Skulpturen voller Leben

José Piuma stellt in der Galerie Atica aus

Von Susanne Franz

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Es gefällt ihm, wenn man sie berührt. An denjenigen Skulpturen, die aufklappbar sind, hat der Bildhauer José Piuma sogar Einkerbungen auf und unter dem Deckel angebracht, in die die Finger einer Hand passen. Dennoch packt den Betrachter eine Art heilige Scheu, die liebevoll gearbeiteten Objekte anzufassen. Sie erzeugen ein derart dichtes Spannungsfeld, dass man Angst hat, sie mit der Berührung zum Leben zu erwecken.

Mit metaphorischem Leben füllt der Bildhauer diejenigen seiner Werke, die ein aus Holz gefertigtes Herz enthalten, mit schräg abgesägten Kupferrohren, die die Schlagadern darstellen. In “Democracia en el país del Trigo” – dem einzigen politischen Werk in dieser sehr persönlichen Ausstellung Piumas – sind es übereinandergeschichtete rostige Nägel, die die Menschen symbolisieren, die von ihrem Land nicht gut behandelt werden.

Piuma vereinigt in seinen Skulpturen die unterschiedlichsten Materialen: wertvolle Hölzer, die er poliert und teils kunstvoll verziert – oder aber verbranntes Holz, zu Zacken geschmiedetes Eisen, Nägel, Drahtseil, Stein, Glas – und dann wieder edlen Marmor.

Die explosive Spannung in seinen Werken wird durch die Mischung dieser gegensätzlichen Elemente erzeugt. So sind in der Skulptur “Un mundo mejor” auf einem Block verbrannten Holzes schmiedeeiserne Zacken wie ein bedrohlicher Speerwald angeordnet. In der Mitte der Stachelfestung steht ein kleiner, weißer reiner Block Marmor – die innere Welt, die bei aller Härte ringsherum intakt bleibt.

Die Ausstellung, die José Piuma momentan in der Galerie Atica zeigt, besteht fast ausschließlich aus Werken, die er in diesem Jahr geschaffen hat. Der kreative Prozess, der ihn zu ihrer Vollendung geführt hat, hat viel länger gedauert: “Diese Skulpturen sind alle Bilder meiner Familie”, sagt Piuma – Bilder, die er teils schon seit Jahren in sich getragen hat.

Piuma, der 1969 in Temperley geboren wurde (wo er auch die “Primaria” der deutschen Schule besuchte), ist ein religiöser Mensch und hat neben seiner abstrakten künstlerischen Bildhauerarbeit auch viele religiöse Werke geschaffen – Altäre, Heiligenfiguren und vieles andere. Man kann auf seiner Webseite www.piuma.com.ar einen kleinen Einblick in seine schöne Produktion erhalten.

Seine hervorragenden tiefgründigen Skulpturen der Serie “Rescoldo” kann man dagegen “live” noch bis zum 23. Juni in der Galerie Atica, Libertad 1240, PB “9”, betrachten (Mo-Fr 11-13 und 15-20, Sa 11-13.30 Uhr).

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 16.06.07.

Freiheit hinter Mauern

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Gemälde von Roma Geber bei Ursomarzo

Von Susanne Franz

Roma3.JPGTraum und Wirklichkeit vermischen sich in den Gemälden der Künstlerin Roma Geber. Die Motive im Vordergrund ihrer Bilder sind Türen, Torbögen und Toreinfahrten. Sehr realistisch und plastisch arbeitet Geber die abgewetzten Steine, die alten Mauern heraus, die scheinbar Jahrzehnte Wind und Wetter standgehalten haben. An den Häusern sind zum Teil Hausnummern befestigt, manchmal stehen sogar Graffitis an den Wänden.

Doch das, was wirklich wichtig ist, liegt jenseits der Mauern. Geber lässt uns durch die Tore hindurchschauen und das Schöne entdecken, das dahinterliegt – den Ort, an den man gelangt, wenn man es gewagt hat, die Schwelle zu übertreten. Dann ist da plötzlich ein Feldweg, der in unendliche grüne Weiten führt. Frische, klare Luft umgibt den Wanderer, Bäume und Sträucher am Wegesrand laden ein und locken ihn, diesen Weg zu gehen, auch wenn er nicht weiß, wohin er führt. In einem anderen Gemälde sieht man hinter einer Tür, die halb offen steht, eine dunkle Eingangshalle – und hinten an der Wand ein Fenster, durch das man blauen Himmel und denselben unendlichen Horizont sieht.

