“Kino muss ins Leben wirken”

Der deutsche Regisseur Christoph Hochhäusler ist ein Allrounder – in Buenos Aires war er auf dem 15. BAFICI zu Gast

Von Jana Münkel


Er ist 1972 in München geboren, hat zunächst eine Weile Architektur in Berlin studiert und kam schließlich über Umwege zum Filmstudium an die HFF München: Christoph Hochhäusler ist Regisseur aus Leidenschaft, wird zu der sogenannten “Berliner Schule” gezählt und hat mit Filmen wie “Unter dir die Stadt” (D 2010) oder “Dreileben – Eine Minute dunkel” (D 2011) viel Aufmerksamkeit und Anerkennung geerntet. Mit diesen Filmen war er auch zum diesjährigen BAFICI (Buenos Aires Festival Internacional de Cine Independiente) eingeladen.

An dem sonnigen Freitagnachmittag des zweiten Festivaltages kommt er entspannt zum Auditorium “El Aleph” im Centro Cultural Recoleta geschlendert, um eine neue argentinische Filmzeitschrift vorzustellen – und wirkt überhaupt nicht wie jemand, der mit einer anstrengenden “Vierfachrolle” in Buenos Aires zu Gast ist. Der Regisseur weilt nämlich nicht nur in Argentinien, um Zeitschriften vorzustellen oder seine Filme zu zeigen, sondern ist ebenso Jurymitglied. Er wird alle Filme der Sektion “cine argentino” sehen und mit seinen Jurykollegen diskutieren, um den besten argentinischen Film zu küren. Darüber hinaus ist er im “TalentCampus” eingebunden, um jungen Filmemachern etwas von seinem Wissen weiterzugeben. Begleiten wir ihn also ein bisschen und erleben einen Nachmittag im Leben des vielbeschäftigten Festivalgasts.

Rebellisch auf dem Podium

Vor 15 Jahren ging Christoph Hochhäusler zusammen mit Kommilitonen der Filmhochschule München im wahrsten Sinne des Wortes auf Konfrontation und gründete die Kinozeitschrift “Revolver”. “Es war eine Art Notwehr und der Versuch, das, was uns interessiert, selber zu organisieren”, sagt er heute und beschreibt die Enttäuschung über die HFF und die Notwendigkeit der Zeitschrift als “Startpunkt für ein neues Wir”. Deshalb freut es ihn umso mehr, einer neuen argentinischen Zeitschrift im Rahmen des BAFICI Starthilfe zu leisten. “Las naves” erscheint in Kooperation mit Revolver und wird herausgegeben von Juliana Mortati und Hernán Rosselli.

Bei der Begrüßung der Podiumsgäste tut sich Moderator Roger Koza nicht ganz leicht mit der Aussprache von “Hochhäusler” – dieser nimmt’s mit Gelassenheit und einem Grinsen und es entwickelt sich eine rege Diskussion über das Kino im Allgemeinen und “las naves” im Besonderen. Es gibt einen direkten Austausch von Texten und Interviews zwischen “Revolver” und “las naves” und das wird deutlich in der ersten Ausgabe, zu der auch Hochhäusler ein kurzes Manifest beigesteuert hat.

Auf dem Podium entbrennt unterdessen eine hitzige Diskussion zwischen Hochhäusler und dem argentinischen Regisseur, Produzenten und Schauspieler Mariano Llinás. Letzterer prangert die “festivalgeile” Haltung junger Filmemacher an und beklagt ihre unpoetischen Filme, Hochhäusler dagegen springt für sie in die Bresche: “Man kann nicht von jedem ein ‚Kino der Götter‘ erwarten, das ist zu schwer für ihre Schultern!” Die schlagfertigen Wortwechsel sorgen für allgemeine Heiterkeit und die Übersetzerin kommt zeitweise gar nicht hinterher. Doch die beiden verstehen sich auch so, schließlich “vertragen” sie sich mit einem kräftigen Handschlag – der gilt in allen Sprachen!

Auf der Suche nach einem Gefühl

Eine lange Verschnaufpause hat Hochhäusler nach der Diskussion nicht, es geht direkt weiter zum Screening seines Films “Unter dir die Stadt” im Village Cines. Der Kinosaal ist gut gefüllt und das unterkühlte Bankerdrama aus der Chefetage einer Frankfurter Investmentbank wird begeistert aufgenommen; im Anschluss gibt es minutenlangen Applaus. Hochhäusler steht für ein “Questions and Answers” zur Verfügung und gibt bereitwillig Auskunft. Wie er an das Thema herangegangen sei, möchte eine Zuschauerin wissen. Er habe viele Interviews geführt, erzählt der Münchner, allerdings seien diese nur über Bekannte von Freunden zustande gekommen: “Von offizieller Seite war da keinerlei Kommunikation gewünscht.” Vor allem die wenigen weiblichen Bankerinnen hätten aufschlussreiche Dinge verraten.

Der Film entstand vor der Krise, “Ahnungen von einem Crash wurden aber schon geäußert. Mit einer Krise diesen Ausmaßes hatte allerdings keiner gerechnet.” Warum der Banker des Jahres im Film Drogenabhängigen beim Fixen zuschauen müsse, lautet die Frage eines anderen Festivalbesuchers. Jeder sei getrieben von der Sehnsucht, etwas Wirkliches zu spüren, so Hochhäusler. Realitäts-Feeling für die Abgehärteten also. Anschaulich vergleicht der Regisseur den Investmentbanker mit einem Bomberpiloten: “Auch der sieht nicht, wo seine Bombe niedergeht und was sie anrichtet.”

