Blumenkind 2.0

Fabiana Barredas Ausstellung “Cuerpo sonoro” bringt etwas zum Klingen

Von Susanne Franz


Der Resonanzkörper eines Musikinstruments ist notwendig für die Verstärkung eines Tones und ist durch seine Schwingungseigenschaften wesentlich für den individuellen Klang eines Instrumentes verantwortlich. In ihrer Ausstellung in der Galerie Holz spielt die Künstlerin und Theoretikerin Fabiana Barreda mit dem Begriff “Klangkörper”, indem sie vom menschlichen Körper ausgeht und ihn mit musikalischen sowie pflanzlichen Attributen umgibt. Sie arbeitet dabei mit einem Model, das sie im Rahmen einer Performance in eine Art Blumenkind 2.0 verwandelt.

Rote Gerbera stecken in ihrem Haar, ihren in Alufolie oder durchsichtiges Plastik gehüllten Oberkörper umranken zarte Farne. Mal hat sie die Augen geschlossen, als würde sie lauschen, mal sind sie offen und schauen direkt in die Kamera – die Performance hat Barreda mit Fotografien dokumentiert. In ihren Ohren stecken Kopfhörer, und sie hat kleine Verstärker in der Hand. Mit Laub auf dem Haupt und vor der Brust sieht man sie Geige spielen, auf anderen Bildern sind Teile ihres Körpers mit Tattoo-ähnlichen Pflanzenränkchen oder Worten verziert, die sie beispielsweise als “Diosa Cage” ausweisen (Bild). Auf einigen Fotos ist nur ihr Arm zu sehen, mit einem Geigenkasten oder Geige und Bogen, sowie Grünpflanzen und Blumen. In allen Bildern scheint Musik sie zu durchströmen, fast kann man sie hören.

Ein anderes Foto zeigt einen Mann, in dem ein elektronisches Herz zu schlagen scheint; auf einigen kleinen Bildern stehen Teetassen oder -kannen in einer Landschaft, sicher gehören sie der verrückten Teegesellschaft aus “Alice im Wunderland”. Schön ist auch eine Projektion, die die Annäherung eines Paares poetisch darstellt, untermalt von Klängen von Satie.

Die empfehlenswerte Ausstellung einer der kreativsten Köpfe der argentinischen Kunstszene ist noch bis zum 14. August geöffnet (Galerie Holz, Arroyo 862, Buenos Aires. Mo-Fr 10-20, Sa 10-14 Uhr).

Der größtmögliche Ausdruck von Freiheit

BAF-Modewoche in Buenos Aires

Von Nina Obeloer


Durch das große Tor zum Messegelände La Rural strömten diese Woche Modebegeisterte von überall her. Von Dienstag bis Freitag fand dort im blauen Pavillon die BAF Week statt, die Modewoche in Buenos Aires. Die selbsterklärte Mission: Den größtmöglichen Ausdruck von Freiheit zu zeigen.

In der abgedunkelten Halle präsentierten eine Vielzahl an Modemarken ihre aktuellen Kollektionen: Die Produktpalette reichte von verspielter Unterwäsche von Jesus Fernandez über beige Häkelkleider mit Pailetten von Paula y Agustina Ricci bis hin zu Taschen mit Marine-Muster von Gorrión, die Sommerfreude aufkommen ließen.
Positivo präsentiert in dieser Saison zum einen rockigen Schmuck mit Sternen und Kreuzen in Gold, Silber und Schwarz sowie zum anderen eine hippieske Linie, die überwiegend in Neonfarben daherkommt und mit Peace-Zeichen und Perlen versehen ist.

Neben dieser verspielten, bunten Mode zeigt die Marke Amagi, die von der Organisation La Usina ins Leben gerufen wurde, eine Kollektion für Menschen mit Behinderungen: Die Kleidung bietet viel Bewegungsfreiheit und ist durch Ärmel, die mit Klettverschlüssen zu öffnen ist, besonders leicht an- und auszuziehen. Zudem ist das Material an Stellen, die normalerweise schnell abgenutzt werden, doppelt genäht und damit sehr resistent.

