauernden Schaffens. Zu sehen gibt es Gemälde, Werke auf Papier, Skulpturen, Videos, Slideshows und Installationen. Und, natürlich, jede Menge Punkte.

Diese markierten auch den Beginn ihres künstlerischen Schaffens. Als Kind litt Yayoi Kusama unter Halluzinationen und Angstzuständen. Als sie von der weiß gepunkteten Tischdecke in ihrem Elternhaus aufblickte, habe sie gesehen, wie sich das Muster überall ausbreitete: An den Wänden, an ihrem Körper, an der Decke. Damals hätte sie sich gefühlt, als würde sie sich selbst in dem Muster auflösen. Seitdem sollten die “Polka Dots”, wie die Künstlerin selbst die Punkte nennt, Inhalt ihrer Kunst werden und es bis heute bleiben.

Geboren in eine bürgerliche Familie im Jahre 1929 in der japanischen Stadt Matsumoto, war Yayoi Kusamas Kindheit von der strengen Erziehung der Eltern geprägt. Bis sie 1948 an die Kyoto School of Arts and Crafts ging und in den folgenden Jahren neun Ausstellungen hatte. Dadurch gelangte sie zu landesweiter Bekanntheit, die Anerkennung blieb jedoch aus. Erst als es sie 1955 nach New York zog und ihre dort entstandenen Skulpturen und Installationen neben Größen wie Andy Warhol, Claes Oldenburg und George Segal in den frühen 1960er Jahren ausgestellt wurden, gelangte sie zu Berühmtheit, jedoch nicht zu Reichtum. Deshalb kehrte sie nach Japan zurück. Dort ließ sie sich wegen ihrer Angstzustände freiwillig in eine Nervenheilanstalt einliefern, in der sie bis heute lebt und arbeitet.

Heute gilt Yayoi Kusama als bedeutendste lebende Künstlerin Japans. Ihre Werke wurden in den wichtigsten Museen weltweit ausgestellt. Im Rahmen ihrer Lateinamerika-Tour wird die Retrospektive “Yayoi Kusama. Obsesión infinita” dieses Jahr noch in Rio de Janeiro, Brasilia, Sao Paulo und Mexiko-Stadt zu sehen sein.

Zu den Höhepunkten der Ausstellung gehören sicherlich ihre berühmten Werke aus den 50er Jahren sowie die sich durch ihr ganzes Schaffen ziehenden “Infinity Nets” und ihre berühmten phallischen Skulpturen. Um diese zu fertigen, überzog Kusama Möbel und andere Haushaltsgegenstände mit Stoffwülsten. Viele Experten vermuten darin den Versuch der Künstlerin, ihre sexuellen Ängste aufzuarbeiten. Auch eine Sammlung von Skulpturen und Bildern ihrer Happenings und Performances aus der New Yorker Zeit sind zu sehen, genauso wie einige ihrer neuesten Gemälde und Installationen.

Wenn man wieder herauskommt aus dem Bad in den Bällen, ist die Schlange vor dem Malba immer noch nicht kleiner geworden. Fast könnte man sich der Künstlerin dann emotional nah fühlen: Sie beschreibt ihr Leben als einen Punkt von vielen im Universum.

Katharsis und Neubeginn

Das Hinaufsteigen oder Hinunterlaufen von Treppen

Von Friedbert W. Böhm

Wenn man ein Alter erreicht hat, das vor nicht viel mehr als fünfzig Jahren noch als das der senilen Greise galt, heute jedoch häufig als später Ausgang der Jugend bezeichnet – und von nicht Wenigen auch so gelebt – wird, darf man Meinungen äußern, die von der einen Hälfte der Leserschaft als unrettbar abgedroschen und von der anderen als naiv empfunden werden. Meinungen betreffend, möchte ich im Übrigen beide Hälften einladen: Haben Sie keine, nehmen Sie meine. (Diesen Spruch habe ich bei FAKTuell abgekupfert, der ersten Onlinezeitung Deutschlands.)

Meine heutige Meinung bezieht sich auf die gesellschaftliche Entwicklung in zwei so verschiedenen Ländern wie Deutschland und Argentinien, an deren Schnittstellen ich seit einem halben Jahrhundert lebe. Dass ich weder Soziologe noch Historiker noch Journalist bin, wird der Leser an der Abwesenheit hochtönender Vokabeln und Phrasen erkennen. Und am Inhalt, der nicht einem Laboratorium oder Studierzimmer oder einer Redaktion entstammt, sondern dem nahen Umgang mit Hunderten von Personen und Unternehmen aller Schichten und Branchen, mit Behörden und Institutionen beiderseits des Atlantiks, das alles mit offenen Augen und Ohren und dem redlichen Bemühen um Objektivität.

In beiden Gesellschaften leben Menschen mit sehr ähnlichen allgemeinen Anlagen. Von Vorneherein unterstreiche ich meine immer wieder bestätigt gefundene Erkenntnis, dass rassische Eigenarten, falls es sie geben sollte, gesellschaftlich höchst irrelevant sind. Die schlimmsten südamerikanischen Schlitzohren, die mir untergekommen sind, waren groß, blond und blauäugig, und ich kenne etliche Schwarzhaarige mit Indianergesichtern, deren Fleiß, Gründlichkeit und Pflichtbewusstsein man in Deutschland nicht mehr alle Tage antrifft. Gesellschaftliche Eigenarten sind nicht Resultat der Genetik ihrer Mitglieder. Sie entstehen durch Traditionen. Traditionen sind die Gene der Gesellschaften. Ihre Entstehung verdanken sie dem nachhaltigen Beispiel oder dem Druck Kritischer Massen von Bürgern, die in prioritären Dingen gleichgesinnt sind.

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Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 03/08/2013-10/08/2013

Von Susanne Franz


Pío Collivadino (Buenos Aires 1869-1945), Sohn einer italienischen Einwandererfamilie, hielt in seinen Gemälden, Zeichnungen und Graphiken die Veränderungen der Stadt Buenos Aires fest. Über 100 Werke sind nun – seit dem 23. Juli und bis zum 25. August – in einer umfassenden Ausstellung im Museo Nacional de Bellas Artes der Hauptstadt zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Die Ausstellungen der Woche:

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