Festivalskepsis und Kino als soziale Praxis

Wenig später sitzt er, noch immer quietschfidel, in einem Büchercafé auf dem Festivalgelände und lässt sich mit weiteren (Interview-)fragen löchern. Mitten im Gespräch stürmt eine Filmzuschauerin herbei, um mit ihm noch weiter über seinen Film zu sprechen. Sie ist ganz aus dem Häuschen und er antwortet ihr geduldig – sogar auf Spanisch! “Das Publikum hier ist sehr interessiert am Kino und an der Debatte”, sagt Hochhäusler anerkennend mit einem kleinen Schmunzeln. Er freut sich, als Jurymitglied alle argentinischen Filme anzusehen, ist aber gleichzeitig überzeugter Festivalkritiker: “Ganz allgemein ist das Festivalsystem ja so eine Art Krankheit, die die Welt des Kinos befallen hat und alles auffrisst. Ich wünsche mir eigentlich ein Kino, das weit darüber hinausgeht.” Was für ihn dann Kino sei? “Erst einmal eine soziale Praxis. Man kommt zusammen, um Filme zu sehen.” Aber auch der Diskurs darüber sei unabdingbar, Kino müsse ins Leben wirken.

Christoph Hochhäusler nähert sich dem Film jedoch nicht nur in dieser fast philosophischen Art und Weise an, er beschäftigt sich selbstverständlich auch praktisch mit “seinem” Medium. Es liegt ihm am Herzen, seine Erkenntnisse auch mit jungem Regienachwuchs zu teilen; seine Vorbildfunktion nimmt er sehr ernst. Im Rahmen des “TalentCampus” auf dem BAFICI, zu dem junge südamerikanische Filmemacher eingeladen sind, referiert er in der Universidad del Cine über neue Möglichkeiten des Erzählens im Zeitalter des digitalen Wandels.

Hat er selber Vorbilder? “Ganz ganz viele”, lacht er und beginnt, aufzuzählen: “Luchino Visconti, Alfred Hitchcock, Max Ophüls, Orson Welles, John Ford, Francis Coppola, Lucrecia Martel…” Als Christoph Hochhäusler nach dem interessanten Gespräch davonschlendert, wirkt er noch immer nicht wie einer mit vollem Terminkalender. Dabei wartet doch bereits der nächste Empfang!

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Fröhliche Präsentation der ersten Ausgabe von “las naves” (v.l.n.r.): C. Hochhäusler, H. Rosselli, N. Prividera, Moderator R. Koza, J. Mortati, M. Llinás, A. Di Tella.
(Foto: Roger Koza)

“Lasst uns für eine Minute schweigen”

Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag des Aufstands im Warschauer Ghetto

Von Jana Münkel


Die vielen Sitzplätze im Gewölbefoyer des Holocaustmuseums reichen gar nicht aus, so viele Menschen sind am Dienstagabend gekommen, um gemeinsam den Opfern der Shoah zu gedenken. Vor allem ältere Besucher hat es zu der Veranstaltung gezogen. Leise, melancholische Flötentöne, gespielt von Liliana Iciksonas, bahnen sich ihren Weg durch das Stimmengewirr und sorgen für andächtige Ruhe. Nach der Begrüßung spricht David Galante. Er ist Auschwitzüberlebender, verlor bis auf einen seiner Brüder die gesamte Familie. Mit brüchiger Stimme spricht er von seinen Erlebnissen, von dem, was seine Augen niemals vergessen können, wie er sagt. “Und deshalb sind wir heute hier: Um zu erzählen, was wir erlebt haben.”

Im Fokus steht an diesem Abend der Jahrestag des Aufstands im Warschauer Ghetto, der sich am 19. April zum 70. Mal jährte. Die dort gefangenen Juden lehnten sich mit allem, was sie an Waffenähnlichem zur Verfügung hatten, gegen ihre Deportation auf. Als die Nazis in das Ghetto einmarschierten, wurden sie von jüdischen Widerstandskämpfern unter der Leitung von Mordecai Anielewicz angegriffen und aufgehalten. Etwa vier Wochen dauerten die erbitterten Kämpfe an. Um den Widerständlern sowie allen getöteten und überlebenden Juden zu gedenken, entzünden Persönlichkeiten aus dem jüdischen Leben in Argentinien sechs Kerzen an einem Leuchter. Gefolgt wird dieser symbolische Augenblick von einer Schweigeminute und einem gemeinsamen Gebet, ein bewegender Moment für alle Anwesenden.

In seiner anschließenden Rede erinnert der Rabbi und Rektor des lateinamerikanischen Rabbinerseminars Dr. Abraham Skorka an den “Horror der Shoah” und die “schreckliche Stille in Auschwitz”. Ein eindringliches Plädoyer für die gekonnte Balance zwischen Freiheit und Recht hält im Anschluss Dr. Luis Alberto Romero, Professor für Geschichte an der philosophischen und geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universidad de Buenos Aires: “Wenn das Gesetz bedroht ist, ist die Freiheit in Gefahr.”