Neben den Showrooms boten einige Marken eine Catwalk-Show, darunter auch Levi´s. Die Jeansmarke hatte den Catwalk als eigene kleine Landschaft inszeniert: In der Mitte war eine Holzhütte platziert, rundherum befanden sich eine Fläche mit Plastikrasen und weißem Gartenzaun, ein kleines Holzboot sowie eine Wäschespinne, an der Anziehsachen der Marke hingen. Die Models – von Kopf bis Fuß im Levi`s-Outfit – platzierten sich immer wieder an verschiedenen Orten und posierten für die Kameras der Besucher.


Darüber hinaus wurden auf der Messe auch diverse Markenprodukte promotet: So hatten beispielsweise die Nagellackmarke OPI sowie die Citi-Bank Maniküre-Lounges in der Halle eingerichtet. Auch die Schuhmarke Hush Puppies konnte die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich ziehen: Unter dem passenden Namen “The Factory” konnte man Sohle, Material, Schnallen, Einlagen sowie Verzierungen für offene Sandalen selbst auswählen und dann den entsprechenden Schuh kreieren lassen.

Fotos von oben nach unten:
Models auf dem grüner Rasen: Die Jeansmarke Levi`s hatte den Catwalk als eigene kleine Landschaft inszeniert.
(Foto: Nina Obeloer)

Bunte Riemchen als Bausteine: Bei Hush Puppies konnte man Sandalen selbst kreieren.
(Foto: Nina Obeloer)

Emotionen ums runde Leder

Der Dokumentarfilm “El otro fútbol” von Federico Peretti zeigt eindrucksvoll, was Fußball in Argentinien auch für “kleine” Teams und Fans bedeutet

Von Fabian Vögtle


“El otro fútbol” ist eine Liebeserklärung an den Fußball und seine Fans. Der Dokumentarfilm von Federico Peretti zeigt Argentiniens Nationalsport aus verschiedenen Perspektiven. Der Regisseur ist dafür mit seiner Kamera mehrere Jahre quer durch das Land gereist. Ob vom südlichen Ushuaia oder aus dem nordwestlichen La Quiaca, die Impressionen und Geschichten, die er gesammelt hat, zeigen die Leidenschaft der Menschen für das runde Leder. Der Film kommt ohne Maradona, Messi und die Boca Juniors aus. Es geht hier vor allem um die kleinen Vereine aus der Pampa und ihre Macher. Peretti und seine Crew stellen verschiedene Teams vor und lassen die Präsidenten, Spielführer und Anhänger zu Wort kommen.

Da ist der Fußballer, der nachts mit seinem Colectivo unterwegs ist, der Schiedsrichter, der unter der Woche als Taxifahrer sein Geld verdient, oder der Pfarrer, der anstatt eines Sportpsychologen die Spieler betreut und die Kabine in eine Kapelle verwandelt. Ob eine Mannschaft von Häftlingen, die für einen Spieltag Freigang bekommt oder ein Team aus Feuerland, das bei Schneetreiben mit Mütze und Schal auf dem Platz steht: die Dokumentation beweist, wie wichtig und fest verankert der Fußball im Leben vieler Menschen ist.

Die Kabinenansprachen erinnern an Sönke Wortmanns “Sommermärchen” von 2006, das die Deutsche Elf um Trainer Jürgen Klinsmann porträtierte. Doch in Perettis Film geht es nicht um den Profifußball und schon gar nicht um eine Weltmeisterschaft. Und gerade deshalb ist es faszinierend zu sehen, welche Emotionen selbst ein Sieg bei einem regionalen Turnier entfachen kann – sowohl bei den Spielern, lokalen Radio-Reportern als auch bei den eingefleischten Fans. Dabei sind es oftmals nur 50 Anhänger, die mit ihren Trommeln und lauten Gesängen für mehr Stimmung sorgen als 50.000 Besucher eines Bundesligaspiels in Deutschland. Auch die aus der Emotion entstehende Gewalt auf den Tribünen ist Thema, bleibt aber unkommentiert stehen. Die einzige Schwäche dieses sonst sehenswerten und unterhaltsamen Fußball-Films.