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Libertad detrás de los muros

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Obras de Roma Geber en Ursomarzo

Por Susanne Franz

Roma3.JPGSueños y realidad se mezclan en los cuadros de la artista Roma Geber. Los motivos en el primer plano de sus obras son puertas, arcadas y portales. Con gran realismo y plasticidad, Geber realza las piedras desgastadas y los viejos muros, que aparentemente han resistido durante décadas el viento y la marea. En algunas de las casas se pueden ver las placas con los números. En algunas paredes hasta que hay graffiti.

Pero lo realmente importante está detrás de los muros. Geber nos permite mirar a través de los portones y descubrir lo bello que se encuentra detrás: el lugar al que se llega si se ha osado a cruzar el umbral. Ahí aparece inesperadamente una senda, que lleva a un espacio verde infinito. Aire fresco y claro rodea al caminante; árboles y arbustos al borde del camino lo invitan y atraen para recorrer este camino, aunque no sepa hacia dónde llega. En otro cuadro, detrás de una puerta semiabierta se ve un vestíbulo oscuro, y en la pared al fondo una ventana a través de la cual se observa un cielo azul y el horizonte infinito.

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Aus dem Bauch heraus

Jorge Kleiman stellt bei Coppa Oliver aus

Von Susen Hermann

Kleiman.JPGJorge Kleiman lebte 18 Jahre lang in Spanien. Jetzt kehrte der Maler in sein Heimatland Argentinien zurück. Mit im Gepäck trug der Künstler seine neuesten Arbeiten, die er vom 05. bis 31. Oktober in der Galerie Coppa Oliver in der Talcahuano 1287 vorstellen wird. Die Eröffnung findet am 04. Oktober um 19 Uhr statt.

“La imagen inconsciente” (Das unbewusste Bild) ist der Name der Ausstellung und verrät, dass es sich bei den Bildern nicht um geplante und vorskizzierte Werke handelt. Kleiman malt aus dem Bauch heraus und beschreitet den Weg des Automatismus, den vor ihm schon Künstler wie Picasso, Miró, Tanguy, Masson und Max Ernst eingeschlagen haben. Über diese Technik informiert auch sein Vortrag “Introducción al Automatismo en la Pintura” (Einführung in den Automatismus in der Malerei). Dieser findet am Mittwoch, den 18. Oktober, um 19 Uhr in den Ausstellungsräumen statt.

Erschienen am 16.09.06 im “Argentinischen Tageblatt”.

Überschäumende Kreativität (1999)

Jorge Meijide stellt bei Atica aus

Von Susanne Franz

Jorge2.jpgDer Name der Ausstellung „Son todos boletos” („Das sind alles Fahrscheine”) hat im Slang der argentinischen Hauptstadt die Bedeutung „Das sind alles Lügen”. Dementsprechend ist man auf eine Art Sozialkritik gefasst und erlebt eine Überraschung, wenn man die Exposition besucht: Es sind nämlich tatsächlich alles Fahrscheine. Hunderte der kleinen Zugfahrkarten aus Pappe (die es heute nicht mehr gibt) hat Jorge Meijide bemalt, mit Bleistift, Buntstiften, Kohle, mit allem scheinbar, was er gerade zur Hand hatte.

Die Werke, die hier an den Wänden der Galerie hängen, können aus einem einzelnen bemalten Fahrschein bestehen oder eine Collage aus vielen verschiedenen sein, die beliebig angeordnet sind (eines der Markenzeichen Meijides). In diesen Collagen ist meistens ein Platz mit einem Original-Fahrschein belegt. Das Loch, das beim Entwerten der Fahrkarte entstanden ist, wird mit einbezogen: als Auge bevorzugt, aber auch in allerlei erotischen Varianten. Landschaften, Porträts, Akte und Strichmännchen wirbeln da durcheinander; Sketche, Entwürfe, Comics und kleine Meisterwerke wechseln sich ab.

Jeder dieser Fahrscheine hat seine eigene Geschichte, wurde von einem Reisenden gekauft, der ihn im Zug auf dem Weg zu irgendeinem Ziel sorgfältig aufbewahrte und ihn dann, wertlos geworden, wegwarf. Für den Zeitraum der Zugfahrt hatte das Kärtchen Bedeutung. Eine gewisse Magie bleibt an dem Objekt haften, der Zauber des Unterwegs-Seins, vielleicht der des Sich-anders-entscheiden-Könnens.

Indem Jorge Meijide die Fahrscheine durch seine Zeichnungen zu Kunstwerken macht, verstärkt er den ihnen innewohnenden Reiz. Es sind eben nicht nur Fahrscheine – die überschäumende Kreativität des Künstlers lässt aus ihrer Vielfalt ein Kaleidoskop des Lebens erstehen.