Im Rahmen der Gedenkveranstaltung wird ebenso der neue Aufsichtsrat vorgestellt, der bis 2015 in dieser Zusammensetzung arbeiten wird. Unter mehrfachem Zwischenapplaus hält der neue Museumspräsident Claudio Avruj seine Antrittsrede. Feurig und überzeugend spricht er von der Wichtigkeit des Holocaustmuseums als Institution, die seit 20 Jahren einzigartig in Lateinamerika sei, und bedankt sich bei allen Unterstützern. Es sei zudem ein enormes Privileg, noch mit Überlebenden sprechen zu können.

Auch in Buenos Aires leben einige Zeitzeugen, die regelmäßig ihre Erlebnisse schildern, Avruj honoriert ihren Einsatz gegen das Vergessen. Er gedenkt vor allem der Märtyrer und Helden des Ghettoaufstands vor 70 Jahren und fordert dazu auf, sich nicht nur zu erinnern, sondern nach den Gründen der Shoah zu suchen. “Das Museum soll eine laute Stimme sein, die Geist und Verstand anregt, eine bessere Gesellschaft zu schaffen.”

Nach seiner Rede wird Avruj von vielen Seiten beglückwünscht. Zum Abschluss der Veranstaltung gibt es ein besonderes musikalisches Ereignis. Gemeinsam mit einer russischen Überlebenden singen alle Anwesenden die jiddische “Partisanenhymne”, die auch im Warschauer Ghetto oft zu hören war. Viele können auswendig aus voller Kehle mitsingen: “Dos lid geschribn is mit blut un nischt mit blej” – auch im Holocaustmuseum an diesem Dienstagabend hört man noch die Entschlossenheit heraus, die hinter diesem Vers steckt.

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Der neue Museumsdirektor Claudio Avruj bei seiner Ansprache.
(Foto: Jana Münkel)

Die Krise als Chance?

Deutscher Soziologe Ulrich Beck zu einem kosmopolitischen Europa

Von Jessica Steglich


Am Dienstagabend veranstaltete die Fundación OSDE in Zusammenarbeit mit der Universidad Nacional de San Martín und der Universidad Diego Portales de Chile im Sheraton Hotel in Buenos Aires eine Konferenz zum Thema “La Crisis de Europa”. Als Ehrengast und Hauptredner war der renommierte deutsche Soziologe Prof. Dr. Ulrich Beck geladen. Moderiert wurde die Veranstaltung von dem chilenischen Soziologen Ernesto Ottone. Beck, einer der meist zitierten Soziologen der heutigen Zeit, war bis 2009 Professor der Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, und ist seither unter anderem Gastprofessor an der London School of Economics and Political Science.

Im Verlauf des Abends erläuterte Professor Beck seinen soziologischen Ansatz im Kontext der aktuellen Krise in Europa. Seiner Ansicht nach erfordert die wissenschaftliche Diskussion über diese Thematik neue Kategorien des Denkens, da der Nationalstaat als Akteur zwar noch existiere, aber in der heutigen globalisierten, transnational gewordenen Welt einen Bedeutungsverlust erfahren habe. Er plädiert dafür, von einem “methodologischen Nationalismus” zu einem “methodologischen Kosmopolitismus” überzugehen. “Der Nationalismus ist heutzutage paradoxerweise zum Feind der Nationen geworden”, so Beck, und sieht die Lösung dieses Problems in einem “kosmopolitisierten Europa”.

Für Beck steht der Sinn eines geeinten Europas außer Zweifel. Anhand von vier entscheidenden Punkten legitimierte er das Weiterbestehen des Staatenverbandes.

Zum Ersten habe das vereinte Europa historisch gesehen erstmals dauerhaften Frieden nach Europa gebracht. Es verkörpere damit den Gedanken des “Nie wieder” seiner Gründerväter und sei auch ein Symbol für den jahrzehntelangen Wohlstand der europäischen Nationen.

Zweitens verhindere die Europäische Gemeinschaft den Bedeutungsverlust der Einzelstaaten. Diese seien in einer transnationalen, globalisierten Welt, dominiert von Wirtschaftsinteressen etablierter und aufsteigender Supermächte, keineswegs in der Lage, ihre Interessen im Alleingang durchzusetzen. Als Beispiel führt Beck das Szenario eines möglichen EU-Ausstiegs Großbritanniens an, der seiner Ansicht nach zum partiellen Verfall des Landes führen könnte. Während nämlich die Waliser und Schotten sich um eine weitere Mitgliedschaft bemühen würden, könnte England als regional isolierter Akteur starke Einbußen in seiner globalen Bedeutung erfahren, prophezeit Beck.

Ein weiterer Zweck der europäischen Union könne in der Neuerfindung der Moderne liegen. Das System des “selbstmörderischen Finanzkapitalismus”, so Beck, welcher sich von Europa aus über die ganze Welt ausgebreitet und verheerende Auswirkungen nach sich gezogen habe, müsse weiterentwickelt, sozusagen repariert werden. Diese Aufgabe könne Europa in Zusammenarbeit mit anderen Ländern und der internationalen Gemeinschaft angehen.

Der vierte mögliche Sinn einer europäischen Union könnte nach Beck die Neuinterpretation des Nationalismus-Begriffs sein. Entgegen der Angst vieler Einzelstaaten, Europa würde ihre nationale Autonomie und Autorität unterminieren, schlägt Beck vor, vom Gedanken eines einzigen “europäischen Demos” abzurücken. Vielmehr könne die Vorstellung einer Vielzahl an “Demoi”, also verschiedener europäischer Völker, die gemeinsam im europäischen Projekt ihre Zukunft gestalten, den Schutz der nationalen Identitäten garantieren.