  • “El otro fútbol” – Argentinien 2012. 94 Min. Dokumentarfilm ohne Altersbeschränkung. Regie: Federico Peretti.

Ideen-Input aus Deutschland

Hans-Thies Lehmann in Buenos Aires

Von Susanne Franz

Einer der bekanntesten deutschen Theater-Theoretiker, Prof. Hans-Thies Lehmann, ist diese Woche zu Gast in Buenos Aires. Im Rahmen des vom “Complejo Teatral de Buenos Aires” (CTBA) organisierten Zyklus “Rituales de Pasaje” (Initiationsriten) wird er am 8., 9. und 10. August jeweils von 10 bis 13 Uhr im Cunill Cabanellas-Saal des Teatro San Martín (Av. Corrientes 1530) ein Seminar zum Thema “Die ästhetischen Möglichkeiten des politischen Theaters heute” geben. Die Teilnahme ist kostenlos und erfordert eine vorherige Anmeldung in der “Oficina de Cursos” des Teatro San Martín, 7. Stock, von 15 bis 19 Uhr. Es empfiehlt sich die Lektüre einiger Werke von Brecht sowie von “4.48 Psychose” von Sarah Kane, “Wolokolamsker Chaussee I” von Heiner Müller, “Der emanzipierte Zuschauer” von Jacques Rancière und “Die undarstellbare Gemeinschaft” von Jean-Luc Nancy.

Darüber hinaus bietet sich die Gelegenheit, Lehmann am Freitag, dem 10.8., um 17 Uhr, im gleichen Saal bei einem öffentlichen Gespräch mit dem Publikum zu erleben. Diese Veranstaltung ist ebenfalls gratis und wird wie das Seminar ins Spanische gedolmetscht.

Der von der Theaterkritikerin und -forscherin Halima Tahan organisierte Zyklus “Rituales de Pasaje” lotet, vom Theater ausgehend, in außergewöhnliche Begegnungsräume mit dem Publikum und bezieht andere Kunstrichtungen mit ein. Zum Ideen-Input gehören auch Einladungen an internationale Koryphäen der Kulturszene, wie bei dieser Gelegenheit Hans-Thies Lehmann.

Weitere Informationen hier.

Frauenpower auf der Bühne

Jean Genets Tragödie “Las Criadas” im Teatro Alvear

Von Fabian Vögtle


Wenn die Señora unterwegs ist, spielen ihre Dienstmädchen Clara und Solange das übliche Spiel der Unterwerfung und Demütigung. Eine der Zofen schlüpft in die Rolle der Dienstherrin. Sie bedient sich an deren Kleiderschrank, kommandiert ihre Schwester herum und karikiert so die feine Dame. Es ist ein Schauspiel innerhalb des Schauspiels, das Paola Barrientos (Solange) und Victoria Almeida (Clara) auf der Theaterbühne zeigen.

Als ihre Señora – gespielt von der überragenden Marilú Marini – zurückkommt, ändert sich dieses Ritual und es wird schnell klar, wer Herrin im Haus ist. Sie schickt ihre zwei Untergebenen hin und her, schreit sie mit ihrer hohen Stimme auf Französisch zusammen, lässt keine sexuellen Anspielungen aus. Auf der anderen Seite lobt sie die beiden, macht ihnen hin und wieder Komplimente und schenkt jeder eines ihrer Kleider. Wenn sie ihre Perücken wie Schmuck vor dem Spiegel probiert und sich dabei einen Zigarrillo anzündet, wirkt das authentisch und lächerlich zugleich. Das Stück wird zur Komödie und sorgt für Lacher im Premierenpublikum.