Dieser Artikel erschien am 20.11.1999 im “Argentinischen Tageblatt”.

Kluges Doppelspiel im virtuellen Raum (1999)

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Porträt der Künstlerin Mirta Narosky

Von Susanne Franz

mirta3.jpgEin Universum befindet sich in dem Kasten, der aus Holzleisten zusammengezimmert scheint. Die Wände, transparent wie in einem Aquarium, sind an manchen Stellen durchlässig, Figuren und Dinge treten in osmotischen Kontakt mit der Außenwelt. Tücher fallen aus der Kiste zu Boden, Menschen klettern, winden sich an den Eckpfeilern entlang. Wollen sie hinein, hinaus?

Für das Erschaffen der so plastisch wirkenden surrealistischen Welt, mit der die Künstlerin Mirta Narosky das Auge des Betrachters vergnügt, betrügt, verläßt sie niemals die „Normalität”, die Fläche, die Leinwand. Die Rahmen sägt sie selbst zurecht („eine Heidenarbeit!”, stöhnt die Künstlerin), der Rest ist Zauberei. In einer unglaublich reichen, mit gesichtslosen Menschenkörpern, Fratzen und allerlei rätselhaften Symbolen bevölkerten Szenerie, die Naroskys Meisterschaft als Zeichnerin verrät, schafft sie seltsam anmutende neue Perspektiven, spielt mit projizierten Schatten, kreiert Volumen und neue Räume, die tief ins Bild hinein in andere Galaxien zu reichen scheinen.

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Un inteligente doble juego en el espacio virtual (1999)

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Retrato de la artista Mirta Narosky

Por Susanne Franz

mirta3.jpgEn la caja que parece estar armada con maderas, encontramos todo un universo. Las paredes, transparentes como las de una pecera, en algunas partes son penetrables; figuras y objetos entran en contacto osmótico con el mundo exterior. Telas caen de la caja al suelo, hombres trepan, se deslizan por las estructuras. ¿Quieren entrar? ¿Quieren salir?

Este un mundo tan plástico, casi surrealista, con el que la artista Mirta Narosky contenta, engaña la mirada del observador, nunca abandona la “normalidad”, la superficie, la pantalla. Ella misma ha encastrado los marcos (“un trabajo infernal”, dice cansada la artista), el resto es magia. Enormes cuerpos con forma humana y sin rostro, muñecos caricaturescos y símbolos de lo más extraños constituyen la escena que delata la maestría de la dibujante y diseñadora Narosky. La artista logra impresionantes perspectivas, juega con sombras proyectadas, crea volumen y nuevos espacios que parecen llevarnos a otras galaxias.

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Die Brückenbauerin (2001)

Silvina Der-Meguerditchian, in Berlin lebende argentinische Künstlerin, im Centro Cultural Borges

Von Susanne Franz

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Untitled, Nitroprint on paper, 15 cm x 15 cm.

Deutschland ist ihr Zuhause, und trotzdem beginnt sie zu weinen, wenn die Folkloregruppe, die im Zug Musik macht, “Sobreviviendo” – “Überleben” – des kämpferischen Barden Victor Heredia singt. Silvina lebt schon seit 13 Jahren in Berlin, ein gehöriges Stück ihres gerade mal 33-jährigen Lebens. In Deutschland lebt es sich bequem, man muss eben nicht jeden Tag ums Überleben kämpfen. Die kreative Kraft, die die Menschen in Argentinien einsetzen, um ihr Lebensschiff um stürmische Klippen zu steuern, kann Silvina in Deutschland für ihre künstlerische Arbeit nutzen. Und für das Aufarbeiten ihrer Vergangenheit, die armenischen Wurzeln der Argentinierin.

Hauptsächlich um Integration geht es ihr, wobei sie in ihrer letzten Ausstellung vor zwei Jahren (auch im Borges-Kulturzentrum) die Flucht ihrer Vorfahren nachzeichnete, aus Karten, Plänen, Lebensgeschichten ein vielschichtig verwobenes Herantasten an den Begriff “Identität” unternahm.

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Marke Pérez Celis (2000)

Ein populärer argentinischer Künstler verbindet Markt und Tränendrüsen

Von Susanne Franz

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“Xentenario”, 173 x 198 cm, zum 100-jährigen Jubiläum
des Fußballclubs Boca Juniors 2005.