Der Soziologe äußerte sich auch zur neuen Führungsrolle Deutschlands innerhalb der Europäischen Union. Dabei benutzte er den Begriff “Merkiavelli”, eine Anspielung auf Merkels machtpolitisches Kalkül im Sinne des Politikphilosophen Niccolò Machiavelli. Beck sieht diese neue Rolle Deutschlands kritisch, da die deutsche Regierung versuche, ihre eigene Sparpolitik der EU überzustülpen, und damit Unmut und Ressentiments innerhalb der Gemeinschaft schüre. Allerdings sei Deutschland ganz ungewollt in der europäischen Hierarchie aufgestiegen und zu einer mächtigen Führungsnation avanciert, eine Rolle, vor der 1953 bereits Thomas Mann gewarnt habe.

Beck zufolge müssten die Länder dieser Erde lernen, sich mit den Augen der Anderen zu betrachten. So gesehen hält er sein Konzept auch für übertragbar auf andere Regionen. Allerdings wirft ein Publikumbeitrag zur Bedeutung von “Patria” in diesem Kontext die Frage auf, ob es historisch bedingt unterschiedliche Auffassungen von Heimat und Herkunft gibt. Insofern bleibt diskutierbar, ob andere Kulturkreise sich mit diesem Konzept ebenso identifizieren können.

Die große Zahl der Konferenzteilnehmer offenbarte jedenfalls das große Interesse, mit welchem man auch hierzulande die Entwicklungen der Krise in Europa beobachtet.

Am Ende seiner Ansprache und nach der Beantwortung einiger Publikumsfragen bedankte sich Dr. Beck bei seinem Publikum und den Veranstaltern, und stellte sich im Anschluss für Fotos und Autogramme zur Verfügung.

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Prof. Dr. Ulrich Beck weilte auf Einladung der Fundación Osde und der UNSAM in Argentinien.
(Foto: Jessica Steglich)

Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 20/04/2013-27/04/2013

Von Susanne Franz

Am 23. April wird im Museum Fortabat in Puerto Madero, Buenos Aires, die Ausstellung “Trascendencia/Descendencia” des renommierten argentinischen Malers Roberto Aizenberg (1928-1996) eröffnet.

Die Schau, die bis zum 23. Juni zu sehen sein wird, gehört zu den seit dem vergangenen Jahr organisierten temporären Ausstellungen, die nun neben der beeindruckenden Sammlung der “Colección de Arte Amalia Lacroze de Fortabat” besucht werden können. Die Aizenberg-Ausstellung wurde von Valeria González kuratiert.

“Trascendencia/Descendencia” umfasst 65 Werke Aizenbergs und einige zeitgenössische Produktionen. Die Schau will die Transzendenz des Werkes dieses außergwöhnlichen Künstlers aufzeigen, seine Veränderungen im Laufe der Jahre und in unterschiedlichen historischen Zusammenhängen sowie seinen Einfluss auf die späteren Generationen.

Die Kuratorin hat die Ausstellung anhand von zwei Leitlinien aufgebaut: einmal der freien Assoziation folgend – eine Spiegelung des Arbeitsweise des Malers. Die zweite arbeitet visuelle Gesetzmäßigkeiten sowohl in den Werken Aizenbergs heraus als auch im Dialog seiner Bilder mit denen junger argentinischer Künstler. Hier kommen Werke von Pablo Lapadula, Amadeo Azar, Nuna Mangiante, Cristina Schiavi, Max Gómez Canle, Daniel Joglar, Lucio Dorr, Santiago Porter, Magdalena Jitrik, Mariano Vilela, Mariano Sardón und Silvana Lacarra “zu Wort”, darüber hinaus zwei Fotografien von Julio Grinblatt und Humberto Rivas.

Die Ausstellungen der Woche:

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Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 20/04/2013-27/04/2013

Por Susanne Franz

El 23 de abril, se inaugurará en la Colección de Arte Amalia Lacroze de Fortabat, la exposición “Trascendencia/Descendencia” del gran maestro argentino Roberto Aizenberg (1928-1996).

La muestra se exhibirá hasta el 23 de junio en el marco de una nueva propuesta de exposiciones temporales iniciada en el 2012, que se suma a la colección permanente del Museo Fortabat. Esta exhibición cuenta con la curaduría de Valeria González.

“Trascendencia/Descendencia” reúne 65 obras de Roberto Aizenberg junto con algunas producciones de artistas contemporáneos. La exhibición se articula desde la trascendencia que adquiere la obra de un artista, atravesando épocas y realidades distintas hasta la estela que produce en generaciones posteriores.

La curaduría se organizó de acuerdo a dos instancias: una primera basada en la asociación libre, semejante al propio modo de composición del pintor. Y una segunda, en la que se buscó dar un orden expositivo a los vínculos visuales establecidos tanto entre obras del propio artista, como entre estas y las de artistas argentinos contemporáneos. En este diálogo con el arte actual estarán presentes trabajos de Pablo Lapadula, Amadeo Azar, Nuna Mangiante, Cristina Schiavi, Max Gómez Canle, Daniel Joglar, Lucio Dorr, Santiago Porter, Magdalena Jitrik, Mariano Vilela, Mariano Sardón, Silvana Lacarra, y dos fotografías de Julio Grinblatt y Humberto Rivas.