Jean Genet ließ sich für seine 1947 in Paris uraufgeführte Tragödie von einer wahren Geschichte inspirieren, die sich 1933 in Frankreich ereignete. Zwei Schwestern hatten ihre Dienstherrin und deren Tochter ermordet. Bei Genet und in der gelungenen, weil kurzweiligen Inszenierung von Ciro Zorzoli jetzt in Buenos Aires, wollen sie die gehasste wie geliebte Señora vergiften – mit einem Lindenblütentee. Doch der Plan misslingt, da sich ihre umtriebige Chefin gleich wieder auf den Weg macht, um ihren aus dem Gefängnis entlassenen Mann abzuholen, der erst gar nicht auftritt, weshalb das Stück von dreifacher Frauenpower lebt. Die Zofen hatten ihn zuvor mit falschen Anschuldigungen dorthin gebracht, um ihn aus dem Weg zu schaffen und ihrer Dienstherrin den ersten Streich zu spielen. Nun scheitern sie an ihrer Intrige und bringen diese in vertauschten Rollen zu Ende, indem sich eine von beiden als Herrin mit dem Tee selbst vergiftet.

Zorzolis Interpretation von Genets Tragödie besticht allen voran durch die schauspielerische Glanzleistung Marilú Marinis, die mit ihren 67 Jahren wie eine 30-Jährige über die Bühne stolziert. Leider ist die in Frankreich ansässige Argentinierin nur in einem Drittel der 90-minütigen Aufführung zu bewundern. Den lautesten Applaus bekommt sie vom Publikum trotzdem.

  • “Las Criadas”, Teatro Presidente Alvear, Av. Corrientes 1659. Mittwoch bis Samstag 21 Uhr, sonntags 20 Uhr. Parkett $80, Rang $60, Tertulia $35, mittwochs Parkett und Rang $40, Tertulia $ 25.

Schatten und nackte Haut

Das San Martín-Ballett-Ensemble zeigt drei neue Choreografien

Von Fabian Vögtle

Die olympische Eröffnunsgfeier in London ist gerade mit einem Spektakel zu Ende gegangen, als das zeitgenössische Ballett des San Martín-Theaters in Buenos Aires ebenfalls eine beeindruckende Show bietet. Das von Mauricio Weinrot verantwortete Ensemble präsentiert dem bunt gemischten Publikum ein unterhaltsames Programm mit drei völlig verschiedenen Choreografien. “Ese lugar” von Gabriela Prado, “Estereoscópica” von Ana Garat und “La casa del diablo” von Pablo Rotemberg zeigen die Vielfalt des modernen Balletts.

Die erste von Gabriela Prado mit den Tänzern einstudierte Choreografie arbeitet mit den in Europa seit einigen Jahren beliebten Schattenspielen. Zu Beginn ist das ganze Ensemble mit seinen sportlich-rhythmischen Bewegungen noch vor der beleuchteten Leinwand zu sehen. Doch peu a peu treten einige Tänzer hinter diesen durchsichtigen “Vorhang” und werden durch ihren Schatten zu anderen Figuren auf einer zweiten Bühne. Diese Verbindung von zeitgenössischem Tanz und Schattentheater begeisterte Jung und Alt.

Ana Garats Darbietung überzeugte vor allem mit der wechselnden Garderobe der überwiegend von Tänzerinnen umgesetzten Einlagen, für die Pilar Beamonte steht. Mal bewegen sie sich elegant in ihren langen Pfauen-Kleidern, oder sie wirken in ihren engen, silbernen Astronautenkostümen wie von einem anderen Planeten. Die dunkle Bühne und die trotz des hochgefahrenen Basses eintönige Musik lassen die Ballett-Besucher jedoch etwas in ihre Sessel zurückfallen.