Der Mann versteht sich zu verkaufen. Für einen Künstler ist Pérez Celis in Argentinien sehr bekannt und wird allgemein geschätzt – vielleicht kennt man sein Werk nicht, seinen Namen aber bestimmt. Als leidenschaftlicher Boca-Fan gestaltete er ein Poster seiner Lieblings-Fußballmannschaft, das bringt ja mindestens schon einmal die Hälfte (plus einen) der Argentinier auf seine Seite. Im letzten Jahr gestaltete er das Programmheft und die Plakate des erfolgreichen Internationalen Theaterfestivals von Buenos Aires. Für verschiedene Universitäten der Provinz Buenos Aires hat der Künstler monumentale Wandmalereien geschaffen, was ihn in den Blickpunkt der Studierenden rückt und als einen dastehen lässt, der um Dinge wie Erziehung und Jugend bemüht ist. Seine Malerei ist eingängig und – wie seine Person – populär.

Vielleicht appelliert der Mann im Rahmen seiner jüngsten Ausstellung (im schönen Palais de Glace) nun aber doch zu massiv an die Gefühle des breiten Publikums.

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Banane mit Symbolstatus (2001)

Die ecuatorianische Künstlerin Rocío Plúas in der OEA

Von Susanne Franz

banane.jpgNachdem sie viele Jahre im Ausland, in den unterschiedlichsten Kulturkreisen gelebt hat – in Singapur, Deutschland, Frankreich und jetzt in Argentinien – verspürt Rocío Plúas immer stärker das Bedürfnis, zu ihren Wurzeln zurückzukehren, ihre Identität über die persönlichen Erlebnisse zu definieren, die sie in ihrer Kindheit in Ecuador geprägt haben. Dabei verfällt sie jedoch keineswegs in eine regressive, unbestimmte Sehnsucht, sondern betrachtet mit einem ironisch-kritischen Auge die schwierige Situation, in der sich ihr Land heute befindet, und sie nimmt soziale Missstände ebenso aufs Korn, wie sie um den schleichenden Verlust der Traditionen einer uralten, reichen Kultur trauert, die ebenso wie der Rest des Kontinents zur US-amerikanisch geprägten Coca Cola- und Hamburger-Unkultur verkommt.

Dass sie im Heute ruht, beweist der Aufbau ihrer sehr sehenswerten Ausstellung in der OEA: Im Eingang befinden sich die jüngsten Werke, die die Banane zum Thema haben, in allen denkbaren Varianten, wobei Rocío mit dem Klischee arbeitet, dass es in Ecuador nichts als Bananen gibt. Mit viel Humor werden diese Vorstellungen karikiert. Ein Werk mit einer Bananenschale heißt “Vorsicht”, es gibt abstrakte Bananen, blaue Pop-Art-Bananen oder “United Colors of Ecuador”-Bananen. In zwei Werken schiebt sich ein Bananenbaüm auch plastisch vor die Stadt und in die Stadt – das Leben der Menschen – hinein, Arbeiter auf einer Bananenplantage zeigen, dass die Banane kostbare Lebensgrundlage auch der einfachen Menschen sein sollte und nicht Konsumgut in den Händen einiger weniger Großgrundbesitzer.

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La banana como símbolo (2001)

La artista ecuatoriana Rocío Plúas expone en la OEA

Por Susanne Franz

banane.jpgLa ecuatoriana Rocío Plúas ha vivido durante años en muchos países diferentes: Singapur, Alemania, Francia, y ahora Argentina. Después de sumergirse en tantas culturas diferentes, siente cada vez más fuerte el deseo de volver a las raíces, para poder definir su identidad a través de las experiencias que la formaron en la infancia, en su país, Ecuador. Esto no significa regresar a un estado de nostalgia indeterminada. Al contario: con una mirada crítica e irónica, Plúas observa la difícil situación en la que se encuentra su país hoy en día. Lamenta las grandes diferencias sociales tanto como la pérdida de las tradiciones de una cultura antigua y rica que se está convirtiendo —como el resto del continente— cada vez más en una no-cultura al estilo de los Estados Unidos.

Plúas vive en el presente, y lo demuestra con claridad desde la concepción de su recomendable muestra en la OEA. En la sala de la entrada expone obras recientes que tienen como tema la banana. La artista trabaja con el cliché de que en Ecuador no hay nada más que bananas. Ironizando sobre este preconcepto con mucho humor, titula una obra con una cáscara de banana “Cuidado”, pinta bananas abstractas, bananas pop azules, o bananas “United Colors of Ecuador” (todas color banana).

En dos pinturas, un árbol de banano en el primer plano de la obra domina —también en el trabajo plástico— la vida en la ciudad y la vida de la gente. Cuadros con trabajadores en las plantaciones de bananos demuestran que la banana debería ser el producto básico para la vida de la gente común, y no un objeto de consumo y lujo en manos de unos pocos, poderosos dueños de la tierra.

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