Las muestras de la semana:

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US-Tanz in der Welt – auch in Argentinien

Gastspiel von Doug Varone and Dancers im Martín Coronado-Saal des San Martín-Theaters

Von Susanne Franz


Das US-Kulturministerium will mit seinem Programm “DanceMotion USAsm” den US-amerikanischen modernen Tanz in der ganzen Welt bekannt machen. Wie besser als mit Gastspielen, die auch noch gratis sind? Also wurden vier Tanzensembles von Februar bis Mai 2013 auf Tour geschickt: “Spectrum Dance Theater” stellt sein Können in Bangladesch, Nepal und Sri Lanka unter Beweis, “Hubbard Street Dance Chicago” tanzt in Algerien, Marokko und Spanien, “Illstyle & Peace Productions” treten in Weißrussland, Russland und der Ukraine auf, und “Doug Varone and Dancers” sind in Argentinien, Paraguay und Peru unterwegs.

In Buenos Aires kann man im Rahmen der Gastspielsaison 2013 des San Martín-Theaters am 19. und 20. April jeweils um 20 Uhr im Martín Coronado-Saal (Av. Corrientes 1530) bei freiem Eintritt drei Choreographien von Doug Varone und seinen Tänzern erleben. Karten (2 pro Person) gibt es zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn. Weitere Informationen hier.

Sehr viel Wasser, göttliche Mütter und erschossene Kameras

Ein Streifzug durch die Sektionen des 15. Filmfestivals BAFICI

Von Jana Münkel


Noch ist es wuselig im “Village Cines” in Recoleta. Seit einer Woche verraten die langen Schlangen vor den Kinos, dass das 15. BAFICI in vollem Gange ist. Zeit für eine Zwischenbilanz! Es ist gar nicht so leicht, sich durch den Kinodschungel zu schlängeln und aus den mehr als 400 Filmen ein paar herauszupicken.

Der erste Langfilm der uruguayischen Regisseurinnen Ana Guevara und Leticia Jorge war bereits auf der Berlinale ein voller Erfolg. In Buenos Aires läuft er im internationalen Wettbewerb und auch hier kommt er an: alle drei Vorstellungen sind komplett ausverkauft. Es wird keine riesig aufgebauschte Geschichte erzählt, im Gegenteil. Trotzdem wird man hineingesogen in diesen Film mit dem vielen Wasser. Ein geschiedener Vater holt seine ihm fremdgewordenen Kinder bei der Mutter ab, um eine Urlaubswoche in einer Apartmentanlage zu verbringen. Die pubertierende Lucía (grandios in ihrer Mischung aus Unsicherheit und der Lust, was auszuprobieren: Malú Chouza) und ihr kleiner Bruder sind mäßig begeistert und dann regnet es auch noch unaufhörlich Sturzbäche. “Tanta Agua” ist koproduziert von “Komplizen Film”, einer Berliner Produktionsfirma, die von Maren Ade mitgegründet wurde. Ein bisschen scheint diese Handschrift durch; die Erzählweise der beiden Regisseurinnen erinnert sehr an Ades “Alle anderen”, das 2009 den Großen Preis der Berlinale-Jury gewann. Ohne viel Aufhebens wird man Zeuge eines Familienurlaubs, der sich erst zaghaft zu einem solchen entwickeln muss. Die hilflosen Annäherungsversuche des Vaters (Nestor Guzzini) an seine Kinder oder Lucías erste Flirts, Enttäuschungen und Alkoholeskapaden – das alles driftet nie ins Klischeehafte ab. Neben urkomischen Szenen, die viele Lacher im Kinosaal provozieren, wirken die Dialoge, in denen vieles unausgesprochen bleibt, authentisch und unkonstruiert. Es könnte sich um Szenen aus dem eigenen Urlaub handeln.

Auch zahlreiche sehenswerte Dokumentationen lassen sich auf dem BAFICI entdecken. Trotz der frühen Stunde ist die Pressevorführung des mit Spannung erwarteten “Bloody Daughter” (Außer Konkurrenz) gut gefüllt. Regisseurin Stéphanie Argerich ist die Tochter der weltberühmten argentinischen Pianistin Martha Argerich. “Ich bin die Tochter einer Göttin”, sagt sie selbst in leicht sarkastischem Ton und zeichnet das Porträt einer virtuosen Frau, die Chopin als die Liebe ihres Lebens bezeichnet, drei Töchter mit drei verschiedenen Männern hat und die Balance zwischen tourender Künstlerexistenz und Muttersein nicht immer zu halten vermochte. Herausgekommen ist ein sehr persönlicher Film, der gekonnt Bilder aus verschiedenen Zeiten integriert. Stéphanie filmte eher zufällig seit früher Kindheit. Das ist ein Glücksfall, denn so entstanden wertvolle Szenen, die die wunderschöne Martha Argerich mit dem feingliedrigen Gesicht in Jung, Alt, im Schlafanzug im Kreis der Familie und in Konzertkleidung zeigen. Gekonnt kommentiert und reflektiert Stéphanie, die der jungen Martha wie aus dem Gesicht geschnitten ist, aus dem Off, thematisiert ihre Kindheit und die Mutter-Tochter-Beziehung mit zuweilen unbequemen Fragen. Auch ihre Schwestern und ihr Vater kommen zu Wort. Man hat den Eindruck, die lebendige Künstlerfamlie aus erster Hand kennenzulernen.