Das ändert sich mit der dritten und besten Choregrafie des Abends schlagartig. Das von Pablo Rotemberg in Szene gesetzte Ensemble wächst in “La casa del diablo” eine halbe Stunde lang über sich hinaus. Das nur in Unterwäsche über die Bühne gleitenden Tänzer sorgen mit meist zweideutigen Bewegungen und Showeinlagen für Lacher und manchmal auch peinliche Stille im gut besuchten Martín-Coronado-Saal. Sie erinnern zunächst an deutsche und französische 68er-Hippies in ihren Kommunen – die Ästhetik wird zur Erotik. Doch schnell herrscht auf der Bühne sexuelle Gewalt und Unterwerfung. Frauen kriechen zu schauriger Orgelmusik rhythmisch über den Boden. Das Harem des Teufels ist ein wildes Völkchen, das sich mit den clownesken Tanzeinlagen von Schwulen und Transsexuellen selbst übertrifft. Als einer von ihnen am Ende zum Mikrofon greift und mit dem tanzenden Chor im Hintergrund “The Winner Takes It All” zum Besten gibt, ist die Choreografie am Höhepunkt angekommen und wird kurzzeitig noch zum Abba-Musical. Am Ende fallen schließlich bei einigen auch noch die letzten Hüllen.

  • Neues Programm des “Ballet Contemporáneo del Teatro San Martín”, Martín-Coronado-Saal, Av. Corrientes 1530, Buenos Aires. Donnerstags 14 Uhr, Freitag und Samstag um 20.30 Uhr, sonntags um 17 Uhr. Parkett: $80, Rang: $60, donnerstags Einheitspreis: $25.

Foto:
Hier beeindrucken vor allem die Kostüme: “Estereoscópica” von Ana Garat.
(Foto: Carlos Furman)

Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 04/08/2012-11/08/2012

Von Susanne Franz

Gestern wurde im Centro Cultural Recoleta in Buenos Aires offiziell das Fotografie-Festival “Encuentros Abiertos – Festival de la Luz” 2012 eröffnet. In allen Sälen des Kulturzentrums sind sehr gute Ausstellungen zu sehen, aber ganz besonders empfiehlt sich die Retrospektive von Sara Facio im Cronopios-Saal, eine Hommage an diese Pionierin der argentinischen Fotografie in ihrem 80. Lebensjahr. Auf der Abbildung ist ihr berühmtes Porträt von Julio Cortázar zu sehen.

Im Rahmen des “Festival de la Luz” 2012 sind die nächsten zwei Monate 130 Ausstellungen von 500 Künstlern aus 17 Ländern in fast allen Provinzen Argentiniens zu sehen.

Im Anschluss finden Sie die Ausstellungen der Woche, darunter auch etliche, die im Rahmen des Foto-Festivals veranstaltet werden:

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Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 04/08/2012-11/08/2012

Por Susanne Franz

Ayer se inauguró oficialmente el Festival de Fotografía “Encuentros Abiertos – Festival de la Luz” 2012 en el Centro Cultural Recoleta en Buenos Aires. Hay muy buenas muestras en todas las salas, se destaca la retrospectiva de Sara Facio en la Sala Cronopios, un homenaje por sus 80 años a una de las precursoras de la fotografía argentina. En la foto se puede apreciar su famoso retrato de Julio Cortázar.

En el marco del “Festival de la Luz” 2012 se exhibirán 130 muestras de 500 autores de 17 países en casi todas las provincias argentinas a lo largo de dos meses.

A continuación, las muestras de la semana, incluyendo una cuantas del “Festival de la Luz 2012”:

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Mitleid unerwünscht

“Ziemlich beste Freunde” endlich auch in Argentinien

Von Fabian Vögtle


Es ist die Geschichte einer wunderbaren und verrückten Freundschaft zwischen einem gelähmten reichen Pariser Aristokraten und einem kriminellen, aus der Vorstadt kommenden, schwarzen Afrikaner, der für ihn arbeitet. In Frankreich von 20 Millionen Kinobesuchern gefeiert, begeisterte der Film auch in Deutschland seit Januar unter dem Titel “Ziemlich beste Freunde” bereits über acht Millionen Menschen. Die bewegende Komödie, die einen zum Dauerlachen bringt, ist eine Hommage an die Lebensfreude und den positiven Umgang mit behinderten Menschen. Was der von François Cluzet – nur mit Mimik und Gestik im Rollstuhl agierend – sensationell gespielte Philippe eben nicht wünscht, ist Mitleid. Und keiner versteht das besser als Driss (köstlich dargestellt von Komiker Omar Sy), der ohne Ende Witze macht und seinem “Chef” das bunte Leben zeigt anstatt als Pfleger bemitleidend an seiner Seite zu sitzen und ihn nur zu füttern.