Eine andersartige Dokumentation läuft im Panorama: “5 Broken Cameras” von Emad Burnat und Guy Davidi zeigt schockierende Bilder aus dem Kern des Nahostkonflikts. Emad Burnat filmte für die preisgekrönte und Oscar-nominierte palästinensisch-israelisch-französische Koproduktion seinen Alltag in Bil’in, einem kleinen Dorf, das besonders von der israelischen Besiedlung betroffen ist. Die Bewohner protestieren gegen Häuser- und Mauerbau, man ist dabei, wenn israelische Granaten einschlagen, die das Handkamerabild erschüttern, und kann sich der Wut nicht erwehren, wenn der Sohn eines Dorfbewohners von einer Kugel getroffen wird und nicht mehr aufsteht. Zu wissen, dass das “real life” sei, sei heftig, sagt die deutsche Austauschstudentin und Festivalbesucherin Leonie Riek. Fünf von Burnats Kameras werden “erschossen”, doch er filmt immer weiter. Die Bilder, kurz bevor die Kameras kaputtgehen, werden erst pixelig, dann schwarz und hinterlassen ein flaues Gefühl im Magen.

Eher enttäuschend ist “Butoh”, eine Dokumentation von Constanza Sanz Palacios über Marielouise Alemann. Sie ist die zweite Frau von Ernesto Alemann, dem Vater der beiden Herausgeber des Argentinischen Tageblatts, und schrieb früher selbst für diese Zeitung. Die gebürtige Deutsche wuchs in Argentinien auf und experimentierte viel mit Happenings und dem Kino. In der Dokumentation ist interessantes Material ihrer Arbeit integriert, allerdings bleiben viele Fragen offen. Die Bilder wirken teilweise unzusammenhängend und werden der beeindruckenden Persönlichkeit dieser außergewöhnlichen Frau nicht gerecht. Ein durchdachteres Porträt wäre wünschenswert gewesen.

Positiv zum BAFICI und insbesondere zum interessierten Publikum äußerten sich zwei angereiste deutsche Regisseure. Zu lebendigen Publikumsdiskussionen gehören aber selbstverständlich auch spannende Filme. Sebastian Mez’ Dokumentation “Metamorphosen” aus dem internationalen Wettbewerb thematisiert eine Gegend im Südural, die durch den weitgehend unbekannten, weltweit drittgrößten Atomunfall radioaktiv verseucht ist. Mit einer besonderen Schwarz-Weiß-Ästhetik und Filmkorn als Stilmittel gelingt es ihm, eine eigentlich wunderschöne Landschaft verfremdet und bedrohlich wirken zu lassen.

Christoph Hochhäuslers Bankerdrama “Unter dir die Stadt” von 2010 läuft in der Sektion “Panorama” und verstört mit seiner Handlung, die auf wirklich geführten Interviews mit Bankern basiert. Die Chefetage einer Investmentbank als frostiges Milieu mit kalten Farben, starren Formen und Scheinfreundlichkeiten enthüllt ein unmenschliches Spiel um Macht, Sex und Geld. Ein unvorstellbarer Voyeurismus entwickelt sich innerhalb der Handlung, aber auch durch die Kamera, die jedes Detail genau verfolgt und mit kühl-analysierender Nüchternheit freilegt.

Ein BAFICI-Besuch, ganz gleich in welcher Sektion, lohnt sich also allemal.

Infos hier.

Foto:
5 zerstörte Kameras – Emad filmt trotzdem weiter.

Atomverseuchter Südural

Gespräch mit Sebastian Mez über seinen Dokumentarfilm “Metamorphosen”, der auf dem 15. BAFICI im internationalen Wettbewerb läuft

Von Jana Münkel

Sagt Ihnen Majak etwas? Nein? Dort ereignete sich 1957 der drittgrößte Atomunfall weltweit nach Tschernobyl und Fukushima. Sebastian Mez hat über die stark radioaktiv belastete Gegend im Südural eine ebenso beeindruckende wie beklemmende Dokumentation gedreht. Er hat kürzlich sein Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg beendet und landete mit seinem Abschlussfilm einen Volltreffer. “Metamorphosen” reist von einem Festival zum anderen und Mez reist mit.

Auf dem Sofa des BAFICI-Pressebereichs sitzt ein junger Mann in Jeans und T-Shirt, der angenehm unkompliziert drauflosplaudert und gleichzeitig sehr überlegt von seinem Film spricht. Drei Wochen nach Fukushima sei er nach Japan geflogen, um zu drehen – und scheiterte, weil er das Land und die Kultur nicht kannte. Zurück in Deutschland recherchierte er weiter und stieß auf den totgeschwiegenen Majakunfall: “Es ist nicht so, dass das Thema gänzlich unbekannt ist. […] Aber aus irgendeinem Grund, den ich auch nicht kenne, wurde nie im Zuge von Fukushima über Majak berichtet.”

Zusammen mit seiner Regieassistentin und Übersetzerin drehte er vor Ort, verbrachte zunächst viel Zeit mit den Menschen, “um das Vertrauen der Leute zu gewinnen”. Er dokumentierte das Leben, führte Gespräche, die er kunstvoll aus dem Off einflicht, filmte die Landschaft. Ganz bewusst setzt Mez filmische Mittel ein, um etwas zu transportieren: Die Dokumentation ist in Schwarz-Weiß gedreht, darüber hinaus wurden auf der Tonebene naturalistische Geräusche überhöht, Kontraste verstärkt. Auch Filmkorn wurde künstlich in das Bild implementiert.