Dass ein Teil der Einnahmen des so erfolgreichen Films Behinderten zugute kommt, ist eine weitere in der Filmbranche eher untypische Sensation. Denn Philippe Pozzo di Borgo, dessen wahre Lebensgeschichte der Film erzählt, wollte diese jahrelang nicht als Kinostoff verkaufen. Doch mit der Bedingung, fünf Prozent des Gewinns an einen Förderverein für Schwerstbehinderte fließen zu lassen, ging er 2010 auf eine Anfrage ein. Der Verein baut mit der unerwartet hohen Finanzspritze bereits mehrere behindertengerechte Unterkünfte in Frankreich, wo zukünftig Querschnittsgelähmte zusammen mit ihren Betreuern leben können.

So lohnt sich ein Kino-Besuch in diesem Fall gleich in mehrfacher Hinsicht.

  • “Amigos intocables” (Intouchables/Ziemlich beste Freunde) – Frankreich 2011. 112 Min. Komödie ab 13. Regie: Eric Toledano und Olivier Nakache. Mit François Cluzet, Omar Sy, Anne Le Ny, Audrey Fleurot, Clothilde Mollet, Christian Ameriud.

Die Energie der Kartoffel

Hommage-Ausstellung für Víctor Grippo im Malba

Von Philip Norten

Anlässlich des zehnten Todestages von Víctor Grippo (1936-2002) widmet das Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires – Fundación Costantini (Malba) dem Künstler, der mit Teilnahmen an Großausstellungen wie der Documenta 11 zu den international bekanntesten argentinischen Vertretern seiner Zunft gehört, erneut eine Ausstellung.

Grippo wurde 1936 in Junín, in der Provinz Buenos Aires geboren und ging zum Studium der Pharmazie und Chemie nach La Plata, bevor er sich schließlich für Kunst einschrieb. Der Wechsel von der Naturwissenschaft zur Kunst bedeutete für ihn dabei keinen radikalen Bruch, denn die sensible Kunst von Grippo versteht sich nicht als autistische Fortschreibung einer traditionellen Kunstgeschichte, sondern verbindet – auf damals neuartige Weise – Elemente aus Kunst, Technik und Natur.

In das Universum seiner Kunst geben nun 20 Werke einen Einblick, die Marcelo E. Pacheco, Chefkurator des Malba, in einem Raum im Obergeschoss des Museums zusammengestellt hat. Im räumlichen und inhaltlichen Zentrum der Ausstellung stehen dabei Grippos Installationen, in denen das Verhältnis von Natur und Elektrizität thematisiert wird. So zum Beispiel die Arbeit “Naturalizar al hombre, humanizar a la naturaleza” (1977): auf einem galerieweißen länglichen Esstisch sind Hunderte Kartoffeln ausgebreitet. Mit Elektroden verbunden leiten sie Elektrizität weiter, die an einem angeschlossenen Voltmeter abgelesen werden kann.

Die naturwissenschaftliche Erklärung ist denkbar einfach: Kartoffeln können kleine Mengen an Strom weiterleiten und können, wenn Elektroden angeschlossen werden, als rudimentäre Batterien funktionieren. Auch andere Obst- und Gemüsesorten haben diese Eigenschaft, doch Grippo wählte bewusst die Kartoffel, wodurch sich eine Vielzahl an Deutungsmöglichkeiten anbietet. Durch die Verbindung der Kartoffel – scheinbar primitives Nahrungsmittel – mit Apparaturen der Elektrizitätsgewinnung schafft Grippo ein Bild für seinen Gesellschaftsentwurf: Parallele Prozesse in Natur und Technik werden sichtbar, die scheinbar entgegengesetzten Welten überbrückt und die moderne Technikgesellschaft so an ihre Ursprünge rückgekoppelt.

Dass Grippo dafür bewusst die amerikanische Frucht der Kartoffel ausgesucht hat und diese durch die gewählte Präsentationsform ästhetisiert und fast sakral erhöht – der saubere weiße Esstisch mit Decke erinnert durchaus an einen Altar – kann auch als politischer Hinweis verstanden werden. Auch eine Deutung als Beitrag zur Debatte über neue Energieformen bietet sich an, die zeigt, wie aktuell das Werk noch heute ist.

Grippo hat seine Ideen durchaus als politischen Vorschlag verstanden und sich als Agent eines sozialen Wandels gesehen. Parallelen zu anderen Kunstbewegungen der Zeit sind dabei unverkennbar. Der Einsatz von ‘einfachen’ Materialien und sein anthropologisches Weltbild rücken ihn in die Nähe zu Künstlern der Arte Povera. Auch eine Parallele zu Joseph Beuys’ “Capri-Batterie” (1985) ist mehr als rein formaler Natur: auch bei diesem Werk steht die Verbindung von Natur und Energie für ein alternatives Gesellschaftsbild.

Dies mag ein Grund sein, warum Marcelo E. Pacheco Grippos Kunst im Katalog zur großen Ausstellung von 2004 auch als “conceptualismo caliente” beschrieben hat. Konzeptkunst, da er wie andere Künstler der Zeit von den traditionellen Kunstformen Malerei und Bildhauerei abrückte, aber sinnlichere Formen entwickelte und andere Ideen vertrat als die angelsächsischen Vertreter dieser Kunstrichtung.

Die weiteren Werke der Schau bestätigen den Eindruck, den die zentrale Installation hinterlassen hat. “Vida, Muerte, Resurrección” (1980) beispielsweise besteht aus vier Paaren geometrischer Bleikörper, von denen die Hälfte mit Bohnen gefüllt wurde, wobei die keimenden Bohnen die gefüllten Metallkörper langsam sprengten. Das Werk kann – gerade mit Berücksichtigung seiner Entstehungszeit – als Allegorie auf die Kraft der Natur und Menschlichkeit gesehen werden, die die kalten technischen Formen – mögliches Bild für die damalige Diktatur – überwinden können. Oder auch ‘nur’ als weiteres Beispiel für Grippos “conceptualismo caliente”.

  • Bis zum 22.10. im Malba.
  • Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
  • Am 6. August findet die Konferenz “Huella y Memoria en la obra de Víctor Grippo: muerte y vida del objeto” statt.

Foto:
Víctor Grippo, ca. 1971.

Philip Norten bei “Kunst in Argentinien”

Ein Kunsthistoriker mit Liebe zu Buenos Aires

In diesem Januar hat es mich aus dem kalten Berlin in das sommerliche Buenos Aires verschlagen, das auf Europäer ja weiterhin eine hohe Anziehungskraft ausübt. Damals nur als Zwischenstation geplant um dem Wetter zu entfliehen und meinen eurozentrischen Horizont zu erweitern, haben mich widrige und glückliche Umstände dazu bewegt, in der argentinischen Hauptstadt zu bleiben, um hier vielleicht sogar Wurzeln zu schlagen.

Als studierter Kunsthistoriker habe ich bereits in Deutschland in verschiedenen Kulturinstitutionen, u.a. der Berlinischen Galerie, Erfahrungen sammeln können, die ich in Buenos Aires mittlerweile durch meine Arbeit bei der Fundación Proa erweitern kann.

Der Fokus meiner Arbeit für “Kunst in Argentinien” wird – meinem Studium entsprechend – im Bereich Bildende Kunst und Architektur liegen, wobei das kulturelle Leben der Stadt, bei aller angebrachten Kritik und Skepsis, die man aus Deutschland mitbringt, mir keine Langeweile bereiten wird. Über Anregungen und Kritik würde ich mich freuen!