“Es ist ein permanentes Rauschen im Bild spürbar. An den Stellen, an denen die Strahlung höher war, ist das Rauschen viel stärker als an anderen Stellen. Es ging in dem Film ganz klar um Artifizierung, weil diese ganze Gegend dort durch die Strahlung künstlich aufgeladen ist. Die Bildebene kommt unnatürlich daher, so wie ich auch vor Ort diese Gegend als unnatürlich empfunden habe.” Und das funktioniert: Man sieht teilweise wunderschöne Bilder, die gleichzeitig etwas unterschwellig Unheimliches transportieren. O-Töne von schwarz geborenen und schnell sterbenden Babies, ein schmerzhaft laut knatterndes Strahlenmessgerät und die Nahaufnahme von Gesichtern der dort lebenden Menschen verfehlen ihre Wirkung nicht.

Dass der Film auf dem BAFICI läuft, freut Sebastian Mez: “Ich habe mich tierisch gefreut, weil es wirklich einen ganz tollen Ruf hat. Und dass das Publikum so filminteressiert ist, bestätigt das.” Auf eine Redaktion, die den erfolgreichen Film ins Fernsehen bringt, wartet er jedoch bislang vergebens. Dass “Metamorphosen” für ein Umdenken in der Atomenergiedebatte in Japan sorgt, bezweifelt er: “Ich bin Realist.” Trotzdem möchte er mit dem Film die Debatte verstärken und etwas bewegen.

Auf die Frage, ob er schon neue Projekte angeht, grinst Sebastian Mez verschmitzt. Er habe ein paar Themen auf Lager und arbeite auch szenisch an einem Drehbuch. Etwas Konkreteres möchte er noch nicht verraten. Macht nichts, wir werden sicher bald wieder von ihm hören, oder besser: sehen.


Fotos von oben nach unten:

Erfolgreich mit “Metamorphosen”: Sebastian Mez.

Achtung verstrahlt: Kontraste einer Winterlandschaft.

“Ich bin immer da, wo es brennt!“

Ein Interview mit der Programmkoordinatorin des BAFICI

Von Jana Münkel

Auf einem Filmfestival schaut man Filme. Logisch. Und man trifft Regisseure. Auch logisch. Doch damit dies alles möglich wird, wird ein Jahr lang geplant, organisiert, eingeladen. Auch während des Festivals wird im Hintergrund hart gearbeitet, um einen reibungslosen Ablauf zu gewähren. Doch wer sind die unsichtbaren Menschen, die man höchstens in BAFICI-Shirts herumwuseln sieht? Laura Mendelzon ist 27 Jahre alt und Programmkoordinatorin des BAFICI. Mit zwei Handys sitzt Laura auf der Terrasse des Centro Cultural Recoleta und ist froh, einmal kurz durchatmen zu können. Ein wenig erschöpft sieht sie aus, doch man merkt ihr an, wie viel Spaß ihr die Festivalarbeit macht. Allzu lang hat sie allerdings nicht Zeit – schon bimmelt eines der Telefone und sie muss weiter zur nächsten Baustelle…

JM: Wie läuft das Festival bis jetzt?

LM: Es läuft sehr sehr gut und zum Glück scheinen die Besucher nichts von den vielen Problemen mitzubekommen, die wir backstage haben!

JM: Was sind das zum Beispiel für Probleme?

LM: Vor allem technischer Art, die Untertitel machen viele Probleme und lassen uns schwitzen… aber das gehört zum Festival dazu!

JM: Seit wann arbeitest du schon beim BAFICI?

LM: Seit einem Jahr bin ich Programmkoordinatorin, ich habe aber angefangen als Mitglied des Teams der Künstlerorganisation und ich hatte Glück: Ich war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich bin im Oktober 2009 nach Buenos Aires gekommen und der damals neue Programmchef benötigte jemanden, der Englisch sprach. Ich hatte große Lust auf den Festivaljob und es hat geklappt!

JM: Was sind deine Aufgaben?

LM: Wir sind dafür verantwortlich, dass die Filme, die für das Festival ausgewählt werden, auch wirklich hier hinkommen und gezeigt werden können. Das reicht von Anfragen an Regisseure, ob sie ihren letzten Film schicken können bis zum Aushandeln der Vorführrechte, die man bezahlen muss und dem Vorführformat.

JM: Wann beginnt die Organisation?

LM: Direkt nach dem vorangegangenen Festival. Wir liegen kurz vor Cannes, und nach Cannes beginnen wir, Filme einzuladen. Also etwa ab Mai. Der Eröffnungsfilm NO! von Pablo Larraín zum Beispiel war mein “erstes Baby”!

JM: Wie viele Filme “bewerben” sich für das Festival?

LM: Sehr sehr viele. Mehr als 3000 und da sind die argentinischen Filme und die Kurzfilme noch nicht eingerechnet.

JM: Kannst du einen typischen Festivaltag beschreiben?

LM: Ich bin hier von 9.30 Uhr morgens bis zur letzten Vorstellung. Meine Rolle ist es, präsent zu sein und zu überprüfen, dass die spanisch untertitelten Filme funktionieren. Gestern hatten wir zum Beispiel Server-Probleme und mussten zwei Vorstellungen tauschen, was wiederum Auswirkungen auf die verkauften Tickets und die Vorführlänge hat… Wir müssen immer dorthin, wo es brennt und ich hatte bis jetzt keinen einzigen ruhigen Tag.

JM: Kannst du ein paar Must-See-Filme empfehlen?

LM: Oh, ganz viele… “Call Girl” aus Schweden, “A Hijacking” aus Dänemark, “A world not ours”, ein dänisch-palästinensischer Film, der auch im Publikumsvotum vorne liegt, und “AninA”, ein wunderbarer uruguayischer Animationsfilm. Heute habe ich “Viola” gesehen, ein sehenswerter argentinischer Film… Es gibt unglaublich viel.

JM: Vielen Dank für das Gespräch!

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Mit Spaß dabei: Laura Mendelzon.

Schwedisch-argentinisches Theaterprojekt “Pascua”

Strindbergs “Pascua” im Teatro Sarmiento in Buenos Aires

Von Susanne Franz

In der zweiten Aprilhälfte wird im Teatro Sarmiento (Av. Sarmiento 2715, neben dem Zoo von Buenos Aires) “Pascua” von August Strindberg aufgeführt, eine schwedisch-argentinische Theaterproduktion unter der Regie des argentinischen Regisseurs Luciano Suardi. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100. Todestag Strindbergs erarbeitete Suardi das Stück mit einer zweisprachigen Schauspielertruppe aus lateinamerikanischen und spanischen Exilanten der zweiten Generation in Schweden. Am 22. März wurde das Stück in Stockholm im “alias TEATERN” uraufgeführt. In Buenos Aires wird das Werk in der Adaption und Übersetzung von Anna Maria Padilla gezeigt. Die Gemeinschaftsproduktion des schwedischen “alias TEATERN” und des “Complejo Teatral de Buenos Aires” läuft vom 19. bis 28. April einschließlich donnerstags bis samstags um 21 Uhr, sonntags um 20 Uhr. Der Eintritt kostet 60 Pesos. Weitere Informationen hier.

Außergewöhnlicher Architekt und Künstler

Nachruf Clorindo Testa (1923-2013)

Von Philip Norten

Der berühmte argentinische Architekt und Maler Clorindo Testa ist in der letzten Woche im Alter von 89 Jahren gestorben. In Neapel geboren, kam er schon als Kind mit seiner Familie nach Argentinien. 1948 schloss er sein Architekturstudium an der Universidad de Buenos Aires ab. Nachdem er drei Jahren in Europa mit Reisestipendien verbracht hatte, gewann er früh wichtige Wettbewerbe als Architekt. 1959 setzte er sich mit seinem Entwurf für den Neubau der Banco de Londres im Bankenviertel von Buenos Aires (Reconquista 101) durch. Das markante Gebäude spaltet und provoziert noch heute die Meinungen der Porteños – von Architekten geliebt, ist es von vielen Passanten unverstanden oder gar verachtet.

Geprägt wird das Gebäude, heute Sitz der Banco Hipotecario, durch die demonstrative Zurschaustellung seiner tragenden Betonstrukturen – ein Paradigma der damaligen Architektur. Kennzeichen des sogenannten Brutalismus ist zugleich die skulpturale Ausprägung vieler dieser Betonelemente – so verwendete Testa z.B. die massiven Trägerstützen der Fassade als ästhetisches Element, das, wie früher ein Portikus, die Fassade gliedert. Die Obergeschosse der Bank sind an ebendiesen Trägern aufgehängt, was im Innenraum auch zu sehen ist. Diese Sichtbarmachung und Ästhetisierung der funktionalen Elemente trägt sicherlich zum futuristischen Charakter, typisch für den Zeitgeist dieser Epoche, von Testas Architektur bei. Monumental und repräsentativ, wie für Bankgebäude üblich, respektiert die Banco de Londres aber zugleich die akademizistischen Nachbargebäude, indem es beispielsweise die gemeinsame Traufhöhe beachtet.

Testas Bankgebäude erregte Aufsehen im In- und Ausland, was sicherlich auch dazu beitrug, dass er 1962 den Wettbewerb für den Neubau der Nationalbibliothek gewann. Fertiggestellt wurde das Gebäude aber erst im Jahr 1992. Geprägt wird dieser futuristische Entwurf durch den auf vier massiven Betonstützen ruhenden großen Lesesaal, während sich das Büchermagazin unter der Erde befindet. Durch diese Verlegung des Magazins schaffte Testa einen Freiraum im dichtbebauten Recoleta und provozierte zugleich mit der „Raumschiffästhetik“ der Bibliothek einen Kontrast zum französischen Akademizismus der Nachbargebäude.

Wichtige Gebäude Testas aus den 1970er Jahren waren das Hospital Naval gegenüber dem Parque Centenario, das mit seiner eigentümlichen Schiffsästhetik heraussticht, und der Umbau des Centro Cultural Recoleta. Bei diesem lassen sich gut zwei weitere Charakteristika von Testas Architektur beobachten: der Einsatz von kräftigen, oft kontrastierenden Farben und die häufige Verwendung von geometrischen Elementen wie Kreisen und Vielecken, die er beispielsweise zur Gestaltung von Fenster- und Wandöffnungen heranzog. Mit diesen Entwürfen wurde Testa auch zu einem Vorreiter postmoderner Architektur in Argentinien.

Testa blieb auch im hohen Alter aktiv. Noch im letzten Jahr trat er gemeinsam mit Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner auf, um den neuen Pavillon Argentiniens auf der Architekturbiennale von Venedig vorzustellen. Seine experimentellen und futuristischen Entwürfe wirken heute beispielhaft für eine vergangene Epoche, sind aber durch ihre Qualität zugleich zeitlos. Die argentinische Architektur- und Kunstszene wird Clorindo Testa vermissen.